0079 - Wir hetzten den Kobalt-Boß
auf den Verkaufstisch gestützt, so daß ihre Figur erst jetzt zur Geltung kam.
Sie war einige Zentimeter größer als der Geschäftsmann aus Chicago, hatte einen muskulösen Körper mit gerundeten Hüften, und ihr Gesicht, das wohl schön genannt werden konnte, zeigte schon Anzeichen des Verblühens, obwohl sie nicht älter als fünfundzwanzig sein konnte. Falten lagen um die Winkel ihres großen Mundes. Ihr Haar hätte einer Ondulation bedurft, an ihrem rechten Strumpf war vorn eine Laufmasche zu sehen.
Das alles nahm Pete Waites von der Firma Varner & Waites, Ex- und Import, Chicago, South Water Street — so stand auf der Karte, die das Mädchen in den Händen hielt und kritisch betrachtete — wahr. Das, was er bereits von Fluf fy Elihu erfahren hatte, deckte sich mit dem Resultat seiner persönlichen Beurteilung: mißtrauisch, skrupellos, geldgierig, schlau. Vermutlich war mit ihrem Bruder leichter umzugehen als mit ihr.
»Sie fragten mich«, erwiderte er, »woher ich von Ihrem Bruder und dem Kanada-Geschäft weiß. Eine Firma, die sich von der Konkurrenz nicht überrunden lassen will, muß tausend Ohren und Augen haben.«
»Sie können ruhig deutlicher werden, Mr. Waites. Mein Bruder hat vor mir keine Geheimnise. Wir führen sämtliche Geschäfte gemeinsam.«
»Von einer anderen Stelle wurde uns Kobalt angeboten. Den Namen möchte ich aus Delikatesse nicht nennen, das werden Sie verstehen. Da wir Absatz für Kobalt haben, beabsichtigen wir, in dieses Geschäft einzusteigen. Und da wir erfahren haben, daß Ihr Bruder in der Lage ist, es in größeren Mengen und auch laufend zu liefern, bin ich nach Buffalo gekommen.«
Sie überlegte. Dann hängte sie ein Schild an die Tür — Vorübergehend geschlossen — und drehte den Schlüssel um. »Kommen Sie mit!« sagte sie.
In einem komfortabel eingerichteten Wohnraum lag ein dreißigjähriger Mann auf der Couch und blätterte in einem Magazin. Er trug einen seidenen Morgenmantel und war groß und kompakt. Er roch nach Jodoform. Das Bulldoggengesicht wurde noch häßlicher durch eine gespaltene Oberlippe, die zwei Zähne freilegte. Aha, dachte der Besucher, die Hasenscharte! Ihm war nicht entgangen, daß die rechte Hand blitzartig unter ein Kissen verschwand und auch dort blieb.
»Zum Teufel«, schimpfte Mac Elihu, »wie kannst du jemanden herbringen, obwohl du weißt, daß ich lausige Schmerzen habe?«
»Reg dich nicht auf, Max«, besänftigte das Mädchen, »der Mann will mit dir geschäftlich sprechen. Er heißt Pete Waites und ist Inhaber einer Ex- und Importfirma in Chicago. Hier ist seine Karte.«
Die Hand kroch langsam unter dem Kissen hervor und griff nach der Karte, die das Mädchen ihm reichte.
Was ist bloß mit seinen Fingern los? fuhr es dem Besucher durch den Sinn. Als hätte er sich die Spitzenglieder mal verbrüht. Sie sahen rosig aus, als wäre eine neue Haut gewachsen.
»Setzen Sie sich doch, Mr. Waites!« sagte das Mädchen und zeigte auf einen Sessel. »Mein Bruder hat Schmerzen, deshalb ist er mißgestimmt.«
»Haben Sie sich verletzt, Mr. Elihu?« fragte der Besucher.
»Bei einem Autozusammenstoß«, knurrte der andere. »Man kann noch so vorsichtig fahren, da kommt ein Idiot und rammt einen.«
»Dann muß Ihr Wagen ja was mitbekommen haben. Hoffentlich kennen Sie den Übeltäter, damit er alles bezahlt.«
»Reden wir nicht mehr davon! Erzählen Sie mir lieber, was Sie von mir wünschen. Dieses Stück Pappe sagt gar nichts. Das kann sich jeder machen lassen. Vielleicht sind Sie ein Schnüffler — he? Wie heißt Ihre angebliche Firma?«
»Varner & Waites, Mr. Elihu. Ich bin Pete Waites, der Mitinhaber.«
»Chicago — nicht wahr?«
»Richtig.«
»Fluffy, hol doch mal das Telefonbuch von Chicago! Und auch das Branchenverzeichnis.«
Das Mädchen brachte die beiden Wälzer und las daraus vor, was über die Firma geschrieben stand. Damit war Mac noch nicht zufrieden.
»Können Sie mir Unterlagen zeigen? Paß oder Ausweis mit Foto? Auch Korrespondenzen möchte ich sehen. Ich will sichergehen.«
Mit lächelnder Miene überreichte Pete Waites seine Brieftasche und die Aktentasche. »Bedienen Sie sich, Mr. Elihu«, sagte er. »Es befinden sich Geschäftsbriefe darin, ein Paß, Führerschein und noch mehr.«
Das Mißtrauen verblaßte, aber gänzlich verschwand es nicht. Mac mit der Hasenscharte war sehr vorsichtig. »Nun sagen Sie mal, was Sie von mir wollen!«
»Ich sagte es schon Ihrer Schwester, Mr. Elihu. Mein Teilhaber und ich
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