005 - Nachts wenn die Toten kommen
aufmerksam. Ihre Blicke waren weltentrückt.
Sie bewegten sich auf die schmale Treppe zu, die in die Tiefe eines
Kellergewölbes führte.
Plötzlich geschah etwas Ungeheuerliches. Die Wand an der rechten Seite
waberte plötzlich in einem rötlichen Licht. Flammenzungen sprangen auf, und
große Schriftzeichen wurden sichtbar.
Die Schrift an der Wand formte die Sätze: »Wir sehen euch! Wir werden
kommen!«
Die sechs dunklen Gestalten standen sekundenlang wie Statuen, dann setzten
sie sich wieder in Bewegung zu dem Kellereingang.
Die Schrift an der Wand erlosch. Finsternis breitete sich abermals aus.
Larry wartete noch ein paar Sekunden, aber wie sich dann herausstellte,
hatte er zu lange gewartet. Er wollte der Gruppe folgen und sehen, was sich in
den dunklen Kellergewölben abspielte. Doch er kam zu spät. Der Eingang in die
Tiefe war versperrt. Eine Tür ohne Klinke türmte sich als undurchdringliches
Hindernis auf.
Gab es noch einen zweiten Zugang?
Larry Brent hätte mit seiner Smith & Wesson Laserwaffe die massive
Holztür auslöschen können, doch die Gefahr, dass er die unschuldigen Menschen
in Mitleidenschaft zog, die sich dahinter befanden, war zu groß.
Er ging durch mehrere zerfallene Räume, in die seit Jahren kein Mensch mehr
einen Fuß gesetzt hatte.
Seine Sinne waren aufs Äußerste gespannt. Als er den Seitenbau verließ, um
den Turm näher in Augenschein zu nehmen, zahlte sich seine Vorsicht aus.
Ein Maschinengewehr ratterte. Kugeln klatschten in die Wand, Verputz und
Gesteinsbrocken fielen auf ihn hernieder. Larry warf sich zu Boden und rollte
sich auf die Seite. Feuchter Sand spritzte hoch.
Der Schütze hatte sich im obersten Stock des linken Hofgebäudes
verbarrikadiert.
Dann rauschte eine zweite Salve heran. Wieder ein Maschinengewehr. Der
Schütze hatte sich hinter der Zinne verborgen. Larry brach der Schweiß aus. Das
war das Ende! Aus diesem Hexenkessel kam er nicht mehr heraus. Wenn er seine
Laserwaffe jetzt einsetzte, dann bedeutete das seinen sicheren Tod. Das
Mündungsfeuer würde sofort seinen Standort verraten.
Er lag in der Mitte des Innenhofes. Drei Seiten waren ihm versperrt. Die
Schützen gingen kein Risiko ein. Sie wollten ihn beseitigen. Sie wollten seinen
Tod. Er wusste bereits zu viel.
Meter für Meter bestrichen sie mit ihren Kugelspritzen. Sie vermuteten ihn
noch in der Nähe des rechten Seitengebäudes beim Turm. Es hagelte Kugeln. Larry
robbte nach vorn. Ein Querschläger pfiff singend über ihn hinweg, ein zweiter
bohrte sich in seinen rechten Oberarm. Wie Feuer durchfuhr es ihn. Warm rann
das Blut über seine Haut, tränkte das Hemd und die Jacke.
Der PSA-Agent biss die Zähne aufeinander und sammelte alle Kraft, um sich
aus der Gefahrenzone zu bringen. Die Salven schlugen immer näher bei ihm ein.
Er musste weiter nach vorn. Der Erdboden um ihn herum war aufgepflügt von den
Kugeln. In wenigen Minuten würde dieser Innenhof ein einziger Acker sein, von
dem er sich nicht mehr erheben würde.
Geduckt stürmte Larry zu dem alten, massiven Tor. Es war sein Glück, dass
er nicht auffällig gekleidet war, sonst hätten ihn die Schützen längst
gesichtet. Sie verließen sich auf ihr Gefühl, gingen systematisch vor und
übersäten den Innenhof mit Kugeln. Dabei setzten sie nicht eine Sekunde lang
aus.
Noch ein Meter trennte ihn vom Tor. Larry riss es auf. Es war nicht
verschlossen. Larry warf sich nach draußen. Das Tor quietschte in den
verrosteten Scharnieren.
Larry Brent wusste, was das bedeutete. Und seine Gegner reagierten sofort.
Eine Salve zerfetzte das Tor, das Holz wurde aus dem verrosteten Eisengerüst
herausgebrochen.
Larry taumelte, er lief in das Dunkel hinein, auf eine schadhafte Stelle
des Zaunes zu.
Noch ein paar vereinzelte Schüsse klangen auf, dann herrschte wieder
Stille. Hatten sie erkannt, dass er ihnen abermals entkommen war? Setzten sie
sich auf seine Fersen? Larry Brent brauchte zunächst einmal Abstand. Er musste
sich verbergen, die Wunde verbinden und die Verwirrung steigern. Sein
Auftauchen hatte einiges durcheinandergebracht. Die Fremde hatte – ohne dies zu
wollen – Mrs. Boddingham getötet. Damit war das Durcheinander noch erhöht
worden. Eine sichere Einnahmequelle, die sich vielleicht in ihrem Testament
noch nicht festgelegt hatte, war damit ausgefallen.
X-RAY-3 taumelte in die Finsternis. Die Nacht, das Dickicht und der dichte
Nebel waren jetzt seine besten Verbündeten. Er lief flussaufwärts, wusste
nicht, wohin es ging,
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