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0056a - Wir sprangen in den Teufelskreis

0056a - Wir sprangen in den Teufelskreis

Titel: 0056a - Wir sprangen in den Teufelskreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wir sprangen in den Teufelskreis
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anderen Gesichtspunkten angeordnet waren. Man konnte fast sagen, dass Watchmaker einen kleinen Tick für seine berühmten Untergruppen hatte. Freilich zeigte sich immer wieder, wie nützlich diese vielen Unterteilungen waren.
    Auch diesmal bewährte sich Watchmakers-System. Nachdem wir die erste Abteilung »Kindliche Typen« in seinem Wälzer umgeschlagen hatten, gerieten wir an eine Gruppe von ungefähr sechzig Gangstern, die Watchmaker unter der Überschrift »Mädchenhafte Erscheinungen« zusammengefasst hatte. Und hier war unser Freund gleich die zweite Nummer.
    Miss Nellen bestätigte, dass es dieser Mann war. Wir brauchten nur einen kurzen Blick auf sein Bild zu werfen, um zu wissen, dass es auch derselbe Mann war, den wir statt Mrs. Reastray in ihrer Wohnung vorgefunden hatten.
    Ich zog das Foto heraus und versprach Watchmaker, es ihm innerhalb einer Stunde wieder zurückzubringen. Danach machten Phil und ich uns auf die Strümpfe. Ehrlich gesagt, wir hatten nun so oft den Namen Reastray auf der Zunge gehabt, dass wir richtig gespannt waren, wie diese Mrs. Reastray auf uns wirken würde.
    Nach allem was uns Bachelor von ihr erzählt hatte, als wir das erste Mal wegen Mrs. Reastray mit ihm telefonierten und woraufhin er dann seine Nachforschungen wegen ihrer Bankkonten aufnahm, stammte sie aus ärmlichen Verhältnissen. Als wir ihr aber dann eine halbe Stunde später in ihrem prächtigen Vorzimmer gegenüb erstanden, verschlug es uns förmlich die Sprache.
    Sie sah nicht danach aus, als wäre sie aus ärmlichen Verhältnissen gekommen. Jeder Zoll an ihr strahlte Ruhe, Selbstsicherheit und Würde aus. Sie war ein wenig kleiner als ich, hatte eine schlanke, sehr gute Figur, die durch die raffinierte schlichte Bekleidung dezent betont wurde, und ein Gesicht, das man so schnell nicht vergessen konnte. Die Wangenknochen standen ein ganz klein wenig vor, was ihr im Verein mit den leicht mandelförmig geschnittenen, sehr großen dunkelbraunen Augen einen exotischen Reiz verlieh. Das Haar war tiefschwarz und im Nacken, wohin es straff zurückgekämmt war, zu einem dicken Knoten zusammengesteckt. Ihre Fingernägel waren modisch lackiert und hatten die gleiche Farbe wie die kunstvoll bemalten Lippen.
    »Ich freue mich, Ihre Bekanntschaft zu machen«, sagte sie, nachdem wir uns vorgestellt hatten. »Darf ich fragen, was der Anlass Ihres Besuches ist?«
    Wir hatten ihr noch nicht gesagt, dass wir G-men waren. Natürlich wusste sie das längst von Garrister, aber sie verriet ihre Kenntnis nicht mit einem Wimpemzucken. Ich holte meinen Dienstausweis hervor und zeigte ihn ihr.
    »Oh!«, sagte sie, und es hörte sich verdammt echt an, ihr Staunen. »Sie sind zwei dieser berühmten G-men. Bitte, meine Herren, nehmen Sie doch Platz! Ich war eigentlich immer schon neugierig, zu erfahren, wie diese sagenhaften G-men aussehen!«
    Mit einem auffallend freundlichen Lächeln, das dennoch keine Nuance zu freundlich oder etwa aufdringlich gewesen wäre, bot sie uns Sessel an. Artig, wie es sich für Gentlemen gehört, warteten wir, bis die Dame Platz genommen hatte, bevor auch wir uns setzten.
    »Ich fürchte, G-men sehen genauso aus wie andere Männer auch«, sagte ich.
    Sie musterte uns mit jenem dezenten Interesse, das nur wirkliche Damen fertigbringen.
    »Nicht ganz«, konstatierte sie. »Ich möchte sagen, dass man aus Ihren Gesichtern etwas mehr Zielbewusstsein, mehr Energie herauslesen kann als bei dem Durchschnitt der übrigen Männer. Womit ich nicht sagen will, dass ich die übrigen Männer kenne. Ich bilde mir das auch vielleicht nur ein.«
    Sie lächelte wieder. Ich fühlte den Blick ihrer unergründlichen dunklen Augen auf mich gerichtet. Etwas wie eine ganz leichte Müdigkeit überkam mich. Holla, alter Junge, signalisierte etwas in meinem Gehirn. Bleibe G-man.
    Plötzlich erhob sie sich.
    »Darf ich Ihnen etwas anbieten? Whisky? Oder Kaffee? Einen Cocktail?«
    »Ich wäre einem Whisky nicht abgeneigt«, sagte Phil, bevor ich etwas anderes sagen konnte. Ehrlich gesagt, ich hatte vorgehabt, dankend abzulehnen. Der Teufel mochte wissen, was in Phil gefahren war.
    »Pur oder mit Soda?«, fragte sie, während sie schon mit ihren geschmeidigen, irgendwie an die Grazie einer Raubkatze erinnernden Schritte hinüber zu der Hausbar ging, die in die Wand eingebaut war und eine Batterie von Flaschen enthielt, die ich mir für ein ganzes Monatsgehalt nicht auf einmal hätte kaufen können.
    Plötzlich fiel mir auf, dass Phil hastig

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