0081 - Der Sensenmann als Hochzeitsgast
laut, »aber ich kann Ihnen auch keine Erklärung geben. Das schafft wohl keiner von uns. Nicht einmal John Sinclair. Wir und Sie müssen uns mit den Tatsachen abfinden. Diese Mächte existieren eben.«
Ich hatte mich über Will Mallmann gebeugt und tätschelte seine Wangen.
So hart hatte ich eigentlich gar nicht zuschlagen wollen, aber mir war keine andere Möglichkeit geblieben.
Mein Tätscheln half.
Will öffnete die Augen, verzog das Gesicht, sühnte und ließ sich dann von mir auf die Beine helfen.
»Oh, verflucht«, sagte er, »mein Nacken.« Er stützte sich mit den Händen am Wagendach ab.
Dem Ford war nichts passiert. Selbst der Schlamm war wieder von der Kühlerhaube und aus dem Innern verschwunden.
Jane Collins hatte zusammen mit Suko den Granada schon untersucht.
»Habe ich dir die Genicknuß zu verdanken?« fragte Will mich. Ich nickte.
Er hob die Schultern und schaute mich an. In seinen Augen lag noch die Trauer um seine Frau.
»Es war wohl nötig gewesen, wie?«
»Genau.«
»Was ist denn geschehen?«
»Der Schwarze Tod wollte uns umbringen.«
»Alle?«
»Erst einmal nur mich«, antwortete ich, »aber ich bin sicher, daß er die anderen auch nicht verschont hätte.«
»Wie hast du es geschafft?« fragte Will.
Ich erzählte es ihm.
»Da haben wir Glück gehabt.«
»Das kannst du laut sagen.«
Jane Collins kam zu mir und nahm meinen Arm. »Laß uns weiterfahren, John«, sagte sie.
Ich war einverstanden.
Jane winkte den anderen zu, und sie kamen herüber.
Bevor Bill Conolly einstieg, meinte er: »Das war haarscharf, John. Ich hatte schon mit dem Schlimmsten gerechnet.«
»Ich auch.«
Die Besetzung der Wagen blieb gleich. Will Mallmann starrte mit leerem Blick durch das Seitenfenster. »Manchmal frage ich mich, ob das Leben überhaupt noch einen Sinn für mich hat. Jetzt, wo Karin nicht mehr unter…«
»Hör auf«, unterbrach ich ihn schroff.
»Du hast gut reden!«
»Bitte, Will, sei ruhig«, meldete sich jetzt auch sein Kollege Frank Platten.
Der Kommissar schwieg.
Dabei konnte ihn jeder von uns verstehen. Aber wir mußten ihn jetzt an der kurzen Leine halten, damit er nicht durchdrehte. Das waren wir unserer Freundschaft schuldig.
Frank Platten fuhr jetzt noch vorsichtiger als zuvor. Er wollte nicht noch einmal in eine Falle geraten.
Auch ich blickte mich immer wieder um. Doch nichts war von einer Drohung zu bemerken. Wir rollten durch eine idyllische Herbstlandschaft, wie sie ein Künstler auch nicht besser hätte gestalten können.
Kurz vor Erreichen des Gasthofs mündeten einige schmale Pfade auf unseren Weg, der jetzt breiter wurde. Im Rückspiegel sah ich die anderen Wagen.
Dann erreichten wir unser Ziel.
Der Granada schob sich um die letzte Kurve, die Böschung links und rechts verschwand, so daß wir einen freien Blick hatten. Meine Augen wurden groß.
Direkt vor dem Gasthaus stand ein Bus!
***
»Halten Sie!« rief ich Frank Platten zu.
Der Kollege bremste sofort. Zweimal wippte der Granada nach, dann stand er.
Ich öffnete die Tür und stieg aus. Auch die Beifahrertür klappte auf, und Will Mallmann schwang seine Beine ins Freie.
Ich hielt ihn zurück. »Bleib du hier, Will«, sagte ich.
»Aber Karin…«
Ich legte ihm die Hand auf die Schulter und hielt seinem flammenden Blick stand. »Mit Karin, deiner Frau, hat das alles hier nichts mehr zu tun. Diese Abrechnung geht nur mich und den Schwarzen Tod etwas an.«
Will schwieg. Nach einigen Sekunden senkte er den Blick. »Gut, wie du meinst, John.«
»Danke.«
Ich drehte mich um und winkte. Es war das Zeichen für Suko. Er verstand und kam zu mir, mit Bill Conolly im Schlepptau.
»Ich will nur dich, Suko«, sagte ich. »Du bleibst bei den Frauen, Bill.«
»Aber…«
»Mach jetzt keinen Ärger. Will Mallmann wollte auch mit, ich war dagegen. Tut mir den Gefallen, und haltet euch im Hintergrund.«
Bill warf mir einen wütenden Blick zu und machte abrupt kehrt. Ich sah, wie er auf die anderen einredete und dabei seine Arme zu Hilfe nahm.
Suko und ich aber schritten vor.
Aus sicherer Entfernung beobachteten wir den auf dem Hof stehenden Bus. Der Schwarze Tod war nicht zu sehen. Ich war jedoch sicher, daß er irgendwo im verborgenen lauerte.
»Fällt dir was auf?« fragte ich Suko.
»Ja, die Kinder sind noch im Bus.«
»Genau. Aber weit und breit ist nichts vom Schwarzen Tod zu sehen. Ich frage mich, warum sie nicht aussteigen.«
»Weil sie nicht können.«
»Richtig. Wie ich den Dämon kenne,
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