0055 - Todeszone London
fast vergessen.«
»Was ist geschehen?«
»Weiß ich auch nicht genau…«
Klatschen unterbrach mich, als Zamorra den Saal betrat. Mit elastischen Schritten ging er zu dem Rednerpult, und wieder einmal dachte ich bei seinem Anblick an einen sportlichen Manager-Typ, aber nicht an einen Wissenschaftler.
Zamorra hatte sich ein paar Notizen gemacht, rückte die Zettel zurecht, begrüßte die Anwesenden und entschuldigte sich für die Verspätung.
Es gab den ersten Beifall. Ihm entnahm ich, daß niemand der Zuhörer ihm gram war.
Zamorra begann seinen Vortrag. Und ich muß ehrlich gestehen, daß er mich faszinierte. Er sprach so locker und lässig, gar nicht wie ein trockener Wissenschaftler, sondern lebendig und farbig. Es bereitete Spaß, ihm zuzuhören. Und es war schon eine gekonnte Sache, wie er die schwierigen Probleme ansprach, sie analysierte und dem interessierten Publikum gekonnt näherbrachte.
Seine Rede war eindrucksvoll.
Das war auch am Beifall zu erkennen, der ihm entgegengebracht wurde. Ich sparte ebenfalls nicht damit.
Zamorra verbeugte sich und lächelte. Wie schnell war doch eine Dreiviertelstunde vergangen.
Fünfzehn Minuten sollte die Pause dauern. Der zweite Teil des Vertrages befaßte sich mit dem Phänomen der Astralreisen. Ein heißes Eisen und von vielen als absoluter Quatsch und Unsinn abgetan. Aber es gab da ein paar Rätsel, die bis heute nicht geklärt worden waren. Zamorra wollte mit seinen Ausführungen versuchen, etwas Licht in das Dunkel zu bringen.
In der Pause hatte ich keine Chance, den Professor zu sprechen. Er war von seinen Zuhörern eingekeilt und mußte Fragen beantworten. Nach zehn Minuten schaffte er es, sich von ihnen zu trennen und um eine kleine Pause zu bitten. Man gewährte sie ihm nur ungern.
Ich rauchte eine Zigarette und trank dazu eisgekühlten Orangensaft. Die Eiswürfel klingelten gegeneinander, wenn ich das Glas bewegte. Suko stand neben mir. Sein Gesicht zeigte einen abwesenden Ausdruck. Irgendwie war er nicht so bei der Sache.
»Denkst du an Shao?« fragte ich ihn.
Suko hob die Schultern.
»Wenn du nach Hause willst, dann geh. Ich halte dich nicht. Shao ist jetzt wichtiger. Glaub mir.«
»Ich komme schon früh genug«, sagte Suko, und damit war für ihn das Thema erledigt.
Ich hob die Schultern. Mehr konnte ich für Suko auch nicht tun. Außerdem wollte er es nicht, daß ich mich in seine Probleme mischte. Verständlich, wie ich meine.
Ein Bekannter sprach mich an. Er war Hobby-Parapsychologe, wie ich wußte, und er wollte mit mir über das Phänomen der Geistwanderung diskutieren.
Zum Glück war die Pause herum.
»Sehen wir uns nach dem Vortrag noch, Mr. Sinclair?« fragte er.
»Sorry, Sir, aber ich habe schon eine Verabredung.« Er verzog das Gesicht. »Schade, man sieht sich viel zu selten.«
»Da sagen Sie was.«
Es waren auch ein paar Zeitungsleute anwesend. Reporter von Fachblättern. Normalerweise wäre mein Freund Bill Conolly auch dagewesen, aber er lag momentan mit einer Frühjahrsgrippe flach.
Pech für den guten Bill, der sich solche Vorträge und Reden nie entgehen ließ.
Wieder begann der zweite Teil mit einer Verspätung. Der Vortrag wurde dann allerdings zur Diskussion, an der ich mich nicht beteiligte, da ich mit Zamorra nach seiner Rede verabredet war.
Bis zweiundzwanzig Uhr zog sich alles hin, dann endlich schaffte Zamorra es, den Reportern und auch seinen eigenen Kollegen zu entfliehen.
»Wir fahren mit meinem Wagen«, sagte ich zu ihm. Suko gesellte sich zu uns, und ich stellte ihn vor.
Zamorra lächelte. »Ich freue mich, Sie persönlich kennenzulernen. Gehört habe ich schon einiges von Ihnen.«
Suko lachte. »Hoffentlich nur Gutes.«
»Aber sicher.«
Wir setzten uns in meinen Bentley.
»Wohin?« fragte ich. »Wenn du mich fragst, Zamorra, fahren wir zu mir.«
»Meine Mitarbeiterin wartet im Hilton«, erwiderte er. »Wir könnten auch dorthin fahren.«
»Meinetwegen.«
Ich wollte starten, doch Zamorra legte mir seine Hand auf den Arm.
»Warte noch, John.«
»Was ist?« Erstaunt schaute ich ihn an.
»Als du vorhin zu mir kamst, wirst du dich sicherlich über meinen Zustand gewundert haben«, sagte er.
»Ja, das stimmt.«
»Ich möchte dir eine Erklärung abgeben.« Zamorra senkte seine Stimme. »Du weißt über mein Amulett Bescheid, John. Du kennst seine Kraft und Stärke, und es ist sensibel. Es reagiert auf Strömungen und Gefahren wie ein Empfänger. Vorhin erwärmte es sich, und da wußte ich, daß
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