0063 - Geschäft mit der Angst
Geräusch im steten Rauschen der See unterging?
Ich wollte mich gerade abwenden und dem anderen Haus widmen, in dessen Fenstern den ganzen Abend noch kein Licht gebrannt hatte, als ich eben von dort her einen Stein fallen hörte. Es gehörte schon etwas dazu, über den vielen Leuten und dem Lärmen der Brandung einen einzelnen Stein fallen zu hören, aber ich hatte eben Glück. Ich ließ mich sofort zur Erde gleiten und verbarg mich dicht an die Wand gepresst. Dann wandte ich langsam den Kopf. Deutlich vor dem etwas helleren Himmel zu erkennen, kam die Gestalt eines Mannes auf mich zu…
***
Ich ließ ihn ganz nahe herankommen, und als ich eben aufstehen wollte, bog er etwas nach rechts ab. Er erreichte die Hauswand und ließ sich zu meiner Verwunderung ebenfalls niedergleiten. Was war das? Jemand, der selbst nicht gesehen werden wollte? Der etwa mit den Inselbewohnern nicht einig war?
Vielleicht war es der Unbekannte, der bei Nacht den Sender dazu brachte, ein SOS-Signal in die Welt hinauszufunken?
Ich legte mich in eine etwas bequemere Stellung, blieb aber so, dass ich den Schatten vor mir an der Hauswand im Auge behielt. Er rührte sich nicht. Dabei war er vielleicht knappe fünf Meter von mir entfernt, und es war fast ein Wunder, dass er mich noch nicht bemerkt hatte!
Die Zeit verging nur langsam. Ich blickte immer öfter auf das Leuchtzifferblatt meiner Uhr.
Es wurde schließlich 21 Uhr, 21.25 und dann 21.30. Da, fast auf den Glockenschlag, ging drüben die Haustür auf, und als sie sich wieder hinter einem Mann geschlossen hatte, sah ich eine Lampe auf uns zuschwanken. Der Lichtschein irrte umher, traf das Gebäude der Funkstation und wies dann wieder in den Nachthimmel, ganz wie sie der Träger im Gehen hin und her schwenkte.
Dabei pfiff er ein Lied, ich glaube, es war Born to be with you, aber so falsch, dass mir unmusikalischen Menschen die Zähne wehtaten…
Im Halfter steckte meine Pistole, geölt und geladen. Aber ich ließ sie ruhig stecken, denn wenn hier etwas passierte, würde der andere Unbekannte zuerst entdeckt.
Der Mann mit der Laterne hatte nun die Tür der Funkstation erreicht und ließ sein höllisches Gepfeife endlich verstummen. Er stocherte mit einem Schlüssel herum, und dann ging die Tür knarrend auf. Drinnen wurde Licht gemacht, aber es wurde sofort wieder finster um uns, denn er hatte die Tür hinter sich zugezogen. Nur langsam gewöhnten sich meine Augen an das Dunkel. Dann sah ich jedoch, dass sich der andere Lauscher aufgerichtet hatte und mit einem Ohr an der Wand lehnte.
Was du kannst, kann ich auch, dachte ich und legte mein Ohr an die Bretter.
Undeutliche Geräusche ließen mich ahnen, dass der da drinnen herumging. Vielleicht brachte er jetzt den Sender in Betrieb? Ich blickte hinauf zur Antenne und dachte: Schade, dass man Funkwellen nicht sehen kann.
Aber mein Kollege an der Wand wusste es offenbar besser. Ich sah ihn sich bücken und irgendetwas dicht über dem Boden tun. Was er da machte, war nicht zu erkennen. Er beschäftigte sich vielleicht drei oder vier Minuten auf diese Weise, richtete sich dann wieder auf, und im gleichen Augenblick ging drinnen ein Lautsprecher los, dessen helles Pfeifen langsam absank und endlich ganz aufhörte. Eine Stimme bellte los, nicht zu verstehen, wie die meisten Lautsprecherstimmen, der Mann antwortete wohl am Mikrofon und dann war Schluss.
Wenig später ging die Brettertür auf, und der Funker kam mit seiner Lampe heraus und ging zu den Häusern hinüber.
»Das war eine kurze Sendung!«, dachte ich. »Aber was macht der Bursche da vorn?«
Er hatte sich wieder niedergebeugt und hantierte am Boden. Interessiert bewegte ich mich möglichst leise auf ihn zu, ich sah für einen Moment ein Stück Draht im ungewissen Licht aufschimmern, und dann trat ich auf den unvermeidlichen losen Stein und…
Er war wie der Blitz hoch, sah mich, und dann sprang er mich auch schon an wie eine Katze.
Ich empfing ihn, etwas überrascht, mit einem linken Haken, der wirkungslos verpuffte. Dafür versetzte er mir eins gegen die Schulter, dass ich ins Taumeln kam. Er schlug mit der anderen Faust nach und erwischte mich am Kopf… das konnte heiter werden! Während mir die Sterne vor den Augen flimmerten, unterlief ich seine Arme, die wie Windmühlenflügel auf mich eindroschen, bekam ihn um die Hüften zu fassen und hatte ihn im nächsten Augenblick niedergeworfen. Dennoch gab er sich nicht geschlagen; er musste von einer verzweifelten Wut besessen
Weitere Kostenlose Bücher