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0066 - Ich folgte dem roten Wagen

0066 - Ich folgte dem roten Wagen

Titel: 0066 - Ich folgte dem roten Wagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich folgte dem roten Wagen
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herum und zwang ihn zum Laufen. In die Richtung, aus der der Schrei gekommen war. Wir hörten das irrsinnige Gebrüll eines Mannes, der nicht mehr Herr seiner Sinne ist.
    Wir bogen um einige Felsblöcke und dann sahen wir es.
    Averson kniete vor der Leiche eines ungefähr sechsjährigen Jungen.
    Seine Gesichtszüge waren verzerrt. Er schrie wie ein Wahnsinniger unverständliche Laute. Auf einmal sprang er auf und riss seine Pistole, die ich ihm wiedergegeben hatte, aus der Jackentasche, entsicherte sie und hob sie an seinen Kopf.
    Ich ließ den Gangster, los und schnellte mich mit einem Satz auf Averson. Ein Hieb mit der gestreckten Handkante schlug ihm die Waffe aus der Hand. Ein anderer Schlag mit der geballten Faust traf ihn genau an der Kinnspitze.
    Ich fing ihn auf, als er zusammensackte. Neben seinem toten Kind ließ ich ihn zuerst einmal liegen.
    Als ich mich umdrehte - es hatte alles nicht länger als zwei oder drei Sekunden gedauert -, fing der Gangster gerade an zu laufen.
    Ich war auf einmal kalt wie ein Eisblock. Ich zog meine Dienstpistole, legte an und zielte kurz.
    Knapp zwei Yards vor seinen Füßen spritzte die Kugel in den Sand und jagte eine kleine Fontäne hoch.
    »Der nächste Schuss sitzt woanders«, sagte ich mit normaler Stimme, aber sie drang doch deutlich durch die Stille, die hier in dieser Einöde herrschte.
    Der Gangster blieb stehen. Zögernd reckte er die Arme in den Himmel und kam zurück.
    Ich kümmerte mich ein paar Sekunden lang nicht um ihn. Ich wusste, dass er es nicht noch einmal wagen würde, auszureißen. Und er wusste, dass ich beim nächsten Mal treffen würde…
    Ich kniete nieder und betrachtete den Jungen. Sein Gesicht war bereits von der wächsernen Blässe des Todes gezeichnet. Ein paar Sommersprossen standen vereinzelt auf der kecken Nase. Die Augen waren noch offen. Aber sie waren starr und ohne jeden Glanz.
    Ich drehte mich wieder um. Meine Stimme klang mir selbst fremd, als ich heiser erklärte: »Du trägst den Mann. Ich nehme das Kind.«
    Der Gangster gehorchte. Sein Gesicht war so blass wie das des toten Kindes. Wir trugen die beiden Aversons schwitzend den Hang hinab. Als wir fast unten waren, kam der Vater wieder zu sich und konnte selbst weiterklettern.
    Auf der Straße angekommen, sah ich mich gründlich um. Der Gangster war entweder ganz zu Fuß gekommen oder, was wahrscheinlicher war, von seinen Komplizen mit einem Wagen gebracht und unterhalb der Felsen abgesetzt worden.
    »Mr. Averson«, sagte ich. »Es tut mir leid, dass ich Sie jetzt nicht in Ruhe lassen kann, aber Sie müssen mit Ihrem Jungen mit nach Louisville kommen.«
    Er schüttelte stumm den Kopf, während er mir sein Kind abnahm.
    Ich redete ihm zu. Er blieb bei seinem schweigenden Kopfschütteln.
    »Okay«, brummte ich schließlich. »Wenn wir die nächste Kinderleiche finden, werde ich den Eltern sagen, dass wir es leider nicht vermeiden konnten, weil ein gewisser Averson nicht daran dachte, dass es noch andere Kinder gibt. Wie Sie wollen.«
    Ich tat, als wollte ich mich abwenden. Aber plötzlich sprach Averson wieder. Seine Stimme war zitterig und klanglos: »Gut. Ich komme mit. Gut. Los.«
    Er stieg in seinen Wagen. Ich befahl dem Gangster, in meinen Mercury zu steigen. Ich setzte mich selbst ans Steuer. Vorher band ich ihm mit seiner Krawatte die Hände zusammen.
    Morgens gegen sechs erschien ich mit meinen Begleitern im FBI-Gebäude. Ich ließ Billy telefonisch herbeirufen und befahl, den Arzt der Mordkommission ebenfalls zu alarmieren. Ein Kollege vom Nachtbereitschaftsdienst erbot sich, in eine Kellerkneipe zu fahren, die bis morgens sieben Uhr geöffnet hatte, und dort eine Flasche Whisky zu besorgen. Ich war der Meinung, dass Averson einen tüchtigen Schluck brauchen konnte.
    Ich erkundigte mich, ob es hier einen Vernehmungsraum gab. Es gab ihn.
    Ich ließ ihn herrichten. Der Gangster hockte inzwischen mit kreidebleichem Gesicht auf einer Bank im Flur und stierte unentwegt auf seine Fußspitzen. Zwei Kollegen bewachten ihn.
    Billy kam nach ungefähr zwanzig Minuten. Ich erzählte ihm kurz, was geschehen war.
    »Unterhalten Sie sich mit Mr. Averson«, schlug ich vor. »Ich nehme mir den Burschen vor, den ich bei der Tanne erwischte.«
    »Okay, Jerry.«
    Ich hatte den Kerl schon in den Vernehmungsraum bringen lassen. Bevor ich ebenfalls das kahle Zimmer aufsuchte, in dem es nur zwei Stühle, eine Lampe, einen alten Schreibtisch und ein Tonbandgerät gab, ging ich in die FBI-Kantine, wo

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