0082 - Die Horror-Nacht
Edwige Garland schlug verzweifelt die Hände vors Gesicht. »Ihr dürft es nicht tun! Das ist Blasphemie! Jill ist kein Vampir!«
Die Männer beachteten die schreiende Frau nicht. Wortlos trafen sie ihre Vorbereitungen.
»Mein Kind!« weinte Edwige Garland. »Mein armes Kind!«
Jill lag auf einer Bahre. Man hatte ihr die Hände auf der Brust übereinandergelegt. Kalkweiß sah sie aus. Ihre Lippen waren fahl.
Selbst im Tod war sie noch eine Schönheit. Das lange brünette Haar umrahmte ein hübsches Gesicht. Wenn Jill nicht so furchtbar bleich gewesen wäre, hätte man meinen können, sie würde schlafen.
Die vier Männer hatten die Bahre auf einen Felsblock gestellt. Eine kühle Brise fegte vom Meer kommend in den nahe gelegenen Wald hinein.
Einer der Männer hob den Kopf. Er kräuselte die Nase, als würde ihm irgend etwas nicht gefallen.
»Wir müssen uns beeilen«, sagte er. »Die Dämmerung setzt bald ein. Bis dahin müssen wir es getan haben. Es bleibt uns nicht mehr viel Zeit.«
Edwige Garland schluchzte laut auf. Ihr Mann Jack hatte seinen kräftigen Arm um sie gelegt. Seine Miene wirkte wie aus Stein gehauen.
Düster war sein Blick. Im Gegensatz zu seiner Frau wußte er, daß getan werden mußte, was diese vier Männer zu tun im Begriff waren.
Denn wenn sie es nicht taten, dann stand Jill schon in der kommenden Nacht von den Toten auf und fiel als blutrünstiger Vampir über die Menschen her.
Jack Garland war ein Hüne. Breit in den Schultern, mit stämmigen Beinen. Wie eine knorrige Eiche sah er aus, und Jill war sein großer Liebling gewesen. Seit sie tot war, war in seinem Herzen etwas zerbrochen.
Er wußte, daß er nie wieder fröhlich sein würde. Die schöne Zeit des Lebens war vorbei. Mit Jills Tod war in Jack Garland die Lebensfreude erloschen. Es hätte ihm nichts ausgemacht, nun ebenfalls zu sterben.
Vielleicht hätte er sich im Wald erhängt, wenn Edwige nicht gewesen wäre. Aber ihm war klar, daß ihn seine Frau noch nie so sehr gebraucht hatte wie jetzt.
Für sie lebte er weiter. Nur für Edwige.
Er drückte sie fester an sich. »Mein Kind«, jammerte sie. »Mein armes Kind! Jack, du darfst das nicht zulassen!«
»Sei still, Edwige«, sagte Jack Garland sanft. »Glaub mir, es muß sein.«
»Meine Tochter ist kein Vampir!« schrie Edwige.
»Du hast die Male an ihrem Hals gesehen. Man hat dir ihre spitzen Augenzähne gezeigt. Sie ist keines natürlichen Todes gestorben. Diese Männer wollen Jill helfen, ihren ewigen Frieden zu finden, Edwige. Sonst wird unser Kind zu einer grausamen Untoten, vor der weder Kinder noch Frauen noch Greise sicher sind. Möchtest du das?«
Die vier Männer an der Bahre verrichteten ein kurzes Gebet. Man hörte sie nur murmeln.
Allmählich neigte sich der Tag seinem Ende zu. Der Wortführer der vier trat nach dem Gebet vor Jill Garlands Eltern.
Seine Miene war ernst. Er war sich des Schmerzes von Edwige Garland bewußt, doch ihm war klar, daß er darauf keine Rücksicht nehmen durfte.
»Edwige«, sagte der Mann.
Die Frau hob den Kopf und blickte ihn mit tränenverschleierten Augen an. »Ihr… ihr dürft meinem Kind das nicht antun«, stöhnte sie.
»Edwige, Sie wissen, daß wir das alle nicht zu unserem Vergnügen tun! Jill trägt den Keim des Bösen in sich. Er würde in der kommenden Nacht aufgehen. Jill würde über einen unschuldigen Menschen herfallen und sein Blut trinken. Geben Sie Ihre Einwilligung zu dem, was getan werden muß.«
Die Frau schüttelte wild den Kopf. »Niemals!«
Der Mann wandte sich daraufhin an Edwiges Mann. »Jack?«
Und Jack Garland nickte ganz langsam. Er hatte keine andere Wahl. Er wollte, daß Jill in geweihter Erde bestattet wurde und nicht als Verfluchte das Dorf und seine Umgebung unsicher machte.
Der Mann drehte sich um.
Edwige wollte sich auf ihn stürzen. »Ich verbiete euch…!«
Jack Garland hielt sie fest. Sie versuchte sich loszureißen.
»Edwige!« sagte Jack Garland eindringlich. »Edwige, so nimm doch Vernunft an!«
»Ich verbiete euch, meinem Kind einen Holzpfahl ins Herz zu schlagen!« kreischte die Frau. »Was bist du nur für ein Vater, Jack? Wie kannst du so etwas Entsetzliches zulassen?«
Der Mann, der Jack Garlands Einverständnis bekommen hatte, ließ sich einen schweren Hammer und einen gespitzten Eichenpfahl geben.
Edwige gelang es, sich loszureißen. »Neiiin!« schrie sie. Sie rannte zur Bahre und warf sich mit ausgebreiteten Armen über ihre tote Tochter.
Die Männer versuchten
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