0078 - Die Straße zum Schafott
beigebracht hatten…«
»Ja, genau.«
»Ein Sterbender spricht gern über die Dinge, die ihn am meisten bewegen. Joe Celham dürfte, das ist ganz natürlich, über die Entführung seines Mädchens durch seinen eigenen Bruder gesprochen haben. Dann wäre es aber nur logisch, wenn er auch gesagt hätte, womit er ihre Rückkehr von seinem Bruder erzwingen wollte. Ich finde, es drängt sich einem geradezu der Gedanke auf, dass er den Reporter zum Vollstrecker seines Willens zu machen versucht hätte. Sollte man nicht annehmen, dass er sinngemäß gesagt hätte: ›Mich wollen sie beseitigen, weil ich etwas von ihnen weiß. Aber du kannst doch mein Wissen übernehmen! Das und das habe ich herausbekommen. Nutze es aus, um mein Mädchen aus den Händen dieser Verbrecher zu befreien‹ - Finden Sie das psychologisch dumm, Jerry?«
»Im Gegenteil, Mister High. Es sind genau meine eigenen Gedanken. Es ist völlig unwahrscheinlich, dass Joe Celham das einzige Mittel verschwiegen haben sollte, wovon er sich die Befreiung seines Mädchens versprechen durfte. Man muss also annehmen, dass der Reporter etwas von den Plänen der Celham-Gang wusste. Damit war er aber jetzt genauso gefährlich geworden, wie Joe Celham es vor seinem Tod für die Bande war!«
»Und deshalb musste er ebenso beseitigt werden wie Joe Celham!«, warf Phil lebhaft ein. »Und er wurde es ja auch! Damit haben wir doch ein klares Motiv. Die Celham-Gang hatte ein Motiv, Steve Ollegan umzubringen! Ganz im Gegensatz zu Corren, dem einfach kein Motiv nachzuweisen ist! Man sagt, Ollegan sei zufällig Zeuge der Ermordung Cendlys geworden, und deshalb habe ihn Corren ebenfalls erschossen. Aber ebenso gut kann Cendly Zeuge der Ermordung Ollegans durch die Celham-Gang geworden sein und deshalb von der Bande ebenfalls umgebracht worden sein! Corren aber kam dazu, als die Bande sich gerade abgesetzt hatte, und er war vor Schreck so gelähmt, dass er geistesabwesend die Mordwaffe aufhob und wie gelähmt stehen blieb, bis die Polizei erschien.«
Mister High betrachtete gründlich seine Fingerspitzen.
»Ich gebe zu«, sagte er langsam, »dass Ihre Theorie vieles für sich hat. Wenn man von Correns Geständnis absieht, haben sich jetzt tatsächlich schwerwiegende Momente eingestellt, die gegen Correns Schuld sprechen. Da er bereits…« - Mister High sah auf seine Uhr - »…in ungefähr zweiundvierzig Stunden hingerichtet werden soll, ist keine Zeit zu verlieren. Also gut, kümmern Sie sich um die Sache!«
Wir standen auf. Ich strahlte.
»Danke, Chef«, sagte ich. »Vielen Dank.«
Mister High sah uns ernst an.
»Wofür?«, fragte er zurück. »Glauben Sie, ich könnte ruhig schlafen, wenn ich mir sagen müsste, dass durch mein mangelndes Entgegenkommen vielleicht ein Unschuldiger hingerichtet wurde?«
***
Wir gingen in unser Office zurück, um uns dort erst einmal in Ruhe zu überlegen, wie wir weiter vorgehen sollten. Gerade wenn die Zeit drängt, soll man gut nachdenken, statt sinnlos überstürzt zu handeln.
»Well«, meinte Phil. »Wir müssen uns natürlich ein wenig um die Person dieses ermordeten Uhrenhändlers kümmern. Vielleicht liefert das Anhaltspunkte.«
»Gut, ja«, nickte ich. »Aber ich schlage vor, wir verschieben das auf heute Nachmittag. Zuerst sollten wir uns einmal um das verschwundene Mädchen kümmern.«
»Um Joe Celhams Freundin?«
»Ja. Im Grunde genommen war sie der Anstoß zu der ganzen Geschichte.«
»Das ist wahr«, stimmte Phil zu. »Vielleicht können wir das Mädchen finden. Dann haben wir einen Grund, Bill Celham zu verhaften, nämlich wegen Freiheitsberaubung. Wenn wir ihn richtig durch die Mangel drehen, ist vielleicht manches aus ihm herauszuholen, was auch den Fall Corren in ganz anderem Licht erscheinen lässt.«
»Möglich«, sagte ich. »Also machen wir uns auf die Socken und besuchen wir zuerst einmal die Eltern des Mädchens, um uns ein Foto von ihrer Tochter zu holen. Wir müssen wenigstens wissen, wie sie aussieht, bevor wir nach ihr suchen können.«
***
Wir standen auf und drückten unsere Zigaretten aus und wollten gerade zur Tür, als sie aufging und Mister High im Türrahmen sichtbar wurde, der einen Besucher vor sich hergehen ließ.
»Das sind Agent Cotton und Agent Decker«, stellte er uns vor. »Hier ist Mister Crian«, fuhr er zu uns gewandt fort. »Er ist Vertreter der Life Insurance Company. Ich glaube, die Sache wird Sie interessieren. Sie können alles Weitere mit diesen beiden Beamten besprechen,
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