0069 - Im Halbraum lauert der Tod
Rhodan, „die Probleme, die mit dem Verschwinden von Wanderer zusammenhängen, sind wenig anschaulich und für diejenigen von Ihnen, die noch keine Gelegenheit hatten, sich mit der Theorie der verschiedenen Eigenzeiten zu befassen, unverständlich. Trotzdem dürfen wir etwa mit Erklärungen keine Zeit verlieren.
Wanderer hat eine fremde Zeitebene passiert. Die Druuf haben ihn eingefangen, aber Ihm, dem unbegreiflichen Herrn der Kunstwelt, ist es gelungen, den Druuf ein Schnippchen zu schlagen. An einer anderen Stelle verließ er mitsamt seinem Planeten die Druuf-Ebene wieder.
Offenbar ist ihm dieser Trick nicht ganz geglückt. Irgend etwas Eigenartiges ist mit Wanderer geschehen, als er die fremde Zeitebene verließ. Er existiert nicht in unserem Raum. Vielleicht hat er einen dünnen Zipfel der fremden Eigenzeit mit sich gezogen, vielleicht hat er um sich herum eine Zone räumlicher Instabilität geschaffen. Wir wissen es nicht. Wir müssen probieren. Sie sehen hier eines jener Linsensysteme aufgebaut, mit deren Hilfe es uns bisher ein paarmal gelungen ist, in die fremde Zeitebene einzudringen."
Er wies auf ein kleines, kastenförmiges Gerät, das vor ihm auf dem Tisch stand, und auf zwei milchig schimmernde Lichtkreise, die reglos in der Luft schwebten, den unteren Rand nur wenige Zentimeter über dem Boden. „Leutnant Rous", fuhr er dann fort, „hat sich bereit erklärt, den Schritt zu wagen. Bislang können wir nur hoffen, daß es ihm gelingen wird, Wanderer auf diesem Wege zu erreichen."
Marcel Rous trat nach vorn. Er trug eine Raumkombination und hatte den Helm bereits geschlossen. Er wußte nicht, wo er herauskommen würde. Man sah ihm an, daß er sich unbehaglich fühlte. Das Linsensystem, auch Spiegelfeld genannt, schuf eine Brücke zwischen zwei Zeitebenen an solchen Stellen, an denen eine Überschneidung zweier Eigenzeiten gerade stattfand oder irgendwann zuvor stattgefunden hatte. Wenn Wanderer wirklich einen Zipfel der fremden Eigenzeit mit sich gezogen hatte und sich in der Nähe befand, dann würde Rous verschwinden, sobald er den ersten Lichtkreis durchschritt, und auf Wanderer wieder auftauchen. Wenn nicht - nun, niemand hatte bisher erlebt, wie sich das Spiegelfeld auswirkte, wenn dahinter keine fremde Zeitebene wartete.
Rous griff ein letztes Mal nach der Waffe, die er an der Seite trug. Dann salutierte er knapp und trat durch den Lichtkreis. Einen Augenblick lang hatte Rhodan den Eindruck, er würde verschwinden, aber dann sah er zunächst ein Bein, dann das andere und schließlich den ganzen Leutnant wieder zum Vorschein kommen.
Der Versuch war mißglückt. Rhodans erste Idee hatte sich als falsch erwiesen. Rous war verblüfft; man sah es durch die Helmscheibe an seinem Gesicht.
Jemand fing an zu lachen. Ein anderer stimmte ein, und schließlich löste sich die fast unerträgliche Spannung, die alle bisher im Bann gehalten hatte, in dröhnendem Gelächter. Selbst Rous stimmte ein, man konnte es über die Außenlautsprecher des Helmes hören.
Rhodan war der einzige, den die allgemeine Heiterkeit nicht mitriß. Er sah auf den Kalender. Es war der 24. April, kurz nach zwei Uhr morgens. Es blieben ihm noch knapp einhundertundneunzig Stunden, um herauszufinden, was mit Wanderer geschehen war, und das Physiotron zu betreten, jenes Gerät, das die Zelldusche bewirkte. Für Rhodan gab es keinen Grund zum Lachen. Er erinnerte sich an die zweite Idee, die er gehabt hatte. Wanderer bewegte sich nicht mehr in der fremden Zeitebene. Er unterlag derselben Eigenzeit wie die DRUSUS, die Erde und die Milliarden von Sternen, die sich auf den Bildschirmen zeigten. Wenn er mit Hilfe des Spiegelfeldes nicht erreicht werden konnte, dann war vielleicht jemand anders in der Lage, ihn mit Hilfe seiner angeborenen Kräfte zu finden und zu betreten. Die Mutanten mußten ans Werk!
*
Ras Tschubai wußte, was man von ihm verlangte. Er war bisher noch vor keinem Einsatz zurückgeschreckt, aber diesmal hatte er Angst.
Perry Rhodan hatte ihm freigestellt, ob er den Sprung wagen wollte oder nicht. Er hatte ihm die Lage geschildert und offen zugegeben, daß die paramechanische Theorie, soweit es eine solche gab, nicht in der Lage war, Voraussagen über Erfolg oder Nichterfolg des beabsichtigten Sprunges zu machen.
Niemand wußte, was geschehen würde, wenn Ras Tschubai, der hochgewachsene Afrikaner, seine Geisteskräfte mobilisierte und mit einem Teleportationssprung Wanderer zu erreichen versuchte.
Trotzdem
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