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0072 - Die Ruine des Hexers

0072 - Die Ruine des Hexers

Titel: 0072 - Die Ruine des Hexers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Appel
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Kenntnisse der Weißen und – theoretisch – auch der Schwarzen Magie, des rechten und des linken Pfades. Er konnte die Zeitspanne in etwa abschätzen.
    Bis sie um war, wenn er jetzt gleich begann, würden ein paar Stunden vergehen. In dieser Zeit aber hatte Romain Rollands Geist längst von der schwarzen Kapelle Besitz ergriffen und war mit der Ruine, in die er fuhr, ins Jenseits entwichen.
    So wie er Menschen in Zamorras Gegenwart, dem Jahr 1977, töten mußte, um Personen in der Vergangenheit, 1776, zu treffen und zu vernichten, mußte auch ihm in der Gegenwart zuleibe gerückt werden. Es war eine magische Aufgabe, die Zamorra mit kurzem Denkprozeß löste.
    Die alte Antoinette irrte, wenn sie annahm, daß das Verbrennen des Leichnams zusammen mit der Wunderwurzel jetzt noch etwas fruchtete. Aber es stimmte wohl, daß eine Alraune das magische Mittel gegen Romain Rolland war, der Talisman, der ihn vernichten konnte.
    So wie der Pflock den Vampir oder die Silberkugel den Werwolf.
    Zamorra atmete tief auf. Er hatte die Lösung eines komplizierten Falles gefunden. Die Reise in die Vergangenheit hatte ihm die Informationen verschafft, die er im 20. Jahrhundert nicht hätte bekommen können.
    Es war günstig, daß er die bucklige Antoinette so schnell getroffen hatte. Doch das hätte unter Umständen auch später geschehen können, da Jean Roux ohne die Schläge, die er von Zamorra erhielt, nicht den Haß aufgebracht hätte, um die Alte gleich lynchen zu wollen. Oder sie hätte vielleicht flüchten und sich verstecken können.
    Zamorras Scheitern war natürlich auch nicht ausgeschlossen. Der Möglichkeiten gab es viele, aber nur eine davon wurde zur Wirklichkeit. Und was geschehen war, das ließ sich nicht mehr ändern.
    Zamorra erkannte, daß auch die Magie kein Zeitparadoxon hervorrufen konnte.
    »Ich brauche die Alraune«, sagte er zu der alten Antoinette. »Du bekommst meine ganze Börse dafür.«
    Die Alte war einverstanden. Sie humpelte an ihrem Stock in die Ecke und hob eine Steinplatte hoch. Darunter zog sie ein Wachstuch hervor, und diesem entnahm sie die Alraune.
    »Ich wußte schon immer, daß meine Alraune mir einmal einen reichen Schatz bescheren würde«, sagte sie. »Was wollt ihr jetzt machen, Magister Zamorra?«
    »Ich will Romain Rolland vernichten, auf meine Weise. Das Verbrennen der Leiche zusammen mit der Alraune genügt jetzt nämlich nicht mehr. Ich muß zur schwarzen Kapelle, gleich ob sie niedergebrannt ist oder nicht. Dort will ich Romain Rollands Geist beschwö- ren und ihn dann mit einem mächtigen magischen Amulett, über das ich verfüge, vernichten.«
    Zamorra gab keine weiteren Erklärungen ab. Sollten die alte Antoinette, Jean Roux und die anderen glauben, er sei gescheitert, wenn er mit Nicole Duval spurlos verschwand. Vier Todesopfer im Jahre 1776 waren nicht zu vermeiden.
    Doch dann würde der Spuk vorbei sein. Ob die Menschen des Jahres 1776 glaubten, er habe von selbst geendet, oder ob sie Zamorra ein Verdienst daran zuschrieben, war ihm gleich. Von seinem Wirken im 18. Jahrhundert war jedenfalls nichts an spätere Generationen überliefert worden, und das war Zamorra recht.
    ***
    Nachdem Zamorra der buckligen Alten seine Börse gegeben hatte, verließ er mit Nicole die schäbige Hütte am Waldrand. Er hatte sich von der alten Antoinette den Weg zur Satanskapelle beschreiben lassen. Zamorra und Nicole marschierten rasch durch den finsteren Wald.
    Bald schon hörten sie Schüsse in der Ferne. Feuerschein rötete den Himmel. Es ging bereits auf Mitternacht zu. Zamorra und Nicole wußten, daß jetzt in der Kapelle ihr zweites Ich um sein Leben bangte.
    Sie liefen schneller, und bald waren sie in Schweiß gebadet. Zamorra hatte die kostbare Alraunenwurzel in der Tasche stecken.
    Sein magisches Amulett trug er auf der Brust.
    Menschen kamen Zamorra und Nicole entgegengerannt, flüchteten in panischer Angst.
    »Ein Gespenst!« schrien sie. »Ein Dämon, ein riesiges Ungeheuer! Rette sich, wer kann!«
    Die Männer und Frauen rannten Zamorra und Nicole fast um. Sie mußten ihnen ausweichen, und dann ereichten sie endlich die Lichtung, auf der die lichterloh brennende schwarze Kapelle stand. Zamorra spürte ein Prickeln auf der Brust und so etwas wie schwache elektrische Impulse, die von dem Amulett ausgingen.
    Nur ein paar Männer standen noch am Rand der vom flackernden Feuerschein erhellten Lichtung. Rote Reflexe zuckten über ihre Gesichter. Zamorra sah Jean Roux. In den Flammen des

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