0048 - Ausflug ins Jenseits
Du weißt, dass wir auf den Seychellen Urlaub machen wollten, Jane. Jetzt entschlossen wir uns sehr kurzfristig, die Gelegenheit war gerade günstig.«
»Das ist doch prächtig. Wann fliegt ihr denn ab?«
»Wenn ich das nur wüsste. Du weißt, wie Shirley von den Seychellen schwärmte. Das war ihr Traumurlaub. Wir hatten heute gebucht, am Montag wären wir von Heathrow abgeflogen. Da stieß Shirley ganz unvermittelt alles wieder um, binnen Minuten. Sie entschloss sich zu einer Busreise nach Schottland. Zu einer fünftägigen Rundfahrt.«
»Das haut die Plombe aus dem Zahn! Schottland, um diese Jahreszeit, und dann noch im Bus! Da müsste man mir noch Geld dazugeben, und nicht zu knapp.«
»Das meine ich auch. Aber Shirley war nicht davon abzubringen. Was blieb mir anders übrig, ich buchte ebenfalls diese Schottlandfahrt. Jetzt denke ich ständig daran, dass ich nächste Woche im Bus durchs schottische Hochland gondeln und Schafe zählen werde, um mir die Zeit zu vertreiben, statt auf den Seychellen einen tollen Urlaub zu verbringen.«
»Ich verstehe nicht, was Shirley plötzlich an Schottland findet. Erzähle doch mal.«
Tony Lamarre berichtete von dem Besuch bei »Argyll Tours«.
»Shirley ist wie besessen von dem Gedanken an diese Busreise und daran, Argyll Castle zu sehen«, schloss er.
In Janes Gehirn klingelten Alarmglocken. Sie hatte mit John Sinclair zusammen schon einige Abenteuer im Kampf gegen Dämonen bestanden. Sie kannte ihre Freundin Shirley, normal war deren Verhalten nicht. Da spielten andere Faktoren mit.
Jane beschloss, sich dieses Reisebüro »Argyll Tours« und seinen Besitzer einmal anzusehen.
»Y. M. C. A.«, gebracht von den »Village People«, dröhnte im Sensurround-Effekt durch die Disco und ließ die Tische und Sitze beben. »Nightflight to Venus« folgte.
Tony Lamarre zog Jane zur Tanzfläche. Die Laseranlage blitzte, Leuchteffekte flammten an für die Tänzer unsichtbaren Drähten über ihren Köpfen.
Jane gab sich der Musik hin. Der Hit »You’re the Greatest Lover« der Gruppe Luv folgte.
Tony Lamarre fühlte sich angesprochen und zog Jane eng an sich. Er versuchte, sie zu küssen, seine Hand tastete nach ihren Brüsten.
»Vergiss Shirley nicht«, sagte Jane laut genug, dass Tony es hören konnte, und versuchte, ihn wegzuschieben.
»Ach was, Shirley, was sie nicht weiß, macht sie nicht heiß. Du gefällst mir schon lange, Baby.«
»Aber du mir nicht. Zieh deine Tentakel ein.«
Tony Lamarre hörte nicht und störte sich auch nicht daran, dass Jane ihm auf die Finger klopfte. Er vermochte sich nicht vorzustellen, dass ein Girl ihn abweisen konnte. Jane wurde es schließlich zu bunt.
Sie packte zu, und mit einem Fußfeger, wie sie ihn auf der Judomatte gelernt hatte, trat sie Tony Lamarre die Beine weg. Der schöne Tony krachte heftig auf seine vier Buchstaben und hieb sich das Steißbein an.
Jane ließ ihn im wahrsten Sinn des Wortes sitzen. Nach dieser Abfuhr verließ Tony das »Lovers Lane« mit eisiger Miene. Jane und der Rest der Clique wechselten bald das Lokal. Sie suchten noch andere Plätze auf, und nach Mitternacht sank die blonde Jane allein in ihr Bett.
Sie stellte den Radiowecker, denn sie wollte um neun Uhr bei »Argyll Tours« sein. Und vorher wollte sie noch mit ihrer Freundin Shirley Barnard sprechen.
Einen akuten Fall hatte sie gerade nicht anliegen. Offenbar hatten die Juwelendiebe, Scheckfälscher, Turfschwindler und Seitenspringer, auf die gewöhnlich Detektive angesetzt wurden, gerade keine Saison.
Jane gähnte herzhaft, bevor sie in Morpheus Arme sank. Die John Sinclairs wären ihr lieber gewesen.
Um fünf vor neun am nächsten Morgen, nach einem persönlichen Gespräch mit Shirley Barnard, das sie als eigenartig empfunden hatte, parkte sie ihren VW Käfer in der Little Chester Street. »Argyll Tours« hatten bereits geöffnet.
Jane trug ein modisches Herbstkostüm und eine flotte Kappe. In der Tasche der Kostümjacke steckte ein geweihtes Kreuz, und in der Handtasche hatte sie einen Weihwasserflakon sowie ihre Astra-Pistole mit Perlmuttgriff.
Jane traute sich zu, mit einem Dämon fertig zu werden.
Sie trat in den Laden und wendete sich an die Angestellte am Pult, an Miss Cora Simpson.
»Ich interessiere mich für eine Schottlandrundreise«, steuerte sie sofort aufs Ziel los. »Was können Sie mir da anbieten?«
»Wir führen jeden Monat eine Schottlandtour durch. Die nächste startet kommenden Montag. Sind Sie da bereits
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