0054 - Der Zweikampf
ehe ich den massiven Deckel über mir schloß. Ich legte die Innenriegel vor, obwohl sie durch einen kurzen Strahlschuß mitsamt dem Deckel zerstört werden konnten. Meine rasche Kopfrechnung sagte jedoch aus, daß eine Abkühlungszeit von wenigstens fünfzehn Minuten erforderlich sei, ehe man mir durch einen herausgeschmolzenen Schachtverschluß folgen könne.
Der Gang war kreisrund und kaum einen Meter hoch. Ich mußte mich tief bücken und die unhandliche Energiewaffe schräg nach vorn halten. Meine Laderlampe spendete helles Licht, das sich tausendfältig in den glasiert wirkenden Schmelzwandungen brach.
Ich hatte den Weg schon oft beschritten. So wußte ich, daß er knapp sechshundert Meter lang war.
Diesmal legte ich jedoch keine Pause ein, um den schmerzenden Rücken in liegender Haltung zu entspannen. Rhodan gehörte nicht zu den Leuten, die in kritischen Situationen kostbare Sekunden verschenken.
Während ich immer weiterhastete, dachte ich mit gebotener Nüchternheit darüber nach, wieso mich der Terraner hatte sehen können! Anscheinend handelte es sich um einen Mann aus Rhodans Mutantenkorps. Wenn der Unbekannte wirklich meinen Deflektorschirm durchblickt hatte, mußte er auch feste Materie mit geistigen Kräften überwinden können.
Sonst schien er aber keine anderen Gaben zu besitzen. Es war völlig richtig gewesen, daß ich die Riesenmaus zuerst ausgeschaltet hatte.
Das breite Gesicht des unbekannten Mutanten erschien in meinem Vorstellungsvermögen. Er war zu meinem erbittertsten Feind geworden, nachdem die Rhodanschen Telepathen infolge meines Gedankenschirmes so kläglich versagt hatten.
Wahrscheinlich würde Rhodan seinen Seher von nun an zu den Brennpunkten schicken. Wenn er mich einmal erkannt hatte, konnten seine Begleiter das Feuer eröffnen, oder mit übersinnlichen Machtmitteln angreifen.
„Du hättest ihn töten sollen, Narr!" gab mein Extrahirn durch.
Ich preßte die Lippen fest zusammen, holte tief Luft und hastete weiter. Ohne Pause wurde der lange Weg zur Qual. Ich konnte aber nicht mehr länger warten.
Als ich endlich den erweiterten Hohlraum erreichte, hörte ich hinter der Stahltür das Wasser des Hondo-Rivers rauschen. Der Orkan heulte immer noch. In der Zwielichtzone konnten solche Stürme lange anhalten.
Ich öffnete die mannshohe Tür und spähte vorsichtig in den Schacht hinein, dessen Grund bereits vom Wasser bedeckt wurde. Dort schaukelte Vießpahns Panzerplast-Boot auf den Wellen.
Es war eine ungeheuer stabile, unsinkbare Ausführung mit Ganzverdeck. Die Maschinenanlage arbeitete nach dem Rückstoßprinzip, wobei aufgenommenes Wasser von einer starken Turbopumpe unter hohem Druck durch einen schwenkbaren Düsenstutzen ausgestoßen wurde. Damit erübrigte sich auch ein normales Ruder.
Ich hatte mich vorsichtshalber mit dem Boot vertraut gemacht, was mir nun sehr zustatten kam.
Die schmale Alu-Leiter führte zu einem Steinsockel hinunter. Als ich das breite, wasserdicht verschließbare Bootsluk öffnete, blendete die kleine Lampe über dem Steuerrad auf.
Es war alles in bester Ordnung. Ich lüftete den Deckel zur Maschinenanlage und überzeugte mich davon, daß das vor zwei Tagen von mir versteckte Einmann-Flugaggregat noch vorhanden war. Vießpahn hatte sich in der Zeit nicht um das Boot gekümmert.
Ich legte meine Waffe auf die vordere Sitzbank, schaltete den nur flaschengroßen Miniaturreaktor ein und drückte den Stufenschalter des starken Pumpenmotors nach rechts.
Anruckend und sofort auf den Steuerdruck des Düsenstutzens reagierend, nahm das Boot Fahrt auf.
Ich wußte, daß der an dieser Stelle schon drei Meilen breite Hondo-River zur Zeit einem sturmgepeitschten Ozean gleichen mußte. Trotzdem blieb mir keine andere Wahl, als die gefährliche Umgebung auf diesem Wege zu verlassen.
Ich preßte die Füße gegen die vordere Querwand und kippte den Stromschalter auf volle Fahrt. Scharf anruckend glitt das Boot nach vorn, durchstieß die Wucherpflanzen vor der Böschung und schoß in die weite Bucht hinaus.
Ich wurde vom urweltlichen Tosen des Orkans empfangen. Über den haushohen Steilufern des Stromes schienen sich bösartige Dämonen um die Herrschaft zu streiten.
Solange ich mich noch in der geschützten Bucht befand, hatte ich keine sonderlichen Schwierigkeiten. Sie begannen erst, als ich das offene Wasser erreicht hatte.
Plötzlich und übergangslos wurde das kleine, breitgebaute Turboboot von den Wellen erfaßt. Es war wirklich, als wäre ich
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