005 - Der Griff aus dem Nichts
offen. »Um Ihr Gepäck brauchen Sie sich nicht zu kümmern. Dafür werden die Angestellten schon sorgen.«
»Entschuldigen Sie, Sir«, sagte eine wohltönende Stimme hinter Dorian. »Wenn Sie Mr. Dorian Hunter sind, dann bitte ich Sie, mir zu folgen.«
Der Dämonenkiller drehte sich um und erblickte einen schwarz livrierten Mexikaner, der ihn auffordernd anblickte.
»Mr. Parker erwartet Sie bereits, Sir. Hier entlang, bitte!«
Der Mann ging auf einen Seiteneingang des in sich verschachtelten Gebäudes zu.
»Bis später!« rief Lorna Blue, warf Dorian eine Kußhand zu und verschwand durch das Hauptportal.
Der Mexikaner führte Dorian in einen holzgetäfelten Korridor und von dort in eine ebenfalls mit Holz verzierte Bibliothek, die auf antik getrimmt worden war. Es war alles stilgerecht, selbst der Globus aus Leder fehlte nicht, und auf einem Tisch stand das Modell des heliozentrischen Sonnensystems, wie es Kopernikus entworfen haben mochte.
Kurz nach ihnen betrat ein Mann Ende dreißig die Bibliothek. Er trug einen knallroten Blazer und eine schwarze Hose und besaß einen schlanken, durchtrainierten Körper. Sein gebräuntes Jungengesicht mit den dunkelblauen Augen und dem blonden Haarschopf täuschte über sein tatsächliches Alter hinweg. Trotz seiner beachtlichen Körpergröße von ein Meter vierundachtzig wirkte er neben dem Dämonenkiller fast klein und zierlich.
»Dorian!« rief er erfreut und breitete die Arme aus. »Welch eine Freude, daß du so schnell gekommen bist!«
Sie schüttelten einander die Hände, dann ergriff Jeff Parker Dorian bei den Oberarmen und betrachtete ihn wie eine mystische Erscheinung.
»Du hast dich nicht verändert. Warum trägst du immer noch diesen unvorteilhaften Schnurrbart? Ein scheußliches Ding! Wenn du mich fragst, ich würde ihn abrasieren. Die Mädchen hier mögen das nicht. Sowas ist hier seit mindestens zwanzig Jahren passe.«
Dorian lächelte. »Die Stadt übt einen schlechten Einfluß auf dich aus, Jeff. Du hast dir die seichten Redensarten angewöhnt, die man hier zu pflegen scheint.«
»Man muß mit den Wölfen heulen. Schließlich werde ich hier einen Film produzieren. Einen Drink?«
Als Dorian nickte, trug Jeff Parker dem Diener, der sich unauffällig im Hintergrund gehalten hatte, auf: »Zwei Whisky, Rudolpho. Einmal pur.«
Der Mexikaner feixte. »Pur, so wie ihn alle Schotten mögen.«
»Ich bin kein Schotte«, erklärte Dorian.
»Entschuldigen Sie, Sir«, sagte der Mexikaner und machte einen Diener.
Dorian nahm den Drink und wandte sich wieder Parker zu. Dieser zwinkerte ihm vielsagend zu. »Wenn du ausgetrunken hast, gehst du besser auf dein Zimmer, um dich frisch zu machen. Vor dir liegt eine lange Nacht.«
Dorian stellte sein Glas weg und sagte: »Es tut mir leid, daß ich ausgerechnet in eine Party geplatzt bin, Jeff, aber wenn es dir deine Zeit erlaubt, würde es mich doch brennend interessieren, was du über Dr. Fuller herausgefunden hast. Ich kann natürlich auch bis morgen warten, wenn dich deine Verpflichtungen im Moment zu sehr in Anspruch nehmen.«
Jeff lachte. Er war schon etwas beschwipst. »Du bist doch nicht in irgendeine Party geplatzt, Dorian, sondern das ist deine Empfangsparty! Ich weiß natürlich, daß du nichts von aufwendigen Festen in großem Stil hältst, deshalb habe ich auch nur ein intimes Beisammensein in kleinem Rahmen arrangiert.«
Dorian schnitt eine vielsagende Grimasse. Der Lärm, der in die Bibliothek drang, sprach Jeffs Worten Hohn.
»Es freut mich natürlich, daß du mir einen spektakulären Empfang bietest, Jeff«, sagte Dorian. »Aber ich bin nicht des Vergnügens wegen hergekommen, sondern geschäftlich. Mir wäre es lieber, du würdest mir die Informationen über Fuller so schnell wie möglich geben.«
»Welche Informationen?«
»Du hast mir doch ein Telegramm geschickt, in dem du mich gebeten hast, so schnell wie möglich herzukommen, oder nicht?«
»Natürlich, natürlich«, versicherte Jeff und führte Dorian langsam aus der Bibliothek. »Ich habe dich aber nicht hergerufen, um dich mit beruflichen Dingen zu belasten, sondern weil ich dich von deiner Arbeit fortlocken wollte. Ich möchte, daß du für einige Tage deine Freundin Coco Zamis und den Londoner Alltag vergißt. Wenn ich mir dein griesgrämiges Gesicht so anschaue, finde ich, daß dir etwas Abwechslung nur guttun könnte. So, und jetzt mach, daß du auf dein Zimmer kommst! Die Mädchen sind schon ganz ungeduldig. Sie können es kaum
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