0050 - Der Stein des Satans
durch, und der Rappe setzte sich in Bewegung und schlug ganz von selbst die Richtung ein, in der Bill und Nicole warteten.
***
Leonardo de Montagne hatte das Gefühl, aus einem wirren Traum zu erwachen.
Er konnte nicht ahnen, dass ein Dämon sich seines Körpers bemächtigt hatte und jetzt von ihm wich. Er konnte auch nicht in die Zukunft sehen – jene düstere, unheilschwangere Zukunft, die ihm den Beinamen »der Schreckliche« eintragen würde. In diesem Augenblick, dieser Zeit, war Leonardo de Montagne nur ein Mensch – und noch glaubte er, für eine gute, gerechte Sache zu kämpfen.
Er sah sich um.
Seine Freunde waren hinter ihm – kräftige Gestalten mit entschlossenen Gesichtern und Augen, aus denen noch der Triumph des gelungenen Überfalls leuchtete. Leonardo erinnerte sich. Der Palast des Kalifen brannte, sie hatten die Schatzkammern geplündert, und sie hatten Achman dazu gebracht, sich überstürzt aus einer Schlacht zurückzuziehen, die mit der Vernichtung der Kreuzfahrer hätte enden können. Aber da war noch etwas anderes gewesen. Eine Begegnung, an die er sich nicht deutlicher erinnerte als an einen Traum.
Leonardo tastete nach dem Amulett, nach diesem seltsamen Ding, das der Kalif ihm vor Jahr und Tag zum Geschenk gemacht hatte, und er schauerte zurück, als er die unerwartete Wärme spürte, die von dem blanken Silber ausstrahlte.
Lag es an dem Talisman, dass er sich der vergangenen Stunde plötzlich deutlicher erinnerte?
Er runzelte die Stirn.
Da war ein Gesicht gewesen! Augen, deren Blick er nicht festhalten konnte. Er erinnerte sich an einen seltsam gekleideten Mann auf einem Rappen, er erinnerte sich an Worte – doch das alles erschien ihm so fern, als habe er es im Rausch gehört und halb vergessen.
Leonardo, klang es in ihm nach. Leonardo de Montagne, höre mich!
Wehre dem Bösen, das von dir Besitz ergriffen hat! Dein ist das Amulett! Benutze es…
Er biss die Zähne zusammen. Wer war es, der nach ihm gerufen hatte? Und was bedeuteten diese düsteren Worte, die wie ein Orakel klangen? Wehre dem Bösen… Leonardo schüttelte so heftig den Kopf, dass die Ringe seiner Rüstung klirrten, und wandte sich dem bärtigen Riesen zu, der hinter ihm ritt.
»Alphart – hast du den Fremden gesehen, der uns unterwegs begegnete?«
»Einen Fremden? War uns einer der ungläubigen Hunde auf den Fersen, die…«
»Nein, keiner von Achmans Kriegern! Ein seltsamer Mann auf einem Rappen, ohne Brünne und Helm, nur mit einem Schwert.«
Der Bärtige runzelte die Stirn. »Nein, ich sah niemanden. Hast du geträumt, Leonardo?«
»Ich weiß nicht. Vielleicht ein Trugbild, ein Geist…«
Er fragte nicht weiter.
Nur den Schimmel ließ er rascher traben – als könne er auf diese Art hinter sich lassen, was ihn bedrängte. Immer noch klang diese fremde Stimme in ihm nach. Aber diesmal waren es andere Worte, eine andere Prophezeiung, und die Erinnerung schien wie ein Brandmal in ihm zu brennen.
»Leonardo wird seine Seele dem Teufel verschreiben. Er wird sterben und dem Schattenreich des Satans anheimfallen! – Sterben und…«
»Nein!«, flüsterte er. »Nein, das ist unmöglich, das…«
»Leonardo! Was ist dir?«
»Nichts, Alphart, nichts…«
Er schüttelte den Kopf, ritt mit zusammengepressten Lippen weiter.
Aber er hatte das Gefühl, für einen winzigen Moment die Zukunft gesehen zu haben, und er schauerte zurück vor dem Abgrund, der sich vor ihm auftat…
***
Schwerter blinkten auf.
Silbern warfen Lanzenspitzen das Mondlicht zurück, in das Schnauben und Scharren der Pferde mischte sich das helle Klingen gegeneinander stoßender Schilde. Zamorra warf den Kopf herum, sein Blick zuckte nach links und rechts, über die Reihen waffenklirrender Krieger, die wie eine schweigende Mauer über den Hügelkämmen aufgetaucht waren – und er begriff, dass es aus dieser Falle kein Entkommen mehr gab.
Er presste die Lippen zusammen.
Noch besaß er das Schwert des Feuers – aber Achmans Krieger hatten es gar nicht nötig, so nahe heranzukommen, dass er sie mit dem Schwert berühren konnte. Eine winzige verdächtige Bewegung – und Dutzende von Lanzen und Wurfspeeren würden ihr Ziel finden. Ein paar der Araber wussten bereits um die magische Wirkung des Schwertes. Die Gesichter der Männer waren grimmig entschlossen, und um einzusehen, dass nicht einmal das Geisterpferd des Merlin einen Weg aus dieser Umzingelung finden würde, genügte ein einziger Blick in die Runde.
»Mahlzeit«,
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