0062 - Guru der Toten
küßte mich auf den Mund.
»Ich habe vergessen, Dankeschön zu sagen.«
»Wofür?«
»Du hast mir das Leben gerettet.«
»Das hast du selbst getan.«
»Wenn du nicht rechtzeitig auf dem Dach erschienen wärst, hätte Chump Geezer mich getötet. Durch dein Auftauchen mußte er umdisponieren.«
Wir setzten uns in den VW. Ich hatte Schwierigkeiten mit meinen langen Beinen und sehnte mich nach meinem bequemen Bentley.
Als ich losfuhr, sah ich aus der entgegengesetzten Richtung einen Streifenwagen kommen. Ich knüppelte den frisierten Volkswagen quer durch das nächtliche London.
Eine bleierne Müdigkeit befiel mich.
Jetzt machten sich die Strapazen der letzten Stunden bemerkbar.
Wir erreichten das Haus, in dem Jane wohnte.
In ihrem Apartment angelangt, machte sie uns zwei Drinks, mit denen wir uns labten.
Anschließend setzte ich mich telefonisch mit Scotland Yard in Verbindung, um eine erste Meldung zu erstatten.
»John!« rief einer meiner diensthabenden Kollegen. Es klang erfreut und erleichtert – als wäre ich tagelang verschollen gewesen. »John, geht es Ihnen gut?«
»Ich kann nicht klagen. Warum, Frank?«
Frank Duhig lachte schnarrend. »Na, Sie machen mir Laune, Mann! Sie wurden gekidnappt, jeder verfügbare Polizist in London sucht Sie, und Sie melden sich mit der größten Selbstverständlichkeit bei mir und behaupten, Sie könnten nicht klagen.«
»Sagen Sie mal, Frank, trinken Sie heimlich oder unheimlich.«
»Wieso?«
»Kein Mensch hat mich gekidnappt. Wer behauptet denn so etwas Verrücktes?«
»Wer? Superintendent Powell.«
»Dann muß er eine Whiskyflasche im Schrank haben«, sagte ich verwundert. »Wie könnte er sonst auf diese Schnapsidee kommen?«
»Sie wurden also nicht entführt.«
»Keine Meile weit.«
»Und Suko? Wurde der etwa auch nicht gekidnappt?«
Mir war plötzlich heiß und kalt zugleich. »Suko?« preßte ich heiser hervor. »Ich weiß nichts von Suko. Was ist mit ihm?«
»Wir suchen auch ihn.«
»Ist Sir Powell im Haus?«
»Nein. Er ist vor dreißig Minuten nach Hause gefahren«, antwortete Frank Duhig.
»Dann werde ich mal seine nächtliche Ruhe stören«, sagte ich und drückte mit dem Zeigefinger auf die Gabel.
Jane kam aus der Küche. Mein Blick verriet ihr, daß ich Kummer hatte. »Ist etwas nicht in Ordnung, John?«
»Suko wurde entführt. Man fahndet nach ihm. Powell hat veranlaßt, daß auch nach mir gesucht wurde. Vermutlich wollte man – als bekannt geworden war, daß Suko gekidnappt wurde – mit mir Kontakt aufnehmen, konnte mich aber nicht erreichen.«
Superintendent Powell hatte eine Geheimnummer, die nur wenige Personen kannten. Ich gehörte zu diesem kleinen Kreis.
Es läutete zweimal. Dann hob Powell ab. Als ich mich meldete, rief der Superintendent so erfreut wie Frank Duhig aus: »John, sind Sie wieder frei?«
»Ich war keine Sekunde gefangen, Sir.«
»Das verstehe ich nicht. Sie waren doch… Sie wurden doch…«
»Ein Irrtum, Sir. Ich wurde nicht gekidnappt.«
»Nicht? Aber Ihr Partner…«
»Würden Sie mir erzählen, was mit Suko geschehen ist?« bat ich den Leiter von Scotland Yard und meinen unmittelbaren Vorgesetzten eindringlich.
Powell berichtete von den beiden Wiedergängern Jim Dale und Cliff Lynch, die im Hause von Agatha und Bonie Malloy aufgekreuzt waren, um Suko zu entführen.
Ich erfuhr alles, was Powell wußte.
Meine Wangenmuskeln zuckten.
Natürlich war Hondu, der Guru der Toten, für diese Entführung verantwortlich, und ich hätte viel dafür gegeben, wenn ich hätte erfahren können, wo Hondu sich versteckte.
Powell wußte, daß ich wegen Chump Geezers Flucht aus der Leichenkammer des St. George Hospitals aktiv geworden war.
Er bat mich, ihn über den Stand der Dinge zu informieren.
Ich berichtete ihm, daß Chump Geezer bereits Clips Gazzarra und Jock Oberon ermordet hatte, und daß nun nur noch Mo Geezer auf seiner Wunschliste stand. Auch Powell erzählte ich – wie vor kurzem erst Jane Collins – von Hondu, der die Macht besaß, Tote aufzuwecken.
Und dann sprach ich davon, daß ich Mo Geezer zwar festgenommen hatte, daß die Frau mir aber entwischte, als ich Jock Oberon aus seinem Versteck holen wollte.
Ich hörte kein Wort des Vorwurfs von Powell.
Er schien froh zu sein, mich unversehrt wiederzuhaben.
»Was werden Sie nun unternehmen, John?« fragte der Superintendent.
»Erst mal werde ich nach Mo Geezer und meinem Wagen fahnden lassen.«
»Hoffentlich findet die Polizei die Frau schneller
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