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0072 - Die Ruine des Hexers

0072 - Die Ruine des Hexers

Titel: 0072 - Die Ruine des Hexers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Appel
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und er lächelte nur böse, wenn die Rede auf seine Hinrichtung kam.
    Die alte Antoinette erzählte monoton, ab und zu von einer Zwischenfrage Zamorras unterbrochen. Sie streichelte die dicke, schnurrende Katze, die auf dem linken Auge blind war.
    Romain Rolland war also anfangs nur ein Amateurhexer gewesen, überlegte sich Zamorra. Er hatte die Schwarze Kunst gebraucht, um seine niederen Triebe zu befriedigen. Aber dann war er immer mehr in die Abhängigkeit der Mächte der Finsternis geraten. Gewiß hatte Rolland sich magische Fähigkeiten angeeignet und auch übernatürliche Kräfte gewonnen.
    Doch zu einem dämonischen Wesen wurde der Hexer erst, als der Tod seinem menschlichen Dasein ein Ende setzte. Sein Geist war ausgefahren, und er würde sich bald in der schwarzen Kapelle einnisten. Und damit nahm das Unheil seinen Lauf.
    »Du hast gesagt, du weißt Mittel, um Romain Rollands bösen Zauber zu vernichten«, sagte Zamorra zu der alten Antoinette. »Welche sind das?«
    Die Alte richtete ihre schwarzen Knopfaugen auf Zamorra. Sie deutete mit dem gichtigen Zeigefinger auf ihn.
    »Ihr seid nicht nur zufällig hier in Angers«, sagte sie und kicherte.
    »Mit Euch stimmt etwas nicht. Seid Ihr Feinde Romain Rollands?«
    »Das sind wir«, sagte Zamorra, ohne sich weiter darüber auszulassen. Die Wahrheit wäre für die Alte viel zu phantastisch gewesen.
    »Was ist nun mit den Mitteln?«
    »Ich bin eine arme alte Frau. Mein Leben ist schwer, und zu verschenken habe ich nichts.«
    Zamorra zog seine Börse, ließ die Louisdors klimpern und öffnete den Beutel. Die Alte sah auf die im Lampenlicht schimmernden Münzen. Sie wollte in die Börse grabschen, aber Zamorra zog sie zurück.
    »Du kannst alles haben, Antoinette, wenn du mir sagst, wie ich Romain Rollands bösen Zauber vernichten kann.«
    »Ich will es dir verraten«, sagte die Alte, »aber nur, wenn du mir feierlich schwörst, mir die Börse mit allem Inhalt auch wirklich zu geben.«
    Zamorra hob die Rechte.
    »Ich schwöre bei allem, was mir heilig ist. Sprich jetzt endlich und spanne mich nicht länger auf die Folter.«
    »Es ist…«
    Ein Stein flog krachend durch das einzige Fenster der Hütte. Gebrüll aus vielen Kehlen erscholl draußen. Und dann rief die Stimme des Jean Roux:
    »Schlagt sie alle tot, die Hexe und auch die beiden Fremden, die gewiß ebenfalls Teufelsanbeter und dergleichen Verworfene sind! Dann zündet die Bande an! Anschließend werden wir die Satanskapelle im Wald verbrennen!«
    ***
    Mit einem Fluch schaute Zamorra aus dem Fenster. Er sah dunkle Gestalten, Männer mit Vorderladern, Säbeln, Mistgabeln und Dreschflegeln. Zum zweitenmal hatten es Zamorra und Nicole jetzt mit diesen Fanatikern zu tun. Und das zweite Zusammentreffen lag, zeitlich gesehen, vor dem ersten.
    »Kommt raus, ihr Gesindel!« schrien die Männer nun. »Sonst holen wir euch!«
    Die Hütte war umstellt, eine Flucht unmöglich. Zamorra zermarterte sich den Kopf auf der Suche nach einem Ausweg. Er amtete tief durch. Nur die äußerste Kaltblütigkeit konnte ihn jetzt noch retten.
    Zamorra überprüfte den mit Silberkugeln geladenen Revolver, den er in der Tasche trug, und trat aus der Hütte. Hochaufgerichtet stand er da, die Hand am Griff der Waffe in der Tasche.
    »Was wollt ihr von mir?« fragte er.
    »Du bist ein Satanist!« heulte Jean Roux. »Du, das fremde Mädchen und die alte Hexe Antoinette, ihr gehört zu dem Klüngel des Romain Rolland! Ihr müßt sterben!«
    »Du mußt verrückt sein, Jean Roux«, sagte Zamorra. »Ich bin alles andere als ein Satanist, sondern im Gegenteil ein Mann, der die Mächte des Bösen haßt und bekämpft. Romain Rolland ist nicht gestorben, sein böser Geist lebt und ist mächtiger denn je. Ich will ihn vernichten.«
    »Du lügst!«
    Jean Roux war aufgebracht, weil Zamorra ihn zuvor niedergeschlagen hatte. Er drang auf ihn ein, hob den Säbel. Zamorra zog den Revolver und richtete ihn auf Jean Roux.
    »Gib acht, Jean!« rief einer von dessen Begleitern. Etwa zwanzig waren es. »Er hat ein Terzerol!«
    Bei der schlechten Beleuchtung ließ sich nicht so genau erkennen, daß der Revolver etwas anderes war als eine der üblichen Taschenpistolen.
    »Ich bin kein Satanist«, wiederholte Zamorra. »Ich bin bereit, das Kreuz zu küssen und das Vaterunser zu sprechen. Ein Teufelsverehrer würde das nie tun. Satan würde ihn strafen für die Lästereien, den Verrat und den Frevel.«
    Der rote Jean zögerte. Doch dann siegte seine

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