0048 - Die Dämonen aus dem Eis
geht es denn heute?«
»Hören Sie, Nicole«, wandte sich der Historiker Bill Fleming an die reizvolle Französin, Sekretärin seines Freundes Professor Zamorra, »diesmal hat unser ›Meister des Übersinnlichen‹ aber viel zu dick aufgetragen! Wissen Sie, was er mir weismachen will? Daß Pflanzen Gefühlsimpulse aussenden.«
»Planzen?« echote Nicole. Eine steile Falte stand zwischen ihrer Nasenwurzel. »Pflanzen sollen Gefühle haben?«
»Eine Geranie zum Beispiel«, nickte der Professor, »kann Angst und Freude empfinden.«
»Ha«, sagte Nicole, und um ihren schönen Mund spielte ein amüsiertes Lächeln, »auch die Orchidee, die du mir neulich auf den Frühstückstisch gestellt hast?«
»Ich weiß nicht, ob Backster auch Tests mit abgeschnittenen Blüten gemacht hat. Eine gesunde Blume aber, angeschlossen an einen Lü- gendetektor, kann schon am Voraus Freude empfinden, wenn sich ihr Gärtner mit der Wasserkanne nähert. Sie weiß dann genau, daß sie getränkt werden soll.«
Bill Fleming prustete los, warf sich nach rückwärts in den Sand und strampelte mit den Beinen.
»Und eine Palme zittert vor Angst, wenn der Gorilla kommt, um die Banane zu pflücken?« schrie er.
Plötzlich fiel ein Schatten auf sie.
»Die neusten Meldungen!« meldete der Hotelpage und reichte Zamorra ein Paket Zeitungen.
»Dein Trinkgeld kriegst du heute abend, Boy«, lächelte Zamorra und schlug die erste Zeitung auf. Es handelte sich um den »Advertiser«, der in Honolulu erschien.
Bill Fleming sandte Nicole einen Verschwörerblick zu und nahm Professor Zamorra eine Zeitung weg.
Beruhigt legte sich Nicole wieder in den Sand und fuhr in ihrer Sonnenanbetung fort.
Als erfahrene Sekretärin wußte sie, daß Männer meist erstaunlich schweigsam wurden, wenn sie Zeitung lasen.
Ob der Chef wirklich an dieses Märchen mit den Blumen glaubte?
Sie war eher der Meinung, daß es ein ganz durchtriebener Bluff war.
Bei Zamorra wußte man ja nie genau, wie er es meinte.
»Das gibt es doch nicht«, ließ sich Professor Zamorra vernehmen.
Nicole überhörte es. Ihr stand nicht der Sinn nach Sensationen. Es war so herrlich, sich hier am Strand von Hawaii zuaalen und sich vorzustellen, nie mehr an einer Schreibmaschine sitzen und wissenschaftliche Abhandlungen über Dämonen und Gespenster schreiben zu müssen.
Auch Bill Fleming antwortete nicht. Nicole schielte zu ihm hinüber und fand ihre Vermutung bestätigt: Er studierte die Sportseite.
»Allerhand!« sagte Professor Zamorra halblaut. »Hört gefälligst mal her…«
»Chef?« maulte Nicole. »Wir haben Urlaub…! Hat es etwas mit Spuk zu tun?«
»Ich bin überzeugt davon!« murmelte Zamorra.
»Nein, bitte bitte, nein…« flehte Nicole. »Darf ich die Zeitungen nehmen, ein großes Loch graben und sie feierlich darin versenken?«
»Nicole! Jetzt wirst du albern«, ermahnte Zamorra sie sanft. »Hast du eigentlich einen ordentlichen Pelzmantel?«
Nicole setzte sich mit einem Ruck auf.
Sie hatte ja gleich gewußt, daß man aus Zamorra nie schlau werden konnte.
Sie besaß einen sportlichen Waschbärmantel und einen Traum von wadenlangem Blaufuchs.
»Leider sind meine beiden Pelze schon recht abgetragen«, erwiderte sie mit niedergeschlagenen Augen, »da wäre aber noch der Silbernerz im Schaufenster von Gardener in Manhattan…«
»Mit einem Nerz in die Antarktis? Nein«, bestimmte Zamorra.
»Ich kaufe dir einen sportlichen Ledercoat mit angewachsenem Fell. Und dazu eine Chapka, deren Pelzrand du dir über die Ohren schlagen kannst.«
Atemlos kräuselte Nicole die hübsche Nase.
»Sagtest du Antarktis, Chef?« erkundigte sie sich. Entweder Zamorra hatte einen Sonnenstich oder er hatte heute einen seiner seltenen albernen Tage.
»Was ist eigentlich los?« fuhr Bill Fleming dazwischen und ließ seinen Sportbericht sinken. »Warum redet ihr bei dieser Hitze über den Südpol?«
»Ich bemühe mich nun schon seit geraumen zehn Minuten, euch zum Zuhören zu bewegen«, erklärte Zamorra. »Würdet ihr mir bitte für kurze Zeit eure Aufmerksamkeit widmen?«
Bill nickte. Nicole seufzte kaum hörbar.
»Ich zitiere den Zeitungsartikel«, sagte Professor Zamorra. »Hier steht: Vor drei Tagen fand eine Versorgungstruppe in der Forschungsstation der Niederländer, in der ausschließlich Mineralogen beschäftigt waren, ein grausiges Bild vor: Neun Skelette lagen steif gefroren vor der Iglu-Station. An einigen Kleidungsstücken und sonstigen Gegenständen stellte ein schnell
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