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0074 - Die Geister-Braut

0074 - Die Geister-Braut

Titel: 0074 - Die Geister-Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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erkennen ließ, was in seinem Innern tobte.
    »London, ich komme«, flüsterte er…
    ***
    Madame Altari ließ sich zurücksinken. Sie hatte es geschafft. Der Geist der Toten war erschienen.
    Und er stand vor uns.
    Wir schauten ihn an. Ich spürte die Aura des Jenseitigen, die von ihm ausging, den kalten Hauch, der mein Gesicht berührte und mich das Frösteln lehrte.
    Die Frau sah schrecklich aus.
    Ihr Gesicht zeigte eine unendliche Qual. Das lange weiße Hochzeitskleid war blutverschmiert, der Kranz auf dem Kopf verrutscht. So hatte sie die Zwischenwelt durchwandert. Sie war noch nicht im Reich der Toten gelandet, sie konnte nicht, die Fesseln einer anderen Dimension hielten sie. Denn sie mußte den Menschen noch etwas mitteilen.
    Es war still, und Madame Altaris flüsternde Stimme unterbrach die Stille.
    »Fragen Sie jetzt!«
    Ich gab mir einen Ruck, räusperte mir die Kehle frei und stellte meine erste Frage: »Warum bist du zu uns zurückgekehrt? Und wie lautet dein Name?«
    Die Erscheinung antwortete. »Ich heiße Susan Erskine. Mein Mann Harry hat mich in der Hochzeitsnacht umgebracht, weil ich ihm einen Tag zuvor untreu gewesen bin.« Sie sprach mit einer hohlen Stimme, die zwar dicht bei uns war, aber aus der Unendlichkeit zu kommen schien, über Hunderttausende von Meilen hinweg. »Ich finde durch das Tor zum Jenseits keinen Einlaß. Für mich ist es geschlossen, denn ich weiß, daß Harry, mein Mann, seine Rache will.«
    »Wo ist er jetzt?«
    »Er war in einer Anstalt.«
    »Ist er ausgebrochen?«
    »Ja, wir sind zu spät gekommen… Zu spät…« Die Worte hallten schaurig nach.
    »Wo können wir ihn finden?«
    Ihr Gesicht veränderte sich. Die Qual blieb zwar, aber ich merkte, daß der Geist nachdachte, jedoch nicht mehr antworten konnte. Gebannt starrte ich die Erscheinung an. Sie quälte sich wirklich, doch die Jenseitskräfte waren stärker. Sie holten sie zurück, zogen und zerrten an im. Wieder fuhr der eisige Hauch durch das Zimmer. Er traf nicht nur uns, sondern auch die Geisterscheinung. Die Umrisse wurden durchsichtiger, verblaßten…
    »Susan!« rief ich. »Susan, bleib hier!«
    »Zu spät… das Haus ich muß hin…«
    Ein letztes, verzweifeltes Stöhnen, noch einmal ein eiskalter Hauch, dann war sie verschwunden.
    Wir waren wieder allein.
    Madame Altari war auf ihrem Stuhl zusammengesunken. Diese Seance hatte Kraft gekostet.
    Eine regelrechte Friedhofsruhe umfing uns.
    Ich schaute Jane Collins an. Ihr Gesicht glänzte schweißnaß. Mir erging es nicht besser. Diese Erscheinung hatte von einer grauenhaften Tat berichtet, die vor einem Vierteljahrhundert ihren Anfang nahm, aber noch nicht beendet war.
    Wir mußten etwas tun.
    Ich stand auf und ging zu Madame Altari. Behutsam legte ich beide Hände auf ihre Schultern. Der Körper fühlte sich kalt an. Das spürte ich durch den dünnen Stoff des Gewands.
    »Madame«, flüsterte ich, »wachen Sie auf, Madame Bitte…«
    Sie hörte nicht.
    Erst beim zweiten Versuch hob sie den Kopf. Ihr Gesicht war leichenblaß, die Augen wirkten noch dunkler.
    »Sie war da, nicht?«
    Ich nickte.
    »Was hat sie gesagt?«
    »Haben Sie das denn nicht mitbekommen?« fragte ich.
    »Nein, die Beschwörung hat zuviel Kraft gekostet. Bitte geben Sie mir einen Schluck Wasser.«
    Ich nickte Jane zu. Die Detektivin verstand. Sie stand auf und ging zu einem kleinen Tisch, auf dem eine mit Wasser gefüllte Karaffe und zwei Gläser standen. Jane Collins füllte ein Glas zur Hälfte. Sie reichte es der alten Frau, und die leerte es in einem Zug.
    »Danke«, sagte sie. Dann schaute sie uns an. »Habe ich Ihnen helfen können? Ich meine, hat der Geist Ihnen etwas gesagt?«
    Ich übernahm die Antwort. »Ja, er hat etwas gesagt. Wie mir scheint, wird ein Verbrechen vorbereitet, das wir unbedingt verhindern müssen. Sie sprach von einem Haus. Wissen Sie Näheres darüber?«
    »Nein, leider nicht. Ich habe gestern nur Bruchstücke mitbekommen. Und heute überhaupt nichts.«
    »Dann dürfen wir uns wohl verabschieden«, sagte ich und streckte meine Rechte aus.
    Wir bedankten uns noch einmal sehr herzlich für die Hilfe dieser Frau und verließen allein den Raum; Madame Altari war einfach zu schwach, um uns zu begleiten.
    Im Flur sahen wir die beiden Schwarzgelockten wieder. Sie nickten uns zu und öffneten die Tür.
    Eine andere Welt hatte uns wieder.
    Es war dunkel geworden, trotzdem lag der Widerschein zahlreicher greller Bar-Reklamen wie eine helle Wand über den Hausdächern.

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