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0078 - Im Geisterreich der Wikinger

0078 - Im Geisterreich der Wikinger

Titel: 0078 - Im Geisterreich der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Wolf Sommer
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Mann, der sehr gut wußte, was er seinem Fahrzeug zumuten konnte und was nicht. Statt der Linienführung der verschwundenen Straße zu folgen, hielt er sich weitgehend an das Meeresufer. Hier war das Gelände ziemlich eben. Die Vegetation schoß in unmittelbarer Wassernähe nicht so wild ins Kraut wie weiter vom Strand entfernt. Die langen, schmalen Blätter des Seegrases, die sich aus der See herausgearbeitet hatten, stellten den Trecker vor keinerlei Probleme.
    Das Meer war nicht mehr so ruhig wie am frühen Vormittag. Mittlerweile hatte die Sonne den Zenit überschritten und neigte sich langsam dem Westen zu. Eine frische Brise war aufgekommen und sorgte für leichten Wellengang. Hauchfeine Wasserpartikel wehten den Teilnehmern der Erkundungsfahrt ins Gesicht.
    Jean Marre, der mit seinem Bruder leicht zu verwechseln gewesen wäre, wenn er ebenfalls einen Schnauzbart getragen hätte, hob mit ernstem Gesicht den Kopf zum Himmel.
    »Das Wetter wird zusehends schlechter«, sagte er. »In zwei, drei Stunden werden wir Sturm haben.«
    Auch die anderen blickten nach oben.
    »Sieht nicht danach aus«, widersprach Lejeune. »Für mich ist das ein Klassewetter. Kaum eine Wolke zu sehen…«
    »Hier noch nicht. Aber sehen Sie dort!« Marre zeigte aufs Meer hinaus. Und tatsächlich hatte der Himmel am fernen Horizont eine unheilverkündende Graufärbung angenommen, die sich wahrscheinlich bald fortpflanzen würde.
    »Ein Grund für uns, nicht zu lange wegzubleiben«, meinte Zamorra. »Es ist bestimmt nicht angenehm, in unbekanntem Land von einem Unwetter überrascht zu werden.«
    Er beugte sich nach vorne, um Rupert Marre zu fragen, ob er nicht etwas schneller fahren konnte. Der Fischer nickte und legte noch etwas zu. Mit knapp vierzig Stundenkilometern etwa kämpften sich der Trecker und sein schaukelnder Anhänger voran.
    Bald erreichten sie die Örtlichkeit, wo eigentlich die Häuser von La Rosy stehen mußten. Marre hielt den Trecker an, und die Männer kletterten aus dem Gemüsewagen.
    Sie fanden nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, daß hier einst eine Siedlung existiert hatte. Von Sanddünen überzogenes Felsgestein zeigte sich in vollkommen jungfräulichem Zustand. Straßen, Häuser, Menschen? Nichts dergleichen.
    »Hol’s der Teufel!« knurrte der Viehhändler und stampfte mit dem Fuß auf. »Und dabei habe ich hier gestern noch meinen Wagen vollgetankt!«
    Roger Legrand lachte anzüglich auf. »Wer weiß, Lejeune, vielleicht haben Sie den Nagel genau auf den Kopf getroffen. Vielleicht hat der Teufel La Rosy geholt.«
    Während dieses kurzen Dialogs hatte Professor Zamorra eins der Ferngläser an die Augen gesetzt, die sie aus Armand Desmets Krämerladen mitgenommen hatten. Langsam, ganz langsam ließ er das Glas wandern – über das Meer, über den Strand, weiter landeinwärts…
    Col, der ebenfalls ein Fernrohr in Benutzung genommen hatte, kam ihm mit der großen Entdeckung zuvor.
    Er stieß Zamorra an. »Sehen Sie mal da, Professor«, sagte er und zeigte nach Nordwesten.
    Der Professor hielt das Glas in die angegebene Richtung, drehte an der Einstellung, um ein schärferes Bild zu bekommen.
    Und dann sah er, was Col gemeint hatte.
    Häuser!
    Sie waren noch ziemlich weit entfernt, wirkten wie Spielzeugklötzchen, aber an ihrer Identität bestand dennoch nicht der geringste Zweifel.
    Dies war eine Ansiedlung.
    »Na, Professor, was sagen Sie?«
    Zamorra blickte dem elegant gekleideten Mann in das wie immer lächelnde Gesicht.
    »Vermutlich dasselbe wie Sie«, gab er zurück. »Das sind Häuser. Und wo es Häuser gibt, da gibt es auch Menschen.«
    Col grinste. »Keine Dämonen, Professor?«
    »Vielleicht auch Dämonen!« erwiderte Zamorra.
    Inzwischen hatten die anderen vier bemerkt, daß die beiden eine Entdeckung gemacht haben. Sie traten näher.
    »Ist was?« erkundigte sich Lejeune.
    Wortlos reichte ihm der Professor das Fernglas. Erwartungsgemäß stieß der Vierschrötige einen lauten Überraschungsruf aus. Ruckartig setzte er das Glas ab.
    »Worauf warten wir noch? Fahren wir! Da wird man uns endlich sagen können, was hier gespielt wird.«
    Auch Legrand und die Gebrüder Marre informierten sich.
    »Schafft Ihr Trecker das, Rupert?« fragte der Professor den jungen Fischer.
    Marie machte ein bedenkliches Gesicht. »Weiß nicht. Das sind mindestens zehn Kilometer bis da drüben.«
    Er ging zu seinem Traktor hinüber und prüfte den Tankinhalt.
    »Wird knapp werden«, verkündete er anschließend.

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