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0078 - Im Geisterreich der Wikinger

0078 - Im Geisterreich der Wikinger

Titel: 0078 - Im Geisterreich der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Wolf Sommer
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Männer, die gebückt am Fenster kauerten und unter dem Rolladen hindurch mit Gewehren auf die Straße schossen.
    Neben den Männern saßen zwei junge Frauen auf dem Fußboden und hantierten an anderen Gewehren herum. Wenn Nicole ihre Tätigkeit richtig deutete, dann luden sie die Waffen mit Patronen.
    Im Hintergrund des Raums erkannte sie weitere Personen – Frauen und Kinder. Außerdem Jules Matteaux, den Dorfgeistlichen. Sie saßen auf dem nackten Steinfußboden, hatten die Hände gefaltet und beteten.
    »Wo sind wir hier?« fragte Nicole erstaunt.
    Ihr Retter, der gerade zum Fenster hinübereilen wollte, blieb noch einmal stehen, um ihr Auskunft zu geben.
    »Wir sind hier im Lager unseres Bürgermeisters. Sein Laden liegt gleich nebenan. Zum Glück kann man in seinem Geschäft so ziemlich alles kaufen, was es gibt. Auch Gewehre und Munition. Wenn vorhin mehr Zeit gewesen wäre, hätten wir die verdammten Wilden schon unter Feuer nehmen können, als sie sich noch auf See befanden. Aber wir holen jetzt nach, was wir nachholen können. Die dreckigen Killer kriegen Saures, daß ihnen der Hintern auf Grundeis geht. Bei der Gelegenheit – können Sie so ein Gewehrmagazin nachladen?«
    »Wenn Sie es mir kurz zeigen…«
    »Bon, kommen Sie.«
    Nicole folgte dem Fischer zum Fenster.
    »Da, sehen Sie, wie Yvonne es macht«, meinte er und zeigte mit dem Kinn auf eins der beiden Mädchen. »Gucken Sie ihr auf die Finger, dann haben Sie es schnell heraus.«
    »Ja«, sagte Nicole.
    Bevor sie sich jedoch um Gewehre und Patronen kümmerte, nutzte sie die Gelegenheit, um durch die Ritzen im Rolladen nach draußen zu blicken.
    Der junge Einheimische hatte recht gehabt. Die Mörder aus dem Norden bekamen Saures. Mehrere tote Wikinger lagen bereits auf der Straße. Und da fiel gerade wieder einer – mit einem Loch in der Stirn.
    Die Gegenattacken der Mörder verpufften erfolglos. Der Spalt unterhalb des Rolladens war gerade breit genug, um einen Gewehrlauf hindurchzustecken. Speere und Pfeile konnten hier nicht eindringen. So viele die Wikinger auch schleuderten und abschossen, sie prallten alle von den Eisenrippen des Rolladens ab. Die Belagerten konnten sich glücklich schätzen, daß Armand Desmet noch nicht auf Kunststoffrolläden umgerüstet hatte, sondern beim Althergebrachten geblieben war. Schwert und Axt konnten die Mörder nicht einsetzen, denn sie kamen gar nicht nahe genug ans Fenster heran.
    »Und wenn Sie von der rückwärtigen Seite kommen?« gab Nicole zu bedenken.
    »Nutzt ihnen nicht viel«, antwortete ihr Retter, der gerade dabei war, sein Gewehr in Anschlag zu bringen. »Hinten sitzt der Bürgermeister mit einer Büchse und paßt auf.«
    Die Antwort befriedigte Nicole sehr. Es sah tatsächlich so aus, als ob das Lager zu einer uneinnehmbaren Festung geworden war.
    Dann aber verwandelte sich ihre Befriedigung in jähes Entsetzen.
    Rein zufällig war ihr Blick auf die nach draußen gewandten Gesichter der Gewehrschützen gefallen. Eins davon kannte sie nur allzu gut.
    »Col!« keuchte sie.
    Der Mann, wieder im eleganten, tadellos sitzenden Maßanzug, drehte den Kopf zurück.
    »Ja, Mademoiselle?« lächelte er.
    Nicole wich einen Schritt zurück.
    »Sie… Sie sind ein Verräter?« Cols Lächeln hatte sich verstärkt.
    »Ein Verräter!« Nicoles Stimme wurde schrill.
    Die anderen waren jetzt aufmerksam geworden.
    »Was reden Sie denn da?« fuhr sie einer der anderen Gewehrmänner, ein Dorfbewohner, an. »Monsieur Col ist unser bester Schütze. Auf sein Konto gehen mindestens fünf von den Mordgesellen da draußen. Und überhaupt – was und wen soll er überhaupt verraten haben? Sie reden irre, Mademoiselle!«
    »Nein, nein«, widersprach Nicole heftig. »Ich habe ihn gesehen! Er ist einer von ihnen. Er ist ein Wikinger!«
    Hastig erzählte sie, was im Anschluß an ihren Autounfall geschehen war. Sie erzählte, daß sich Col über sie gebeugt hatte, daß er mit Hose und Kittel der Wikinger bekleidet gewesen war, daß er zusammen mit einem der rotbärtigen Mordbuben geplaudert und gelacht hatte.
    Niemand glaubte ihr. Ja, man zweifelte ernsthaft an ihrer Zurechnungsfähigkeit.
    »Sagen Sie, Mademoiselle, wie war das mit ihrem Unfall? Haben Sie Schmerzen? Sind Sie mit dem Kopf aufgeschlagen? Man hat das dann manchmal. Man bildet sich ein, Dinge zu sehen, die es gar nicht gibt. Das ist genauso, als ob man zu viel getrunken hat. Weiße Mäuse oder Elefanten. Lauter solche Sachen. Sie verstehen schon,

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