0067 - Die Teufelssekte
auch nicht leisten, dafür hatte Glenda einfach zu viel gesehen.
Und sie sah noch mehr.
Asmodina kam!
Ein vielstimmiger Schrei aus zahlreichen Kehlen brandete gegen die weiße Decke des Mausoleums, als sich aus der Flammenhölle ein Gesicht schälte.
Ein Frauengesicht?
Ja – aber…
Glenda hielt den Atem an. Sie verkrampfte die Hände. Spitz stachen sie Nägel in ihr Fleisch. Die Wangenmuskeln zuckten, während sich die Haut hart über ihre Knochen spannte.
Das Gesicht gehörte zwar einer Frau, aber auch dem Teufel!
Dort, wo es erschien, wichen die Flammen zurück. Die feurigen Zungen bildeten einen freien Platz, damit jede der Frauen das Gesicht ansehen konnte.
Es war von einer abstoßend faszinierenden Schönheit.
Ein Kranz brandroter, wilder, schlangenartiger Haare umwucherte den Kopf und erinnerte im ersten Moment an Medusa, die Dämonin aus dem Altertum. Wie ein Dreieck lief das Gesicht zum Kinn hin zu, so daß die Stirn noch breiter wirkte.
Und auf ihr wuchsen zwei Hörner.
Darunter grüne sprühende Augen, der Mund voll und weich, aber doch zynisch verzogen. Die Nase war schmal und gerade. Sie hatte die klassische Form.
Der Teufel wußte genau, was er modellierte.
Und er war im Hintergrund schwach zu sehen. Die bocksbeinige Gestalt und das Ziegenbockgesicht.
Glenda Perkins war wie vor den Kopf geschlagen. Sie hatte Angst, höllische Angst. Um nicht zu schreien, hielt sie die linke Faust gegen den Mund gepreßt. In ihren Augen flackerte es. Sie wagte kaum zu atmen und bemerkte es selbst nicht, daß sie immer weiter zurück ging. Der Instinkt, der Wille zum Überleben, hatte sie weiter getrieben.
Die anderen Frauen waren fasziniert und hingerissen. Es achtete niemand mehr auf Glenda Perkins. Sie alle hatten nur Augen für das makabre Bild.
Und nur im Unterbewußtsein vernahm Glenda Perkins die Stimme der Teufelstochter.
In ihr lag all die Verachtung, die sie für die Menschheit empfand. Asmodina war eine Ausgeburt der Hölle.
»Die Welt wird mir gehören!« schrie sie. »Ich werde die Herrscherin sein, und niemand kann mich aufhalten. Noch ist es nicht soweit, noch habe ich nicht die Kraft, aber in einigen Monaten werde ich soweit sein, daß ich die Welt unterjochen kann. Und auch Leute wie John Sinclair oder Professor Zamorra werden mich nicht aufhalten. Ich zertrete sie. Ich – Asmodina, die Tochter des Teufels!«
Glenda schüttelte den Kopf. Sie begriff nicht, sie konnte nicht begreifen. Glenda dachte normal, menschlich, sie konnte diese Teufelin nicht verstehen.
Aber Glenda Perkins wußte, welche Gefahren auf die Welt zukamen. Und sie hatte den Namen John Sinclair gehört. Jetzt war ihr klar, daß auch er irgendwann mit dieser Asmodina zusammentreffen würde.
Glenda schluchzte auf.
Plötzlich füllten sich ihre Augen mit Tränen. Sie zitterte vor panischer Angst am gesamten Körper und spürte kaum, daß sie mit dem Rücken gegen die Tür stieß.
Asmodina sprach weiter, die anderen hörten ihr zu. Sie waren gebannt worden von diesen grausamen und haßerfüllt ausgestoßenen Worten.
Erst als Glenda zum zweitenmal gegen die Tür stieß, wurde ihr bewußt, wo sie war.
Sie drehte sich um.
Glenda hatte beim Eintritt nicht gesehen, daß hinter ihr abgeschlossen worden war. Die Mitglieder der Teufelssekte fühlten sich verdammt sicher.
Das war ihre Chance!
Glendas Hand fiel nach unten, traf die Klinke, drückte sie und zog mit einem Ruck die Tür auf. Das Quietschen der Angeln ging im Geschrei der Teufelstochter unter.
Glenda schlüpfte durch den Spalt.
Sofort zog sie die Tür hinter sich zu. Wie eine Betrunkene wankte sie durch den Vorraum auf den Ausgang zu. In ihrem Kopf wirbelten die Gedanken. Sie wurden untermalt von einem dumpfen Brausen. Das Blut pulsierte durch die Adern. Glenda schnappte nach Luft. Das Erlebnis hatte sie schwer geschockt.
Selbst hier draußen vernahm sie noch die gellende Stimme der Teufelstochter. Sie war sicher, daß sie dieses Organ nie in ihrem Leben vergessen würde.
Der Ausgang!
Auch hier war nicht abgeschlossen.
Glenda riß die Tür auf.
Frischere Luft fächerte in ihr erhitztes Gesicht. Es war inzwischen dunkel geworden. Der alte Friedhof sah aus wie eine schaurige Kulisse aus einem Gruselfilm. Ein Teil des Kirchturms schaute über die Bäume hinweg. Er erinnerte Glenda Perkins daran, daß es noch ein Gegengewicht in der Welt gab.
Das Gute war vorhanden!
Aber wie nah lagen Gut und Böse doch zusammen. Dort die Kirche, auf der anderen Seite
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