007 - Die Nacht mit dem Teufel
Die letzten zwei Häuserblocks bis zum Römer wollte er zu Fuß zurücklegen und dort schon eine Kleinigkeit trinken, während er wartete; das war besser als auf und ab zu laufen. Vielleicht half ihm der Alkohol auch gegen die Schmerzen.
Er schritt rasch aus und hatte das Restaurant beinahe erreicht, als er Bonita erblickte. Wie aus heiterem Himmel stand sie plötzlich vor ihm. Einen Augenblick dachte er daran, ihr auszuweichen und sich in einem Haustor zu verstecken, bis sie wieder fort war, aber dazu hatte er keine Gelegenheit mehr.
Sie sah ihn sofort und eilte ihm erfreut und überrascht entgegen. Er musste einfach stehen bleiben und auf sie warten, obwohl er nur noch wenige Schritte vom Römer entfernt war.
„Andy, mein Schatz, ich wusste ja gar nicht, dass du heute ausgehst“, sagte sie und gab ihm einen Kuss. „Nein, so eine Überraschung!“
„Ich wollte nur mal an die Luft“, schwindelte er, denn von Line wollte er nichts sagen. „Außerdem möchte ich ein paar Besorgungen machen.“
„Du unartiger Junge!“ tadelte sie ihn. „Täglich frage ich dich, ob ich dir etwas mitbringen kann, damit du dir die Mühe ersparst, das Haus zu verlassen. Und jetzt bist du trotzdem ausgegangen und verschwendest deine kostbare Zeit mit Dingen, die ich leicht für dich hätte erledigen können.“
„So kostbar ist meine Zeit gar nicht. Und außerdem macht es mir Spaß, einzukaufen.“
„Ja, ich weiß, manche Leute tun das gern. Wollen wir nicht etwas essen?“
Sie sah zum Restaurant hin.
„Eigentlich …“
Der Schmerz durchzuckte ihn so unbarmherzig, dass er den Satz nicht beenden und ihr auch nicht sagen konnte, dass er bereits zum Essen verabredet war. Er taumelte und verzerrte das Gesicht.
„Bist du krank, Andy?“ fragte sie erschrocken.
„Das nicht.“
Die nächste Welle krallte sich in seinem Kopf fest.
„Es sind nur diese dummen Kopfschmerzen.“
„Aber dann bringe ich dich sofort nach Hause! Zwei Pillen und eine gute Massage, und du bist wieder kuriert.“
Nochmals setzte er zu einer Erklärung an, aber die Worte blieben ihm in der Kehle stecken. Ihre Blicke kreuzten sich. Er hatte das Gefühl, in den Abgrund ihrer schwarzen Augen zu stürzen. Und plötzlich wusste er, dass sie recht hatte. Die Pillen und ihre Massage würden ihn von den rasenden Schmerzen befreien. Flüchtig dachte er an Line, aber den konnte er später immer noch anrufen, wenn die Schmerzen gelindert waren. Im Augenblick war er ohnehin nicht in der Verfassung für Gespräche, also war es sinnlos, die Verabredung einzuhalten.
„Komm, Lieber“, schnurrte Bonita.
Sie hakte sich bei ihm unter, steuerte ihn am Römer vorbei und führte ihn fort.
Line traf zu seiner Verabredung mit Andy vor der vereinbarten Zeit ein. Er betrat den kleinen, aber eleganten Speisesaal, wählte einen Platz neben einem der kleinen Giebelfenster mit Blick auf die Straße und bestellte einen Wodka mit Eis.
Das Kreuz hing schwer an seinem Hals. Es erinnerte ihn dauernd daran, dass hier mehr auf dem Spiel stand als seine Liebe zu Andy.
Der Wodka wurde gebracht. Er trank ihn langsam und bemühte sich, seine Ungeduld zu bekämpfen. Immer wieder blickte er auf die Straße, dann wieder auf die Uhr und dann erneut auf die Straße.
Endlich gewahrte er Andy. Sein Herzschlag stockte. Er schluckte an dem Klumpen, der in seiner Kehle steckte.
Andy hatte den Eingang des Restaurants jetzt fast erreicht. Den ganzen Vormittag und beinahe auch den ganzen Vortag über hatte Line sich zurechtgelegt, wie er sich benehmen und was er sagen wollte, aber nun, da er ihn auf sich zukommen sah, war sein Kopf wie ausgebrannt, und alle klugen Worte waren ihm entfallen.
Er verfolgte jede Bewegung Andys. Irgendetwas schien den Jungen plötzlich zu beunruhigen. Deutlich sah Line, wie sich Andys hübsches Gesicht schlagartig veränderte. Er war vor dem Eingang stehen geblieben und starrte mit weit aufgerissenen Augen in eine Richtung, und im nächsten Augenblick trat Bonita Devlon zu ihm.
Line war wütend und enttäuscht. Ärgerlich beobachtete er, wie die beiden miteinander sprachen. Er nahm an, dass Bonita Andy zum Essen begleiten würde und beschloss, sich etwas einfallen zu lassen, um sie wenigstens für wenige Augenblicke loszuwerden. Wie er das allerdings anstellen sollte, war ihm noch unklar.
Auf die Idee, die beiden könnten weitergehen ohne einzukehren, wäre er nicht gekommen. Genau das geschah aber.
Als er aufsprang, hätte er beinahe den Stuhl
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