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0086 - Das Floß der Verdammten

0086 - Das Floß der Verdammten

Titel: 0086 - Das Floß der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Saupe
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kannst«, schlug Jean Delay vor.
    Ben Benson grinste. Er starrte den anderen an, und es war, als würde er durch ihn hindurchsehen.
    Wieder gab er keine Antwort. Aber Delay konnte sehen, was Benson dachte und antworten würde.
    Du legst mich nicht herein , sagten Bensons Blicke. Du willst nur, dass ich dir die Wache überlasse. Dann soll ich mich langlegen und einpennen, du Kröte. Dann hast du freie Hand, nicht wahr? Dann kannst du Henk Barbers Seesack untersuchen, wenn keiner dich beobachtet. Ich bin auf der Hut, Jean Delay. Und ich werde den Koch wecken, um mich abzulösen. Und ich werde ihm sagen, dass du nur so tust, als schläfst du. Er wird ein Auge auf dich haben. Du wirst Barbers Seesack nicht anrühren. Was ein Mann in seinem Seesack hat, darf kein anderer wissen. Keiner, verstehst du, Delay? Es geht keinen etwas an. Und daran ändert sich auch hier nichts.
    Unwillkürlich zuckte lay unter dem stechenden Blick Bensons zusammen. Er hatte die Antwort in den Augen gelesen. Und er sah auch die Drohung, die dahinter steckte. Ben Benson würde ihn notfalls mit seinen Fäusten daran hindern, an Barbers Seesack heranzukommen.
    Resigniert hockte sich Delay nieder. Direkt zwischen den schlafenden Henk Barber und dessen Seesack, in dem er zu gern herumgeschnüffelt hätte. Aber er wusste, dass Benson seine stumme Drohung wahrmachen würde.
    Er schloss die Augen und döste trübsinnig vor sich hin.
    Und er hoffte auf seine Stunde.
    Langsam, ungeheuer langsam trieb das Floß mit den sechs Männern auf die Insel Anegada zu.
    Stunden vergingen, und allmählich kam der Abend herauf. Der Wind nahm sonderbarerweise ein wenig zu.
    Ben Benson weckte den Koch.
    »Du bist dran«, war alles, was er sagte.
    »Wann sind wir drüben?«, fragte Papas Magaya. Aber er wusste, dass Benson nicht antworten würde.
    Da lehnte er sich gegen den kleinen Behelfsmast, den sie aufgestellt hatten. Es war nichts als ein Balken, der das aus Hemden und Wäsche geknüpfte Segel hielt.
    Der Mast hatte nicht viel zu halten. Er wurde kaum beansprucht. Denn es war nicht viel mehr als ein kleiner Windhauch, der in das seltsame Segel fuhr und das Floß wie auf einer langsamen Kriechspur vorantrieb.
    Als der Neger Simba Simba zwei Stunden darauf die Wache übernahm, glaubte auch er, dass sie der Insel noch keinen Meter nähergekommen waren.
    »Gib mir Wasser«, sagte er zu Papas Magaya.
    Der Koch schüttelte den Kopf.
    »Nur einen Schluck«, bettelte der kräftige Neger.
    »Wasser gibt es, wenn die Sonne hinunter ist«, war Magayas Antwort. »Du wartest, wie wir alle warten.«
    »Ich nehme mir Wasser«, sagte Simba plötzlich mit drohender Stimme.
    »Du kannst es versuchen«, meinte der Koch ganz trocken.
    »Aber dann sind alle wach, und du fliegst ins Meer. Dann hast du Wasser genug.«
    ***
    Der Neger fügte sich. Er sah ein, dass es keine Ausnahme geben durfte. Aber sein mächtiger Körper bäumte sich auf unter der sengenden Sonne, die das letzte Wasser in Form von Schweiß aus ihm herausgetrieben hatte. Simba Simbas sonst glänzender dunkler Körper schien wie ausgetrocknet.
    Er lehnte sich gegen den Behelfsmast, wie es vorher Papas Magaya getan hatte. Mit starren Augen sah er über die Weite des Atlantik. Seine Lippen öffneten sich. Wie ein vertrockneter, ausgedörrter Lappen hing seine Zunge unter dem Gaumen. Sie war steif und ließ sich nicht mehr bewegen.
    Der Neger umklammerte den Mast. Er spürte, wie eine unsagbare Schwäche sich in ihm breit machte. Er musste Wasser haben, oder er würde vertrocknen, wie ein Strauch in der Wüste. Schon glaubte er, niemals wieder eine Insel zu erreichen oder das Festland zu betreten.
    Alle paar Sekunden sah er auf seine Armbanduhr, die intakt geblieben war. Die Zeit schien still zu stehen. Wie das Floß auf dem unermesslichen Meer.
    Hundertmal und mehr hatte der Neger auf seine Uhr gesehen, als die zwei Stunden seiner Wache um waren.
    Dann weckte er Jean Delay.
    »Deine Wache, Jean«, brachte er mühsam hervor. »Und jetzt muss Magaya Wasser hergeben, oder ich hole mir den Lederschlauch und saufe ihn leer.«
    Delay rüttelte den schlafenden Koch wach.
    »Die Mannschaft verdurstet«, sagte er. »Wir brauchen Wasser, oder wir können die Augen nicht mehr offen halten.«
    Magaya erhob sich. Er sah zum Himmel. Die Sonne war soeben hinter dem Horizont verschwunden. Der Koch aus Trinidad nickte.
    »Wasser für jeden«, sagte er. »Haltet die Hände auf.«
    ***
    Die Männer formten die Hände zu kleinen Schalen.

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