0052 - Der doppelte Dämon
verändert gewesen.
»Ich kann Ihnen nicht versprechen, daß Ihr Bruder mit heiler Haut davonkommt, Mr. Nantwick«, sagte ich ernst. »Denn ich weiß nicht, wie Sardo sich in den nächsten Stunden verhalten wird. Aber eines verspreche ich Ihnen. Ich werde nichts unversucht lassen, um Ihren Bruder den Klauen des Dämons zu entreißen. Ob es mir gelingen wird, steht im Moment leider noch auf einem anderen Blatt. Niemand weiß es.«
Ich erhob mich.
Mein Partner stand gleichfalls auf.
»Entschuldigen Sie mich nun«, sagte ich. »Bevor ich zu Sardo gehe, muß ich noch einige Vorbereitungen treffen.«
»Sinclair«, keuchte Brydon Tillinger erregt. »Erfahre ich denn nicht, was Sie vorhaben?«
»Doch.«
»Wann?«
»Ich rufe Sie an, sobald ich meine Vorbereitungen abgeschlossen habe.«
Inspektor Tillinger fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Er schüttelte mit skeptischer Miene den Kopf. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß das gutgeht, Sinclair. Sardo wird Sie genauso grausam umbringen, wie er Addison Grizzard getötet hat.«
»Damit das nicht geschieht«, gab ich zurück, »werde ich mich der Hilfe eines ihm ebenbürtigen Gegners versichern.« Ich nickte Tillinger und Nantwick zu. »Gentlemen.«
Suko verließ mit mir das Office des Inspektors. Ein Taxi brachte uns zum Hotel zurück. Wir sprachen kein Wort.
Das bevorstehende Ereignis warf seinen düsteren Schatten über uns. Wir hingen unseren Gedanken nach.
Ich betrat mein Zimmer, Suko trat hinter mir ein.
»Zieh die Vorhänge zu«, bat ich meinen Freund und Kampfgefährten. »Und laß die Jalousien herunter. Ich möchte, daß es hier drinnen so finster wie möglich ist.«
Während Suko sich an die Arbeit machte, schaltete ich die Deckenleuchte ein. Dann holte ich meinen Einsatzkoffer.
Er besaß ein Sicherheitsschloß. Machte sich ein Unbefugter daran zu schaffen, strömte aus verborgenen Düsen ein betäubendes Gas aus.
Ich klappte den Deckel hoch. Die Fächer waren mit blutrotem Samt ausgelegt. Ich entnahm dem Koffer sieben schwarze Kerzen und ein Stück magische Kreide. Dann räumte ich den Tisch ab, zeichnete ein großes weißmagisches Symbol darauf, stellte die sieben Kerzen in einer bestimmten Formation darum herum und zündete sie an.
Inzwischen hatte Suko den Raum verdunkelt. Ich schaltete die Deckenleuchte ab. Der Raum wurde nur noch vom flackernden Kerzenschein erhellt.
Das warme Kerzenlicht warf meinen Schatten an die Wand. Suko kam zu mir. Ich sagte: »Laß mich jetzt bitte allein.«
»Sollte ich zur Sicherheit nicht lieber doch…«
»Ich möchte allein sein. Geh.«
»Na schön«, brummte der Chinese, »Vergiß nicht, ich bin in deiner Nähe. Und ich bin auf dem Sprung. Ein Ruf genügt, und ich bin zur Stelle.«
Ich nickte. Er war besorgt um mich. Ein wahrer Freund. »Geh jetzt«, sagte ich leise, und Suko machte die Tür von außen zu.
Ich war allein und besann mich der Beschwörungsformel, die den Kontakt mit dem Schattenreich herstellte.
Mit fester Stimme sprach ich sie. Die Formel durchdrang Zeit und Raum. Sie durchstieß Parallelwelten und tauchte hinab in die unauslotbaren Tiefen des Grauens.
Und sie erreichten schließlich Myxin, den mächtigen Magier – den erbittertsten Gegner des Schwarzen Todes.
Mein Blick war starr auf die sieben Kerzen gerichtet, denn in ihrer Mitte mußte Myxin erscheinen, wenn er meiner Aufforderung nachkam.
Selbstverständlich konnte ich ihn nicht zwingen, sich mir zu zeigen. Es würde nur geschehen, wenn er es wollte.
Plötzlich begannen die Flammen nervös zu zucken. Inmitten des magischen Zeichens fing die Luft geheimnisvoll zu knistern an.
Ein Glutkern entstand.
Mein Herz schlug schneller. Myxin war daran interessiert, mit mir zu sprechen. Ich konnte sicher sein, daß er in wenigen Augenblicken vor mir auf dem Tisch stehen würde.
Der Glutkeim wuchs unglaublich schnell. In ihm bildete sich eine relativ kleine Gestalt. Das Glühen nahm ab, und einen Herzschlag später stand Myxin vor mir, wie ich ihn kannte.
Seine Haut schimmerte grünlich. Er trug einen schwarzen wallenden Umhang. Das Wams war so rot, als wäre es vor wenigen Augenblicken erst in Blut getaucht worden.
»Was willst du, Sinclair? Aus welchem Grund hast du mich gerufen?«
Er wußte es, ich war ganz sicher. Aber ich tat ihm den Gefallen und sagte ihm: »Ich möchte mich mit dir verbünden, Myxin.«
»Gegen wen?«
»Gegen einen Vasallen deines größten Feindes. Der Dämon heißt Sardo. Er ist so mächtig, daß ich ohne
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