0059 - Wir und das Goldene Pferd
er inne.
»Merkwürdig«, murmelte er.
»Was ist merkwürdig?«
»Das Schloss ist gut geölt und gibt keinerlei Geräusch von sich. Als ich das letzte Mal hier aufsperrte, quietschte es.«
Wir schritten durch den finsteren Park bis zu einem villenähnlichen Gebäude, von dem ich wegen der Dunkelheit nur sehr wenig erkennen konnte.
Ich hielt den Sheriff am Arm fest. Wir verharrten drei oder vier Minuten angestrengt lauschend, hörten aber nirgends ein verdächtiges Geräusch.
»Im Haus scheint niemand zu sein«, sagte Phil leise. »Los, Rodgers, schließen Sie schon auf!«
Während der Sheriff die Haustür aufsperrte, nahmen wir unsere Pistolen aus dem Halfter. Waren wir den Autobahngangstem auf der Spur, dann hatten wir es mit kaltblütigen Mördern zu tun.
Hinter der Haustür lag eine Diele mit gemütlichen, anheimelnden Möbeln. Sie machten zwar einen unbewohnten Eindruck, aber mir fiel sofort auf, dass nirgends Staub lag.
Im Erdgeschoss gab es außerdem ein Wohnzimmer, ein Esszimmer, ein Musikzimmer, die Küche, die Toilette und das Bad. Das Obergeschoss war ähnlich angelegt.
Wir durchschritten das gesamte Haus und überzeugten uns davon, dass niemand anwesend war und dass es nirgends Spuren oder Hinweise auf einen Bewohner gab.
Ich packte Phil am Ärmel. »Kannst du dir vorstellen, was hier gespielt wird?«
Er zuckte die Achseln. »Entscheidend scheint doch wohl zu sein, dass das Haus zur Zeit leer steht und wegen seiner abgelegenen Lage keinerlei unerwünschte Beobachter zu befürchten sind. Das Haus hat entweder bereits verbrecherischen Zwecken gedient, oder ist dafür in Aussicht genommen.«
Das war wohl sehr wahrscheinlich richtig, brachte uns aber nicht einen Schritt weiter.
»Ich weiß zwar, dass Sie knapp an Personal sind«, wandte ich mich an den Sheriff, »aber ich muss Sie trotzdem bitten, das Haus bewachen zu lassen.«
Rodgers fuhr sich verzweifelt durchs Haar. »Wie soll ich das bloß machen! Die gesamte Polizeimacht Newtons besteht aus mir und drei Gehilfen.«
»Das wird für die eine Nacht genügen. Und morgen früh schicke ich Ihnen Verstärkung.«
»Das ist natürlich was anderes«, meinte er zufrieden. »Aber kommen Sie jetzt. Hier gibt es für uns nichts mehr zu entdecken. Und ein wenig Schlaf kann keinem von uns schaden.«
Ich wandte mich zum Gehen, machte aber aus irgendeinem mir selbst unbekannten Grunde nochmals die Tür zum Badezimmer auf. Phil leuchtete den Raum mit seiner Taschenlampe aus und ließ sich plötzlich auf die Knie nieder.
Ich wollte ihn gerade fragen, was diese gymnastische Übung zu bedeuten habe, als er sich bereits wieder erhob und mir einen Papierfetzen unter die Nase hielt, den er unter der Badewanne gesichtet hatte.
Offenbar war der Wisch von einem Rechnungsformular abgerissen worden. Die Rückseite war leer, die Vorderseite zeigte eine gedruckte Adresse:
John Sider
Garagen
22 Pemsen Street
New York 13
Ich schob den Fund in meine Brieftasche.
»Wir haben es mit einer Bande von Autogangstern zu tun«, meinte Phil. »Der Papierfetzen deutet auf eine Autogarage hin. -Vermutlich besteht ein Zusammenhang…«
»Vermutlich«, sagte ich. »Du bist ein kluger Knabe. Du gehörst eben zu den seltenen Menschen, denen man nichts verbergen kann!«
***
Ich gab vom Sheriffhaus aus einen Befehl an die Zentrale durch, man möge mir einen Bericht über John Snider, den Garagenbesitzer, beschaffen, und fuhr dann mit Phil wieder nach New York zurück.
Obwohl wir in dieser Nacht kaum zum Schlafen gekommen waren, trafen wir uns bereits um zehn Uhr wieder im Distriktbüro.
Zunächst einmal brachte ich die üblichen Routinefragen an. Ob man Ed Milton aufgespürt habe, ob die Überwachung Lola Steins etwas ergeben habe, ob ein weiterer Highway-Überfall geschehen sei.
Alle drei Fragen wurden verneint. Aber der Bericht über John Snider lag bereits vor.
»John Snider wurde am 6. November 1908 in San Antonio, Texas, geboren. Über sein Vorleben, ist nichts bekannt. Er kam im Mai 1946 nach New-York und erwarb das Grundstück an der Pemsen Street, wo er eine Reparaturwerkstatt mit angeschlossenem Garagenbetrieb errichtete. S. ist Junggeselle. Er gilt als in seinem Beruf sehr tüchtig, seriös und solvent. Pünktlicher Steuerzahler, Angehöriger der Baptistengemeinde. Über sein Privatleben ist nichts Nachteiliges bekannt.«
»Scheint ja ein weißer Rabe zu sein, dieser Snider«, bemerkte Phil. »Trotzdem sollten wir ihm kurz auf den Zahn fühlen.«
Wir steckten
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