0048 - Ausflug ins Jenseits
hinunter. Wir unterhielten uns über die Ereignisse des Tages und über das, was uns erwartete.
»Loch Argyll spielt eine entscheidende Rolle«, sagte ich. »Ich bin davon überzeugt, dass auf dem Grund des Sees ein Dimensionstor liegt, durch das Asmodara auf die Erde gelangen will. Ihre Kräfte wirken bereits, aber der vollständige Übergang ist noch nicht vollzogen.«
»In den alten Überlieferungen steht aber, dass Elizabeth of Argyll die Dämonin beschworen hätte?«
»Sicher, aber damit hat Asmodara auf der Erde noch nicht festen Fuß gefasst. Die zwölf schönen Mädchen, die an der Schottlandtour teilnehmen, sollen das bewirken. Argyll will sie opfern, die Schwarze Lady wird ihm gewiss dabei helfen. Jetzt kann ich noch nicht viel unternehmen, erst an Ort und Stelle.«
»Eine schlimme Lage. Du sagtest, dass Argyll Edna Stone etwas angetan hätte, sie in ein dämonisches Werkzeug verwandelt oder ähnlich. Die Brandblase, die das Kreuz bei ihr verursachte, ist der Beweis. Können wir Edna nicht den bösen Geist austreiben?«
»Theoretisch ja, aber wie sollten wir das anfangen, ohne dass sie das ganze Hotel zusammenschreit? So erreichen wir nichts. Sei auf der Hut, Jane, damit Argyll nicht auch dir den Keim des Bösen einimpft. Zeichne einen magischen Kreis um dein Bett, lege ein Kreuz auf den Nachttisch. Am sichersten wäre allerdings, du würdest bei mir schlafen.«
»Wir waren die letzte Nacht zusammen, John. In dieser Nacht musst du wachsam sein.«
»Ein wahres Wort.«
Im Hotel fanden wir nur noch Tony Lamarre und Fitz Fitzgerald an der Bar vor. Beide hatten bis über die Eichmarke schottischen Whisky eingefüllt. Jane nahm noch einen Schlummerschluck, wir küssten uns, dann eilte sie auf ihr Zimmer.
Magische Kreide hatte ich ihr schon vorher gegeben. Mein Einsatzkoffer lag in meinem Hotelzimmer im Schrank eingeschlossen.
Die Mitternachtsstunde näherte sich.
Tony Lamarre, Fitz Fitzgerald und ich saßen nebeneinander auf den Barhockern. Fitzgerald erzählte mit schwerer Zunge von seinem Dienst bei Professor Melibocus.
»Ein herzensguter Mensch, der Professor«, sagte er lallend. »Aber leider sehr unpraktisch und ein ewiger Pechvogel. Der Protopo… Propoto… Prototyp des zerstreuten Professors. Wenn sein Kopf nicht angewachsen wäre, würde er den bestimmt auch irgendwo vergessen.«
»Keiner hat’s leicht im Leben«, philosophierte Tony Lamarre. »Schaut mich an. Jetzt könnte ich schon auf den Seychellen sein. Und wo bin ich? Hier.«
»Das ist nicht zu übersehen«, sagte ich. »Wie lange kennen Sie Shirley Barnard schon?«
»Vier Monate. Eine tolle Frau. Und vor allem reich. Wenn ich erst mit ihr verheiratet bin, setze ich mich zur Ruhe. Dann verbringe ich meine Tage mit Tennis und Golf und halte mir noch ein paar kleine Hobbies nebenbei.« Er kniff ein Auge zu. Ich nahm an, dass diese Hobbies lange Haare und weibliche Kurven haben sollten. »Die Arbeit kann Shirley erledigen.«
Tony Lamarre hatte über den Durst getrunken, sonst hätte er nicht so offen geredet. Er taugte nicht viel, er hatte nicht mal das Format eines richtig hartgesottenen Schurken. Ein Gigolotyp, mehr war er nicht.
Tony Lamarre und Fitz Fitzgerald bestellten noch einen letzten Drink, dann einen allerletzten. Ich hielt mich zurück. Um Viertel nach zwölf stiegen wir zu unseren Zimmern hinauf. Ich betrat mein Zimmer nur so lange, um meinen Einsatzkoffer aus dem Schrank zu holen und mir magische Kreide und ein paar andere Utensilien einzustecken.
Dann ging ich wieder hinaus, schloss die Tür von außen ab und schlich durch die spärlich erleuchteten Hotelgänge. Auf die Schwelle jedes Zimmers, in dem ein Tourteilnehmer nächtigte, zeichnete ich einen Drudenfuß, ein Zeichen, das Dämonen bannen sollte.
Ob es nutzte, wusste ich nicht. Möglich, dass die Dämonin Asmodara, dieser uralte Götze, auf dieses Signum überhaupt nicht ansprach. Doch ein Kreuz würde sie beeinflussen, denn das Kreuz war schon seit den Anfängen der Menschheit, lange vor dem Christentum, ein mächtiges Symbol des Guten und des Lichts.
Es wirkte sogar in anderen Dimensionen und auf anderen Welten.
Im zweiten Stock hatte ich noch drei Zimmer abzuzeichnen. Da öffnete sich die Tür des vorletzten Zimmers, Thomas Argyll trat über die Schwelle. Er sah mich, stutzte einen Moment und rückte die Krawatte zurecht.
Er grinste höhnisch.
»Hallo, Sinclair, so spät noch unterwegs? Sie werden doch nicht Miss Miller und Miss Ferguson besuchen
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