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0061 - Der Hexenberg

0061 - Der Hexenberg

Titel: 0061 - Der Hexenberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Wolf Sommer
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ab.
    Beinahe hätte sie einen Jubelschrei ausgestoßen. Sie brauchte keinen Spiegel mehr. Ihre Fingerspitzen hatten ihr genug verraten.
    Sie hatte ihr eigenes Gesicht wieder!
    Ganz offensichtlich hatte das Amulett die Wandlung bewirkt. Es hatte den bösen Zauber ausgelöscht, durch den ihr Gesicht in das einer zehnfachen Mörderin verwandelt worden war.
    Sie hatte jetzt auch eine Erklärung dafür, dass der Stab der tausend Reisen nicht mehr funktionierte. Die beiden magischen Gegenstände hatten ganz dicht nebeneinander in dem Safe gelegen. Anscheinend hatte das Amulett auch aus dem Stab die Macht des Bösen gezogen und ihn zu einem nutzlosen Metallstück werden lassen.
    Ob Maurice d’Aragnan ihr jetzt Glauben schenken würde?
    Sie hoffte es.
    »Ich ergebe mich!«, rief sie laut und warf zur Bekräftigung ihrer Worte die Pistole in Richtung Tür. Polternd fiel die Waffe zu Boden.
    Sie trat hinter der Safetür hervor und blieb abwartend mitten im Raum stehen.
    Es dauerte ein paar Sekunden, bis sich jemand zeigte. Das Misstrauen ihr gegenüber war offenbar groß. Schließlich jedoch wurde die halb offenstehende Tür ganz aufgestoßen. Boilieu hatte die Pistole in der Hand und hielt sie drohend auf Nicole gerichtet. An seiner Seite standen d’Aragnan und die beiden anderen Männer.
    Sie alle starrten mit dem Ausdruck größter Verwunderung auf Nicole.
    Der Comte trat einen Schritt vor. »Mademoiselle Nicole!«, rief er spontan. »Wie haben Sie…« Er unterbrach sich und kniff die Augen zusammen. »Ist das ein neuer höllischer Trick von Ihnen?«, wollte er dann wissen.
    Nicole lachte. »Nein, Sie können ganz sicher sein«, antwortete sie.
    Die Männer tauschten vieldeutige Blicke.
    »Wenn Sie mich fragen«, meinte der Verwalter. »Dem Aussehen nach ist es Mademoiselle Duval. Und die Stimme stimmt auch.«
    Der Comte ging noch einmal kurz mit sich selbst zu Rate und gab sich dann einen Ruck.
    »In Ordnung«, sagte er zu seinen Männern. »Ihr könnt dann jetzt gehen. Wenn ich euch brauche, lasse ich euch rufen.« Mit der Fußspitze tippte er gegen Nicoles Pistole, die vor ihm auf dem Boden lag. »Vielleicht nehmt ihr das hier sicherheitshalber noch mit.«
    Boilieu nahm die Waffe an sich und verließ dann mit seinen Begleitern den Raum. Nicole und d’Aragnan waren wieder allein.
    Nicole brauchte eine gute Viertelstunde, um den Comte restlos zu überzeugen. Es fiel ihm sichtlich schwer, all die Ungeheuerlichkeiten zu glauben, die sie ihm auftischen musste. Immer wieder schüttelte er den Kopf und murmelte: »Das gibt es doch gar nicht!«
    Endlich kam auch Nicole dazu, die Fragen zu stellen, die ihr auf der Zunge brannten. D’Aragnan war von Zamorra nicht voll eingeweiht worden, aber das was er wusste, genügte Nicole vollauf.
    Ihre trüben Ahnungen, dass Zamorra und Bill mit Hilfe von Fabienne Duquesnes magischem Stab in das Reich der Dämonen gereist waren, bestätigten sich. Schmerzlich an dieser Information war insbesondere auch die Erkenntnis, dass ihr selbst nun der Weg ins Zwischenreich versperrt war. Ihr eigener – Françoise Godeaus – Stab funktionierte nicht mehr. Und Fabiennes Stab hatten die Freunde genommen. Wie es aussah, gab es keine Möglichkeit für sie, den beiden zu Hilfe zu eilen.
    Oder doch?
    Als Maurice d’Aragnan berichtete, dass es Zamorra anscheinend gelungen war, Fabienne Duquesne mit Hilfe des Amuletts gefügig zu machen, kam ihr eine Idee.
    Es gab doch noch eine Möglichkeit, Verbindung mit dem Dämonenreich aufzunehmen. Auch ohne magischen Stab.
    Ruckartig erhob sie sich von ihrem Stuhl.
    »Kommen Sie, Comte!«
    D’Aragnan blinzelte. »Wohin, Mademoiselle Nicole?«, fragte er.
    »Zu Fabienne Duquesne!«, sagte Nicole.
    ***
    Die Hexe hatte sich jetzt wieder ganz in ihre Schlangenform zurückverwandelt. Züngelnd und den abgrundhässlichen Kopf wiegend saß das Reptil vor ihnen. In den Augen brannte ein kaltes Feuer, und grüner Geifer tropfte aus dem Maul auf die Steinplatten zu ihren Füßen.
    Professor Zamorra fragte sich flüchtig, wie sie es fertig bringen wollte, zwei Männer von ihrer Größe spurlos in ihrem immerhin nur armdicken Rumpf verschwinden zu lassen. Aber die scheinbare Unmöglichkeit dieses Umstands beruhigte ihn in keiner Weise. Kein Sterblicher wusste vielleicht so gut wie er, dass hier im Reich der Geister und Dämonen die von der Erde her gewohnten physikalischen Gesetze keine Gültigkeit hatten. Zeit und Raum, Materie und Geist – all dies war hier ganz anderen,

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