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0073 - Gegen eine ganze Stadt

0073 - Gegen eine ganze Stadt

Titel: 0073 - Gegen eine ganze Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gegen eine ganze Stadt
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Kenntnisse in medizinischen Dingen beschränken sich auf das Notwendige bei einer Ersten Hilfe, während hier mit einer Ersten Hilfe überhaupt nichts mehr zu machen war.
    Phil hatte den Mann inzwischen auf den Rücken gewälzt und ihm mit seinem Taschentuch das blutverschmierte Gesicht abgewischt. Auch er rührte und regte sich nicht.
    Aber er blutete aus mehreren Stichwunden an der Seite, auf der Brust und am linken Arm.
    Besonders gefährlich schien es uns am linken Arm zu sein, wo rhythmisch ein starker Strom Blut hervorschoss.
    Wahrscheinlich die Pulsader, dachte ich. Phil drehte schon sein Taschentuch zusammen. Er wickelte es um den Oberarm. Ich suchte kurz und nahm dann einen schweren, schlanken Kerzenhalter.
    Wir schoben ihn durch das Taschentuch und verwendete ihn als Knebel. Je mehr wir drehten und so das Tuch enger um den Arm schnürten, desto spärlicher lief das Blut.
    Ich lief ins Schlafzimmer und riss von den zerfetzten Bettdecken ein paar Streifen ab. Damit eilte ich in den Laden zurück, nachdem ich mich mit einem raschen Blick davon überzeugt hatte, dass die Frau immer noch bewusstlos war.
    Wir verbanden den Mann so gut wir konnten. Dann warteten wir.
    Es vergingen zehn Minuten, ohne dass der Sheriff mit einem Arzt kam.
    Ich warf die angerauchte Zigarette weg und starrte wütend auf das Telefon, dessen Kabel man zerrissen und das man zertrümmert hatte.
    »Ich werde mich mal selbst nach einem Arzt umsehen!«, sagte ich wütend.
    »Okay, Jerry. Ich pass schon auf.«
    Gerade als ich zur Ladentür hinauswollte, kam Holder zurück.
    Er schwankte.
    Als er ins Licht des erleuchteten Ladens trat, sahen wir, dass ihm die Tränen über die ausgemergelten Wangen liefen. Er schluchzte wie ein kleines Kind.
    »Mein Gott, Sheriff«, sagte ich erschrocken, »was ist denn los?«
    Er stöhnte und ließ sich einfach flach auf den glassplitterübersäten Fußboden fallen.
    »Ich mache das nicht mehr mit«, stöhnte er. »Ich mache das nicht mehr mit! Das sind doch keine Menschen hier! Das sind doch keine Menschen!«
    Seine Stimme hatte sich gehoben und hallte gellend durch die Nacht.
    Streikten einfach seine Nerven? Ich hätte es ihm nicht verdenken können. Aber andererseits musste er als Sheriff doch auch schon einiges gewöhnt sein.
    Ich kniete neben ihm nieder und schob ihm eine brennende Zigarette zwischen die Lippen.
    »Okay, Holder«, sagte ich. »Okay, beruhigen Sie sich. Sie sind ja jetzt nicht mehr allein hier in diesem verfluchten Nest. Wir sind da, und wir bleiben da, Holder, darauf können Sie sich verlassen. Wir bleiben, bis wir dieses verdammte Nest ausgeräuchert haben.«
    Er schluckte und wischte sich die Tränen der ohnmächtigen Wut aus dem Gesicht.
    »Vier Ärzte habe ich aus dem Bett getrommelt. Als sie hörten, dass sie zu Negern kommen sollten, erklärten sie, dass sie dafür nicht zuständig wären. Für Neger wäre der Negerarzt in Heureka zuständig. Nicht sie…«
    Phil sah mich groß an. Das überstieg unser Fassungsvermögen.
    Ärzte, die nach der Hautfarbe fragten, wenn man ihnen sagte, dass Menschen in höchster Lebensgefahr sind.
    »Wo ist der nächste Doc!«, fragte ich und stand auf. »Hören Sie, Sheriff: wo wohnt von hier aus der nächste Doc?«
    »Um die Ecke und dann nach rechts. Aber ich war doch schon…«
    »Jaja, natürlich. Aber jetzt gehe ich. Und ich bringe den Doc, verlassen Sie sich darauf! Und wenn ich ihn an den Haaren herbeischleifen müsste!«
    Ich setzte mich in Trab.
    ***
    Wie jeder Arzt, war auch dieser leicht durch das Schild zu finden, das deutlich und in großer Schrift verriet, dass hier ein Mediziner seine Praxis hatte.
    Ich legte den Daumen auf den Klingelknopf und nahm ihn nicht wieder herunter.
    Das schrille Klingeln war deutlich zu hören.
    Es verging vielleicht eine Minute, da hörte ich Schritte auf dem Balkon über mir.
    »Ja doch! Ja!«, meckerte eine verschlafene Stimme. »Was ist denn los?«
    »Sind Sie der Doc?«, rief ich hinauf.
    »Ja, natürlich!«
    »Dann ziehen Sie sich rasch an, nehmen Sie Ihre Instrumente, Binden und was Sie sonst noch an Handwerkszeug brauchen und kommen Sie!«
    »Zu wem?«
    »Habe ich Sie nach Ihrem Diplom gefragt? Also fragen Sie gefälligst nicht, wer Ihre Hilfe braucht!«
    »Ich weiß schon. Sie wollen mich reinlegen. Ich soll mich um diese Neger kümmern, deretwegen der Sherriff schon anständige Leute aus dem Schlaf trommelte. No, ich denke nicht daran.«
    »Das ist Ihr letztes Wort?«
    »Mein letztes. Gute

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