0062 - Der tödliche Zauber
Haare. In seinen Augen stand nur Wut, und sein Gesicht war zu einer Maske des Abscheus verzerrt. Er schüttelte in einem fort den Kopf, als könne er nicht glauben, was er vor sich sah.
Zamorra packte ihn an der Schulter.
»Verdammt noch mal, Mann, reißen Sie sich zusammen. Hier geht es im Moment um etwas Wichtigeres als um ihr armseliges Hotel. Dieser Verletzte braucht schnellstens Hilfe. Haben Sie so etwas wie einen Erste-Hilfe-Kasten in Ihrem Haus? Wenn ja, dann holen Sie das Ding schleunigst her. Nun machen Sie schon!«
Der Hotelangestellte erhob sich und ging aus dem Zimmer. Dabei murmelte er unverständliches Zeug vor sich hin.
Der Bursche widerte den Professor an. Da lag ein Schwerverletzter und brauchte Hilfe, und das einzige, was den Kerl bekümmerte, war der Ruf seines Hotels. Es war immer und überall das gleiche. Jeder denkt an sich selbst zuerst.
Zamorra wandte sich wieder dem Verletzten zu. Vorsichtig entfernte er das Bettlaken vom Oberkörper des Unbekannten und fühlte nach dessen Herzschlag. Er war deutlich zu spüren, geradezu ungewöhnlich kräftig. Die Brust des Mannes hob und senkte sich in regelmäßigen Atemzügen. Ganz so schlimm, wie es den Anschein hatte, schien es den Mann zum Glück nicht erwischt zu haben.
Zamorra nahm sich vor, davon dem Hotelmanager jedoch nichts zu sagen. Unter Umständen würde der dann nämlich versuchen, den Verletzten auf eine möglichst elegante Art loszuwerden. Und das konnte man dem zur Zeit noch bewußtlosen dann wohl doch nicht zumuten.
Die Tür ging wieder auf. Stimmengemurmel vom Gang drang herein gefolgt von dem Angestellten. Er trug einen Kasten unter dem Arm, wie sie laut Gesetz in allen Hotels zur Verfügung stehen müssen. Er stellte den Kasten neben dem Professor auf den Boden und verzog sich nach draußen.
Zamorra öffnete den Deckel und suchte nach geeignetem Material, um das Gesicht des Unbekannten ein wenig zu säubern. Er fand ein Fläschchen mit Alkohol und eine Menge Mullbinden, Pflaster und kleine Leinentücher. Zamorra zupfte eins davon heraus und ging in das kleine Bad, das zu der Hotelsuite gehörte, und feuchtete das Tuch unter dem Wasserhahn an.
Dann kehrte er zurück und machte sich daran, das Blut aus dem Gesicht des alten Mannes zu entfernen. Dieser hatte die Augen immer noch geschlossen und war offensichtlich immer noch nicht bei Bewußtsein. Zamorra gewann jetzt einen besseren Eindruck vom Aussehen des Mannes.
Er schätzte ihn auf etwa fünfundsiebzig bis achtzig Jahre. Die Wunden im Gesicht des Mannes waren nicht allzu tief, womit sich fast erübrigte, den Mann in das nächste Krankenhaus zu bringen.
Allerdings wäre es immerhin möglich, daß er innere Verletzungen erlitten hatte, von denen im Moment äußerlich nichts festzustellen war.
Zamorra wollte sich wieder erheben, um die Rezeption anzurufen, als ihn eine Bewegung des Mannes verharren ließ. Der Unbekannte drehte den Kopf und schlug die Augen auf.
Zamorra hockte sich wieder hin und half dem Alten, sich hinzusetzen Dabei wunderte er sich, wie fest der Greis zupacken konnte. Er umklammerte Zamorras Schulter und zog sich hoch.
Ein trockenes Husten schüttelte seinen Körper. Seine Stimme klang krächzend.
»Wer sind Sie? Was wollen Sie von mir? Wie kommen Sie überhaupt in mein Zimmer?«
Zamorra suchte nach Worten, wie er dem Mann alles erklären konnte.
»Sie sind gestürzt. Ein Mädchen hat Sie so gefunden. Sie müssen geschrien oder um Hilfe gerufen haben. Man meinte, ich könnte Ihnen am ehesten helfen.«
Der alte Mann runzelte die Stirn. Ein Schleier legte sich über seine Augen. Er dachte nach. Dann verzog sich sein Gesicht. Es war, als hätte er sich an etwas Schreckliches, Grauenhaftes erinnert. Er wollte etwas sagen, brachte jedoch keinen Ton hervor.
Zamorra stützte ihn und wollte etwas Beruhigendes sagen.
»Nun mal langsam. Beruhigen Sie sich erst einmal. Ich werde schon dafür sorgen, daß man sich um Sie kümmert. In Ihrem Alter sollten Sie aber auch keine Heldentaten mehr begehen wollen. Was es auch immer war – es hätte schlimmer für Sie ausgehen können.«
Zamorra war überzeugt, daß der Mann einen Einbrecher bei der »Arbeit« überrascht hatte. Er stand auf, um in der Hotelhalle anzurufen und um Hilfe zu bitten.
Die Stimme des Mannes hielt ihn zurück.
»Was heißt hier in Ihrem Alter? Ich glaube kaum, daß ich mich schon zum alten Eisen zählen kann. Immerhin bin ich erst zweiunddreißig Jahre alt.«
***
Nicole Duval faltete die
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