0067 - Die Teufelssekte
stand in einem krassen Gegensatz zum kalten Weiß des Marmors. Licht fiel von oben her auf die Bühne. Es waren zwei Spotlights, die ihre Strahlen auf ein makabres Ziel warfen.
Auf einen gläsernen Sarg!
Er stand etwas erhöht auf einem Steinvorsprung und war nicht leer. Auf der mit schwarzem Samt ausgeschlagenen Fläche lag eine Frau.
Asmodina?
Glenda Perkins wollte es genau wissen, und sie fragte ihre Freundin danach.
Donna gab keine Antwort. Wie auch die anderen Frauen starrte sie fasziniert auf den Sarg aus Glas.
Minutenlang herrschte eine fast absolute Stille. Selbst die Atmung der Anwesenden war auf ein Minimum beschränkt.
Langsam hielt das Grauen Einzug…
Dann Schritte!
Rechts und links der Bühne klangen sie auf, und im nächsten Augenblick betraten zwei kahlköpfige Diener in hellroten Anzügen die Bühne. Jeder von ihnen hielt eine Kerze in der Hand. Sie steckten in goldfarbenen Ständern und waren so schwarz wie das Gefieder eines Raben. Die Männer bauten jeweils am Kopf- und am Fußende des Sargs die Kerzen auf. Dann zündeten sie die Dochte an.
Die Flamme fand sofort Nahrung, züngelte hoch und wurde groß wie eine Hand. Sie brannte ohne zu flackern, und nicht einmal ein Rußstreifen stieg zur Decke.
Ebenso schweigend wie sie gekommen waren, zogen sich die Männer wieder zurück.
Die Frau in dem Sarg blieb allein auf der Bühne.
Auch Glenda hatte der Anblick fasziniert. Sie war davon regelrecht gefangen genommen worden, und sie spürte die Aura, die von dieser im Sarg liegenden Frau ausging.
War sie wirklich die Tochter des Teufels – war sie Asmodina? Diese Frage quälte Glenda Perkins sehr, und vor allen Dingen wurde sie hier durch ihren Besuch in eine Rolle hineingedrängt, die ihr eigentlich von Natur aus zuwider war.
Glenda hatte überhaupt kein Interesse daran, Kontakt mit den Mächten der Finsternis aufzunehmen. Im Gegenteil, sie wollte sie bekämpfen. Schon einmal hatte sie erlebt, wie grausam und unmenschlich diese anderen sein konnten. [4]
Damals, in Schottland…
Aber dort hatte sie ihre Sinne noch beisammen, da waren sie noch nicht von den Einflüssen des Bösen vernebelt gewesen. Doch nun hatte jemand anderes die Kontrolle über sie.
Das Böse war wie ein schleichendes Gift…
Die Frauen hoben die Köpfe. Bleich schimmerten ihre Gesichter, nur in den Augen leuchtete ein fanatischer Glanz.
Ruth begann.
»A-s-m-o-d-i-n-a!« sprach sie. Und immer wieder. »Asmodina, Asmodina…«
Ihre Stimme steigerte sich, wurde lauter, bis der Name der Teufelstochter von den kahlen Marmorwänden schaurig wiederhallte.
Sie wurde gerufen.
Sie sollte kommen.
Glenda Perkins merkte kaum, daß auch sie in den Chor der anderen, die plötzlich mitriefen, eingefallen war. Auch sie rief flehend den Namen der Höllentochter. Ihre Stimme wurde lauter immer lauter, sie steigerte sich zu einem schrillen Diskant, kippte über…
Ein mehrstimmiger Aufschrei.
Die Frauen brachen zusammen.
Sie hatten sich in den letzten Minuten in einer euphorischen Trance befunden, die jetzt ihren Tribut verlangte.
Die Dienerinnen kippten einfach nach vorn.
Auf dem kalten Marmor blieben sie wie tot liegen.
Auch Glenda Perkins. Ihr war es nicht anders ergangen, als den übrigen Frauen. Glenda schnappte keuchend nach Luft. Ihre Lungen pumpten, und nur allmählich wich die Erschöpfung. Das Blut rauschte nicht mehr so in den Ohren, und sie hörte, daß Donna Summers neben ihr Worte murmelte.
Sie sprach sie abgehackt, und sie flehte zum Teufel, sie endlich zu erhören.
Es war schlimm.
Sehr schlimm für Glenda, die dem Teufelskreis nicht mehr entrinnen konnte.
Die Zeit verstrich, während sich die Frau in dem gläsernen Sarg nicht ein einziges Mal gerührt hatte. Sie lag dort bewegungslos und hatte die Arme parallel zu ihrem Körper gestreckt.
In dieser Haltung erinnerte sie an eine Tote.
Die Frauen hatten sich wieder beruhigt. Wie auf ein geheimes Kommando hin richtete sie sich auf, hoben die Oberkörper, knieten sich hin, verharrten sekundenlang in dieser Stellung und schritten dann langsam und bedächtig auf die Bühne zu.
Sie gingen hintereinander. Die links außen stehende Frau machte den Anfang, die anderen reihten sich ein.
Glenda ging als vorletzte. Hinter ihr schritt Donna Summers.
»Du mußt genau das tun, was die anderen auch machen«, wisperte sie Glenda ins Ohr. »Es darf kein Fehler passieren. Denn heute ist es soweit. Wir werden sie zu sehen bekommen.«
»Dann ist die Frau in dem
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