0048 - Ausflug ins Jenseits
Hundsblut! Willst du wohl kommen? Na, wo ist sie denn?«
Er erhielt das Übergewicht. Fitz Fitzgerald versuchte noch, ihn am Mantel zu packen.
»Professor!« schrie er.
Doch er konnte Melibocus nicht halten. Der Professor kippte über Bord, ein Platschen, er lag im Wasser.
»Nur keine Aufregung, Herrschaften!« rief der Fremdenführer. »Das war nur eine Luftblase. In den unterseeischen Höhlen von Loch Ness bilden sich gelegentlich Gasblasen, die an die Oberfläche steigen. Reiner Zufall, dass das gerade jetzt passiert ist.«
Mit Hilfe eines Rettungsringes, der an einem Seil hing, fischten wir den langen Professor aus dem kalten Wasser. Klappernd vor Kälte saß er dann vor der Brücke, wo es windgeschützter war. Den Schaden hatte er, für den Spott brauchte er nicht zu sorgen.
»Das ist das wahre Ungeheuer von Loch Ness«, sagte ein Student. »Schaut es euch an.«
»Ihr Dummköpfe«, beharrte der Professor auf seinem Standpunkt. »Ich habe euch bewiesen, dass es im Loch Ness überhaupt keine Seeschlange gibt. Nur eine Luftblase konnte ich mit meiner Beschwörung empor holen. Versteht das doch.«
Gelächter antwortete ihm. Als das Boot am Landungssteg anlegte, sprang er von Bord, in zwei Decken gehüllt, die er über der nassen Kleidung trug, und rannte zum Bus, so schnell ihn seine langen Beine trugen. Er wollte sich umziehen.
Wir andern ließen uns Zeit. Zwanzig Minuten später kehrten wir zurück, da hatte der Professor schon andere Kleider an. Der gleiche Schnitt, diesmal nur dunkelgrün und kariert. Sein Hut war der alte, er war nicht mit ins Wasser gefallen.
Melibocus saß auf seinem Sitz im Bus, wärmte sich innerlich mit Whisky auf und streckte die langen Quanten von sich.
»Professor Melibocus«, sagte Jane, als wir eingestiegen waren und uns auf unsere Plätze begeben wollten, »Sie haben ja einen braunen und einen schwarzen Schuh an. Und zwei verschiedenfarbige Socken.«
»Seltsam«, sagte der Professor. »Jetzt, da Sie mich darauf aufmerksam machen, fällt mir das auch auf. Und merkwürdig ist, ich habe noch einmal das gleiche Paar Schuhe und Socken in meinem Koffer.«
***
Gegen Abend erreichten wir das Schlosshotel MacMoran Castle. Die Sonne versank hinter den Bergen, deren Gipfel sich als schwarze Silhouetten gegen einen rotglühenden Himmel abhoben. Die Fluten des Caledonian Channel schienen Blut mit sich zu führen.
Als der Bus im Schlosshof hielt, erwarteten uns bereits der Schlossherr, Earl Finlay MacMoran, der 43. des Geschlechts, Schlossbedienstete und ein Zug von Dudelsackbläsern. Die Männer alle im schottischen Kilt und mit der flachen Mütze auf dem Kopf. Als wir ausstiegen, legten die Dudelsackbläser los.
»The Glory of Scotland« spielten sie und »Highland Pride«. Diesmal brauchten wir unser Gepäck nicht selber zu schleppen. Earl Finlay begrüßte die Reisegruppe. Er war ein großer, hagerer Herr mit rotgeäderter Whiskynase und Backenbart.
Obwohl er zu Thomas freundlich war, merkte ich, dass er Distanz zu ihm hielt. Das Gepäck wurde schon auf die Zimmer gebracht. Die meisten Fenster des großen Schlosshauptgebäudes mit den Erkern und Türmchen waren erleuchtet.
Unter den Klängen der Dudelsäcke zogen wir über die große Freitreppe ein.
»Nicht schlecht«, sagte Jane Collins anerkennend. »Ich bin wirklich beeindruckt.«
Ich war es auch. Schlosshotel MacMoran Castle hatte sicher auch die entsprechenden Preise. Bei dieser Reise legte Thomas Argyll einiges drauf. Aber was lag ihm daran?
In der großen Halle konnten wir die Ahnengalerie und historische Rüstungen und Waffen bewundern. Eine Schlossführung war vor dem Abendessen auch noch eingeplant, doch zuerst konnten wir uns auf unseren Zimmern einrichten und erfrischen.
Bedienstete führten uns hin. In den Gängen konnte man sich verlaufen. Es stellte sich heraus, dass für Jane Collins und mich aus Versehen ein Doppelzimmer vorgesehen war. Irgendjemand hatte da was durcheinander gebracht.
Wir sahen keinen Grund zu protestieren, Jane wollte es später beiläufig bei Miss Simpson erwähnen. Unser Zimmer lag im Westflügel und verfügte über eine geräumige Fensternische. Dafür war das später eingerichtete Badezimmer geradezu winzig, nicht viel größer als ein Wandschrank.
Die schottischen Altvorderen hatten andere Vorstellungen von Hygiene gehabt. Die häufigste Reinigungsart war das Schwitzen gewesen.
Wir zogen uns zum Dinner um, ich zwängte mich in meinen Blazer. Die Beretta konnte ich darunter nicht
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