0074 - Die Geister-Braut
frühstücken?« fragte er.
Laura schüttelte den Kopf. »Nein, danach.«
»Was hast du mit mir vor?«
»Das wirst du gleich sehen«, erwiderte Laura und wälzte sich blitzschnell herum.
Er spürte ihre Lippen auf seinem Mund, ihre Zunge, und eine wilde Leidenschaft durchströmte beide Menschen.
Da schellte es.
Peter McCurtin verzog das Gesicht. Sein Fluch war nicht druckreif. Er ließ seine Hände von Lauras Schultern gleiten und stützte sich auf.
»Laß doch«, sagte sie und zog einen Schmollmund.
Stumm schüttelte Peter den Kopf. Wenn es bei ihm klingelte, konnte es immer wichtig sein. Zumeist gab es Probleme in der Firma. Wenn so etwas eintrat, pfiff Peter McCurtin auf seinen Urlaub und fuhr ins Büro. Es war schon des öfteren vorgekommen, daß sie einen Boten vorbeischickten.
Peter zog sich hastig an. Er streifte den Slip über und griff zum Hausmantel, als es ein zweites Mal schellte.
»Entschuldige«, sagte Peter McCurtin und verließ das Schlafzimmer, während sich Laura aufsetzte und nach ihren Zigaretten griff. Wütend blies sie den Rauch über die Bettdecke.
Peter durchquerte die Diele mit den zahlreichen an den Wänden hängenden Graphiken und stand dann vor der hohen Doppeltür aus matt glänzendem Holz.
Bevor er öffnete, knotete er den Mantel noch in Höhe der Taille fest.
Dann zog er die Tür auf.
»Sie wünschen…«
Die Faust flog vor. Sie kam wie ein Hammer. Peter McCurtin wurde voll getroffen und zurückkatapultiert. Er verlor das Gleichgewicht, fiel hin und schmeckte Blut.
Mit einem dumpfen Knall flog die Tür ins Schloß.
Peter lag halb auf dem. Rücken. Diese Eskalation der Gewalt hatte ihm einen Schock versetzt. Ein Mann stand in der Diele. Breitbeinig, groß, drohend.
Er trug die Kleidung eines Gärtners und in der rechten Hand einen 45er Magnum Revolver, dessen Kugeln faustgroße Löcher rissen.
Die Mündung wies auf Peter.
Ein Einbrecher! schoß es McCurtin durch den Kopf. Am hellichten Tag. Verdammt auch.
Der Fremde kam näher. »Steh auf!« befahl er.
Etwas klickte in Peters Gehirn. Die Stimme, hatte er sie nicht schon einmal gehört?
»Hoch mit dir!«
Peter mußte sich an der Wand abstützen, um in die Senkrechte zu gelangen.
Zwei Schritte vor ihm blieb der Mann stehen. Sie schauten sich ins Gesicht.
Der Fremde verharrte kalt lächelnd und war sich seines Sieges gewiß.
Peter war jedoch mißtrauisch, suchend, dann aber plötzlich entsetzt.
Er hatte ihn erkannt. Und dieses Wissen blitzte auch in seinen Augen auf.
Harry Erskine merkte es. »Du weißt, wer ich bin?«
»Ja, verdammt.«
»Dann kannst du dir auch denken, was ich von dir will!«
Darauf gab Peter McCurtin keine Antwort. Er hatte plötzlich Angst. Todesangst…
***
Das geheimnisvolle Haus, um das sich alles drehte, lag südlich des zweiten Themsebogens. Es hatte das letzte Vierteljahrhundert ohne Schaden überstanden. Nur die Wände waren vielleicht noch um eine Idee grauer geworden, aber es blieb nicht aus, daß Wind und Wetter ihre Spuren hinterließen.
Im Innern hatten die zahlreichen Besitzer Umbauten vorgenommen. Wände wurden versetzt, neue gezogen, Fußböden gelegt und eine Treppe aus Beton errichtet. Sie war nicht mehr so steil wie die alte.
Die Umgebung zählte noch zu den Ausläufern der Flußaue. Im Sommer war hier mehr Betrieb als in den anderen Jahreszeiten. Dann sorgten wilde Camper für Stimmung, und manch einer stellte sich auch mit seinem Wohnwagen in die Nähe des Flusses.
Das Haus blieb unberührt.
Es hatte sich inzwischen herumgesprochen, daß es dort spuken sollte, und auch die Anwohner der nahegelegenen Straßenzeile hüteten sich, das Gebäude zu betreten. Liebespaare verschwanden lieber hinter den Büschen.
Natürlich hatte es sich herumgesprochen, daß es einen neuen Besitzer gab.
Einen gewissen Mr. Grimes.
Nur gesehen hatte noch niemand diesen Mann. Das war auch schlecht möglich, Grimes verachtete den Tag und liebte die Dunkelheit. In der Nacht erst ließ er sich blicken, dann kam er aus den feuchten Kellerräumen und genoß die Dunkelheit.
Grimes war ein Ghoul.
Ein widerlicher Dämon, den es in die Nähe von Toten zog, weil er dort seine Nahrung fand.
In den letzten drei Monaten war es ihm nicht gerade gut ergangen. Nach seiner Niederlage in Schottland hatte er fliehen müssen. Und selbst die Dämonen, die er aufsuchte, wollten ihm keinen Unterschlupf gewähren.
So war Grimes völlig auf sich allein gestellt.
Er hatte sich im wahrsten Sinne des Wortes
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