0050 - Der Stein des Satans
bist du! Leonardo ist mein! Und ich werde ihm immer zur Hilfe kommen, wenn du versuchst, ihn anzugreifen und ihm den ›Stern des Morgenlandes‹ wieder zu entreißen!«
Zamorra presste die Lippen zusammen. Er starrte seinen Gegner an. Und für einen Moment sah er in dem verzerrten Gesicht ganz deutlich den Widerstreit zwischen zwei gegensätzlichen Strömungen.
»Leonardo!«, rief er. »Leonardo de Montagne! Höre mich! Wehre dem Bösen, das von dir Besitz ergriffen hat! Dein ist das Amulett! Benutze es, um…«
»Er kann sich nicht wehren!«, gellte die Stimme des Dämons. »Er hört dich, er versteht die Worte, aber wenn ich ihn verlassen habe, wird er nicht begreifen, was mit ihm geschah. Er kann mich nicht abwehren, denn ich bin ein Teil seiner selbst, ein Teil seiner Seele…«
»Das Böse in ihm bist du! Die Macht, die ihn in den Abgrund rei- ßen wird, die Versuchung, die ihn verführt! Ich werde dich besiegen, ich werde nicht dulden, dass du weiterlebst und in alle Ewigkeit dein Unwesen auf der Welt treibst. Leonardo wird seine Seele dem Teufel verschreiben. Er wird sterben und dem Schattenreich des Satans verfallen, und du mit ihm…«
»Versuche es, Meister des Übersinnlichen! Versuche es!«
Wieder gellte das höhnische Gelächter.
Zamorra spürte einen eiskalten Schauer auf dem Rücken. Seine Rechte lag am Griff des magischen Schwertes, die Linke tastete unwillkürlich nach dem Amulett um seinen Hals – doch das Metall fühlte sich kalt und wie tot an. Es hatte keine Macht, nicht hier und nicht jetzt. Zamorra starrte auf den zweiten Talisman an der Brust seines Gegners, sah den hellen, strahlenden Silberglanz, der ihn blendete, und spürte mit jeder Faser den unheimlichen Energiestrom, der ihm entgegenflutete.
»Nachtwind!«, flüsterte er. »Vorwärts…«
Der Rappe wieherte. Einen Schritt machte er nach vorn – dann wich er zurück, mit angstvollem Schnauben. Merlins Hengst – aber Merlins Amulett war stärker! Noch heller strahlte der Talisman an Leonardos Brust auf, schien ein Bündel von Lichtpfeilen auszusenden. Steif blieb der Rappe stehen, wie gebannt an seinen Platz – und Zamorra spürte mit kaltem Entsetzen, wie der kraftvolle, lebendige Leib des Tieres unter ihm zu Stein erstarrte. Der Dämon kicherte leise.
»Und jetzt, Meister des Übersinnlichen?«, zischte er. »Willst du mich immer noch besiegen? Ich bin stärker als du! Stärker als alle deine Waffen…«
Er spornte sein Pferd.
Langsam, mit triumphierend glitzernden Augen ritt er auf den bewegungslosen Rappen zu, mit dem der Reiter wie verwachsen war.
Zamorras Rechte verkrampfte sich. Mit einem verzweifelten Ruck wollte er das Schwert des Feuers aus der Scheide ziehen – und stellte fest, dass er es nicht einmal um einen Inch zu bewegen vermochte.
Zwei Yard von ihm entfernt verharrte der Dämon auf dem tänzelnden, schnaubenden Schimmel.
»Töten kann ich dich nicht!«, stieß er voller Hass durch die Zähne.
»Du gehörst zu den Trägern des Amuletts, das jetzt ich besitze, und dies ist der letzte Schutz, den es dir gewährt. Gebannt wirst du bleiben, bis Leonardo und seine Genossen davongeritten sind. Und ich rate dir gut: Geh dorthin zurück, wo du zu Hause bist, wenn dir dein Leben lieb ist! Gib auf, Zamorra! Strecke nie wieder deine Hand nach dem ›Stern des Morgenlandes‹ aus…«
Bei den letzten Worten griff er in die Zügel und nahm sein Pferd herum.
Auch in die Gestalten seiner Gefolgsleute kam wieder Bewegung.
Schweigend wendeten sie die Tiere, ohne von dem Fremden Notiz zu nehmen, der ganze Trupp preschte davon – und es dauerte nur Minuten, bis die Dunkelheit die Männer in den schimmernden Rüstungen und den wehenden Mänteln verschluckt hatte.
Zamorra spürte, wie die Erstarrung brach.
Der Bann wich von ihm, er vermochte das Schwert wieder zu bewegen, der Rappe schnaubte leise. Unruhig scharrte er den Boden, als spüre er den Zwiespalt in den Gedanken seines Reiters, den Widerstreit zwischen dem Impuls, sofort die Verfolgung aufzunehmen, und der verstandesmäßigen Erkenntnis, dass es sinnlos sei. Für einen Moment presste Zamorra die Zähne so hart aufeinander, dass es knirschte. Seine Gedanken wirbelten – und dann siegte der nüchterne Verstand, der ihm sagte, dass er nicht handeln konnte, ohne einen halbwegs Erfolg versprechenden Plan.
Er musste Alban de Bayard fragen.
Vielleicht gab es doch noch eine Chance – irgendeine winzige Möglichkeit, die er übersehen hatte.
Tief atmete er
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