Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0062 - Der tödliche Zauber

0062 - Der tödliche Zauber

Titel: 0062 - Der tödliche Zauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kubiak
Vom Netzwerk:
zu mögen.
    Zamorra schüttelte den Kopf.
    »Ihrer abenteuerlichen Vermutung muß ich widersprechen. Die Zigeuner haben einen strengen Ehrenkodex, zumindest diejenigen, die das Leben in den Großstädten noch nicht verdorben hat. Eine Frau, die das tut, was Sie gerade angedeutet haben, würde sofort verstoßen. Die Sippe würde jede Verbindung mit ihr abbrechen. Und ich glaube kaum, daß eine Frau das tun würde, zumal gerade bei den Zigeunern der Hang zur Familie, zur Gemeinschaft, besonders ausgeprägt ist.«
    Nicole sponn diesen Gedanken weiter.
    »Wenn von den Zigeunern gesprochen wird, dann ist doch auch fast immer die Rede davon, daß sie von Dingen wissen, die jenseits unserer Vorstellungskraft liegen. Ich denke da an Zaubereien oder auch schwarze Magie. Und das gerade dies bei den Zigeunern eine große Rolle spielt, ist ja hinreichend bekannt. Warum sollte es auch hier nicht der Fall sein?«
    »Du meinst, daß die Frau gegen ihren Willen mitgegangen ist und daß sich die Sippe dann auf irgendeine Art an Rall gerächt hat?« fragte Zamorra seine Freundin.
    Sie nickte bestätigend. »Genau. Sie wurde beobachtet, wie sie mit dem Deutschen ins Hotel ging. Und dann hat, wer auch immer sie beobachtet hat, die Sippe benachrichtigt. Was dann allerdings geschehen sein könnte, davon kann ich mir auch keine Vorstellung machen.«
    Der Arzt war dieser Unterhaltung völlig verständnislos gefolgt.
    Hatte er es denn nur mit Verrückten zu tun? Erst dieser Verletzte und nun erwachsene Menschen, die sich mit völliger Selbstverständlichkeit über Zauberei und schwarze Magie unterhielten und so taten, als gäbe es diesen Humbug wirklich.
    Hilfesuchend schaute der Arzt sich um. Bill Fleming grinste ihn an und vollführte eine Geste, die dem Mann wohl sagen sollte, er solle sich nicht aufregen und das alles nicht so ernst nehmen.
    Zamorra und Nicole Duval hatten dieses kurze Zwischenspiel nicht mitbekommen. Sie diskutierten angeregt weiter. Dann wandten sie sich an den Arzt.
    »Doktor Fabeau«, sagte Zamorra, »ist es vielleicht möglich, den Verletzten zu sprechen? Es dauert bestimmt nicht lange. Wir wollen ihm nur ein paar Fragen stellen, die uns helfen sollen, dieses Rätsel aufzuklären.«
    Fabeau runzelte die Stirn. Eigentlich konnte er eine neuerliche Aufregung für seinen Zwangspatienten nicht verantworten, doch er wußte genau, daß sein neuer Bekannter keine Ruhe geben würde, ehe er nicht mit dem Deutschen gesprochen hatte.
    »In Gottes Namen, Monsieur, aber machen Sie es bitte so kurz wie möglich. Aufregung würde dem Mann nur schaden.«
    Zamorra versprach, sich zu beeilen, und verließ mit Nicole Duval den Frühstücksraum des Hotels.
    Sie hatten eine Menge Fragen auf Lager, doch vor allen Dingen wollten sie wissen, wie diese geheimnisvolle Zigeunerin hieß und wo der Deutsche sie kennengelernt hatte.
    Von da aus wollten sie dann weiterarbeiten, denn ohne sich darüber verständigt zu haben, waren Zamorra und Nicole Duval überzeugt, daß der Deutsche mit der Angabe eines Alters von zweiunddreißig Jahren nicht gelogen hatte…
    ***
    Ein wunderschöner Frühlingstag ging zu Ende. Die Sonne stand schon tief. Ihre Strahlen hatten an Kraft verloren, und die Hitze ließ nach. Das Blätterwerk der Bäume wirkte wie die Kuppel eines Domes, filterte das Sonnenlicht und schuf ein Dämmerlicht, das den Augen angenehm war und ihnen Erholung von der gleißenden Helle des Tages bot.
    Erst auf den zweiten Blick war die junge Frau zu erkennen. Ihre dunkle Kleidung ließ sie fast völlig mit dem Hintergrund verschmelzen. Nur ihr fahlweißes Gesicht hob sich als heller Fleck gegen die Rinde des Baumes ab, an den gelehnt sie dastand.
    Sie hatte die Augen weit geöffnet, doch der Ausdruck dieser Augen war seltsam tot. Es war eine Zigeunerin von ungewöhnlicher Schönheit. Das lange, gelockte schwarze Haar ließ die Ebenmäßigkeit ihrer Gesichtszüge noch klarer hervortreten.
    Um die Schultern trug die junge Frau eine mit Goldfäden durchwirkte Stola. Sie zog sie um sich fest, als würde sie trotz der noch herrschenden Wärme frieren.
    Aus der Nähe drang Stimmengewirr und fröhliches Gelächter zu ihr. Männerstimmen riefen etwas, Hunde kläfften, Frauen kreischten.
    Es war das Lager der Zigeuner. Die Söhne des Windes hatten auf einer Lichtung dieses Wäldchens ihre Zelte aufgeschlagen. Es mochten vielleicht vierzig Wohnwagen sein, einige sogar noch mit Pferdegespannen.
    Die Frau unter den Bäumen verzog schmerzlich das Gesicht,

Weitere Kostenlose Bücher