0054 - Wir und der Hellseher
Sessel.
Ich nahm Phil zur Seite.
»Sie wenden verdammt höllische Methoden an, um Hutwell verrückt zu machen. Sie werfen ihm die Alarmierung der Polizei und der Presse vor, die sie selbst durchgeführt haben. Sie lassen ihn die Stimme seines Sohnes hören, und ich wette, sie haben noch eine Menge Tricks auf Lager, um seine Nerven völlig zu erledigen. Wozu das alles?«
»Um ihn zahlungswillig zu machen.«
»Unsinn, zahlungswillig ist er längst. Noch nie war es nötig, Eltern, deren Kinder entführt wurden, auf besondere Art unter Druck zu setzen. Ein gewöhnlicher Brief genügt.«
»Wahrscheinlich wollen sie eine besonders hohe Summe erpressen.«
»Sie haben die Verhältnisse genau ausgekundschaftet. Sie müssen daher wissen, dass Hutwell bereit wäre, Millionen zu zahlen, um seinen Sohn gesund wiederzusehen. Das Theater, das sie aufführen, ist überflüssig.«
Coround und Lefault waren noch im Haus. Ich fragte sie, ob Hutwell Feinde habe, die aus irgendwelchen Gründen Rache an ihm nehmen wollten.
Lefault zuckte nur die Achseln. Coround antwortete: »Im Geschäftsleben macht jeder sich Feinde.«
»Ich glaube nicht, dass diese Art von Feindschaft so tief gehen kann, dass man das Kind des Geschäftsfeindes entführt. Bitte überlegen Sie genau!«
»Glauben Sie nicht, dass es ein einfacher Fall von Kidnapping ist?«, fragte Lefault. »Dass sich die Täter Hutwell ausgesucht haben, weil er reich ist, und weil die Entführung des kleinen Johnnys leicht durchzuführen war?«
»Ich bin noch nicht sicher, aber ich glaube es kaum noch. Wir haben den Eindruck, dass die Entführung aus anderen Gründen geschah und dass diese Gründe auf irgendeine Weise mit Hutwell persönlich Zusammenhängen, dass also die Täter oder doch der Mann, der die Tat veranlasste, im Bekanntenkreis Hutwells zu suchen ist.«
Lefault sah Lesly Coround an. »Haben Sie eine Ahnung, Lesly?«
Der Schwager schüttelte nur den Kopf. »Übrigens, Agent Cotton, wie lange müssen wir noch hier bleiben?«
»Sie brauchen nicht zu bleiben.«
Lefault sprach noch einmal mit Hutwell. Ich hörte, wie er sagte: »Formes, wenn Geld von dir verlangt wird, so steht dir alles zur Verfügung, was ich besitze.«
Die Männer hatten kaum den Raum verlassen, als ein Postbote einen neuen Brief brachte. Er zeigte die gleiche Anschrift wie der Erste, und der Inhalt war so grausam wie das Telefongespräch.
»Hutwell, Johnny schickt dir einen Gutenacht-Gruß.« Darunter hatte eine noch steife Jungenhand gekritzelt: »Gute Nacht, lieber Vati!«
Formes Hutwell brach in Tränen aus, als er die Handschrift seines Sohnes sah.
Um neun Uhr abends, als es schon dunkel geworden war, schrillte das Telefon. Ich wollte Hutwell nicht mehr mit dem Anrufer sprechen lassen, aber er riss mir den Hörer aus der Hand.
»Hutwell«, sagte eine tiefe Männerstimme. »Vielleicht schickten wir dir heute Nacht noch eine Nachricht, wie viel wir für deinen Sohn wollen, aber wir kommen nur, wenn wir sicher sein können, keinen Cop zehn Meilen im Umkreis deines Hauses anzutreffen.«
»Hören Sie, Mister…«, begann Hutwell, aber der Anrufer hatte schon eingehängt. Während des Telefongesprächs hatte Phil blitzschnell über Funkspruch eine Verbindung mit der Zentrale hergestellt. Es war nicht sicher, ob sie sich bei der kurzen Dauer des Gesprächs noch einschalten konnten, aber nach drei Minuten kam der Rückruf mit der Meldung, dass der Anruf von einer Telefonzelle in der Main-Station erfolgt war. Natürlich war es längst zu spät, um noch eine Aktion zu starten, aber wir erhielten wenigstens erneut die Gewissheit, dass sich die Täter und damit wahrscheinlich auch das geraubte Kind in New York aufhielten.
Hutwell beschwor uns, sein Haus zu verlassen. Er flehte und bat so inständig, dass ich mich entschloss, das schier Unmögliche zu versuchen. Die Cops nach Hause zu schicken und uns selbst zu trollen, wäre einfach gewesen, aber bei den sensationshungrigen Zeitungsmännern war es schwieriger. Es gab keine rechtliche Handhabe, sie aus Larringtown zu entfernen. Sie schlichen wie die Schakale um den Sicherungsgürtel der Cops und immer wieder gab es Krach, wenn einer von ihnen versuchte, sich in Richtung auf das Haus durchzuschmuggeln.
Phil und ich nahmen uns jeden Einzelnen vor. Es waren an die fünfzig Männer. Wir redeten ihnen ins Gewissen, hielten ihnen vor Augen, dass es um das Leben eines Kindes ginge, und wenn sie ganz besonders verstockt waren, machten wir einige
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