0078 - Thoras Opfergang
hämatologischen Abteilung der Terra-Klinik in Port Venus hatte er dem Administrator fast wortwörtlich vorgetragen. Wenn ein Mensch das Recht hatte, auch das Letzte zu wissen, dann hieß dieser eine Perry Rhodan, Thoras Mann.
Plötzlich sprach Rhodan: „Deringhouse, lassen Sie mich bitte allein. Wir sehen uns in einer Stunde bei der Lagebesprechung wieder. Ich danke Ihnen."
Kaum hatte sich die Tür hinter dem General geschlossen, als Rhodan sich mit der Sichtsprechzentrale in Verbindung setzte.
„Leiten Sie alle für mich bestimmten Gespräche zu Mr. Bull. Ich möchte nicht gestört werden."
Gray Beast, der siebte Planet des Myrthasystems, das insgesamt neunundvierzig Planeten besaß, wurde von Tag zu Tag zu einem stärkeren Stützpunkt des Solaren Imperiums ausgebaut, und Milliardenwerte waren hier schon investiert, um diese Welt zu einer waffenstarrenden Festung in der Nähe der Überlappungsfront zwischen der Einstein- und Druuf-Ebene zu machen.
Nur zweiundzwanzig Lichtjahre von der Ausfallzone entfernt, wo sich die beiden Zeitebenen überlagerten und sich immer mehr stabilisierten, betrachtete Perry Rhodan diese Welt als das wichtigste Sprungbrett für kommende Aktionen.
Im Augenblick tat er nichts anderes als warten. Die Zeit arbeitete für ihn, in der sich arkonidische Schlachtflotten fast astronomischer Größenordnungen mit Druuf-Raumern vor, in und hinter der Überlappungsfront unerbittliche Kämpfe lieferten.
Beide Parteien, dem Anschein nach gleich stark, verloren ungeheure Materialwerte, die aber stündlich durch neu herangeführte Reserven wieder aufgefüllt wurden. Weder die Arkoniden noch die Druuf sahen in ihren Verlusten bedenkliche Anzeichen, denn der eine wie der andere schöpfte aus dem vollen.
Aber in dieser Stunde, in der Perry Rhodan durch Deringhouse bestätigt bekommen hatte, was Professor Manoli ihm im letzten Gespräch auch schon zu verstehen gegeben hatte, dachte er weder an die mörderischen Raumschiffschlachten, noch an die exponierte Lage des Planeten Gray Beast.
Seine Gedanken weilten auf der Venus. Vor seinem geistigen Auge glaubte er das Valta-Gebirge zu sehen, und weich in den Hang geschmiegt den Bungalow Arkon. „Thora ..." Die Arme weit über den Schreibtisch ausgestreckt, die Hände gefaltet, den Kopf gesenkt, so saß der mächtigste Mann des Solaren Imperiums da und haderte mit dem Schicksal.
Er rief nach seiner Frau. Er fühlte die Versuchung immer stärker werden, die ihm den Rat gab: „Wirf alles hin..." Der Mensch in Perry Rhodan kam zum Vorschein - der verzweifelte Mann, der nicht wahrhaben wollte, daß er über Jahrzehnte weiterlebte, ohne zu altern, und seine Frau bald zu sterben hatte. „Thomas ... Thomas!" Das Gesicht seines Sohnes tauchte vor seinen Augen auf - Thomas Cardif, jetzt dreiundzwanzig Jahre alt - ihr Sohn!
Aber der Sohn hatte sich gegen den Vater gestellt - der Sohn, der als Cardif groß geworden war und bis kurz nach seinem Examen als Leutnant der Solaren Raumflotte nicht gewußt hatte, daß Perry und Thora Rhodan seine Eltern waren - sein Sohn Thomas hatte ihm bis heute nicht verziehen, ohne Elternliebe groß geworden zu sein.
„Thomas, mein Junge ..." sagten seine Lippen, und er wünschte sich, in dieser Stunde nicht allein zu sein; er wünschte sich seinen Sohn herbei um mit ihm zusammen zu begreifen, daß sie beide bald von der Mutter und Frau Abschied zu nehmen hatten.
Aber so schnell das Bild seines Sohnes vor Perry Rhodans Augen sichtbar geworden war, ebenso schnell verflüchtigte es sich wieder. Er versuchte, es zurückzuholen, doch es gelang ihm nicht, und der Mann, in dem die Macht des Solaren Imperiums verkörpert war wurde jetzt auch noch von der Angst bedrückt, den Sohn schon längst verloren zu haben.
Das Gefühl des Alleinseins griff ihn von allen Seiten an: die Versuchung, alles im Stich zu lassen und zur Venus zu fliegen, um Thora in den letzten Lebensmonaten nicht allein zu lassen - sie drohte ihn nicht nur zu erschüttern - sie drohte ihn zu Fall zu bringen - ihn, Perry Rhodan, das Idol von Milliarden Menschen.
„Sir ...!"
Die bekannte Stimme des Leiters der Hyperfunkstation auf Gray Beast riß ihn in den Alltag zurück.
„Bitte", sagte er automatisch, nahm den Kopf hoch und sah auf dem Bildschirm das vertraute Gesicht.
„Sir, die Station fängt seit zehn Minuten einen Spruch des Robotgehirns auf. Ich habe Mister Bull davon unterrichtet, aber der hat mich dann an Sie verwiesen ..."
Danke, Bully, dachte
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