0086 - Gangster, Banken und ein G-man
erneut auf die Socken. Draußen riefen die Zeitungsboys die ersten Abendausgaben aus.
»Neuer Banküberfall an der 12. Avenue!«, schrien sie.
Ich kaufte mir ein Blatt und überflog die Meldung. Knappe dreißigtausend Dollar betrug die Beute. Damit kam auf jeden Kopf sicherlich nicht mehr als fünf- oder sechstausend Dollar, vielleicht noch weniger, wenn der Chef oder Sley einen größeren Anteil für sich behielten.
Dann las ich, dass einer der Polizisten tot war. Meine Beine wurden plötzlich bleischwer. Schön, ich hatte schon Corrone, Reis Leibwächter, erschossen, aber das hier war etwas anderes. Jedenfalls empfand ich es anders.
Kein Cent war mein Kopf mehr wert, wenn ich gefasst wurde.
Ich biss mir auf die Unterlippe, bis ich den süßen Geschmack meines Blutes schmeckte. Ich durfte nicht gefasst werden. Im schlimmsten Fall musste ich sehen, dass ich nach Südamerika gelangte. Dazu brauchte ich Geld, und zwar eine Menge Geld. Mit ein paar Tausend Dollar war die Sache nicht abgetan. Sley Mertric, beziehungsweise sein Chef mussten eine Summe herausrücken, die sich lohnte, und wenn sie über so viel Geld nicht verfügten, dann mussten sie mit mir noch ein Ding drehen, aber eines, das sich wirklich lohnte.
Ich knüllte die Zeitung zusammen und warf sie fort. Es war nicht richtig, nach Harlem zurückzukehren. Ich fragte den nächsten Taxifahrer nach einem billigen Hotel. Er fuhr mich zu einem Unternehmen in der W. Huston Street, einem schiefen, schäbigen Haus, von dem man einen Blick auf die Piers des Hudson-Hafens hatte. Das Hotel diente hauptsächlich ausländischen Seeleuten als Standquartier für die Streifenzüge durch New Yorks Nachtleben. Mir passte es gut, dass praktisch nur Ausländer in dem Hotel wohnten. Sie würden sich nicht genügend für die New Yorker Ereignisse interessieren, um auf den Gedanken zu kommen, mich genau anzuschauen, wenn von dem Banküberfall die Rede war.
Nach Einbruch der Dunkelheit fuhr ich nach Harlem hinaus. Ich wusste, dass ich ein Risiko einging, als ich die Hawaii Beach betrat. Wenn die G-men schnell arbeiteten, konnte es sein, dass sie schon auf mich warteten.
Die Bar bot einen friedlichen Anblick. Der schwarze Kellner schoss herbei und fragte nach meinen Wünschen. Niemand schien etwas von den Ereignissen zu wissen.
Ich vertrieb die dummen Gedanken an die beiden G-men mit ein paar Whiskys. Schließlich habe ich ein Dutzendgesicht. Selbst bei einer genauen Beschreibung durch den Jungen bestand kaum Gefahr, dass man gleich auf mich tippte.
Ich wartete länger als eine Stunde. Plötzlich stand Greg Found, Mertrics Schatten, neben mir.
»Bist du davongekommen?«, lispelte er.
»Klar«, lachte ich. »Was dachtest du denn?«
»Sley glaubte, es hätte dich erwischt. Erst als wir in der Zeitung lasen, dass keiner der Täter gefasst wurde, begannen wir zu hoffen, dass du davongekommen seist. Aber Sley rechnete mit einer Falle der Polizei. Wir vergewisserten uns erst genau, dass nicht die Cops im Hintergrund lauern.«
»Wo ist Sley?«
»Draußen mit Castro und MacLean. Komm mit raus!«
»Sage ihm, er soll hereinkommen. Ich trenne mich nicht gerne von dieser Whiskyflasche.«
Zwei Minuten später stand Sley Mertric an meinem Tisch. Er merkte, dass ich einen gehörigen Eimer ausgetrunken hatte.
»Warum säufst du?«, fragte er missbilligend.
»Ich tröste mich über meinen Kummer hinweg«, sagte ich grinsend. »Stimmt es, dass ihr nur dreißigtausend erbeutet habt?«
Er nickte.
»Siehst du«, lachte ich. »Ist das vielleicht kein Grund zum Trinken? Ich knalle zwei Cops über den Haufen und riskiere Kopf und Kragen, und das alles für dreißigtausend Dollar! Das schlechteste Geschäft meines Lebens.«
»Trotzdem mag ich es nicht, wenn meine Leute trinken«, sagte er gewichtig.
Ich blitzte ihn böse voh der Seite an.
»Selbst wenn ich im Whisky schwimme, bin ich immer noch besser als du. Wollen wir versuchen, wer rascher eins verpasst hat?«
Ich zauberte die Smith & Wesson in die Finger. Mertric wurde blass.
»Denkst du immer noch schlecht über den Whisky?«, lachte ich.
»Weg mit dem Ding«, zischte er.
Ich tat ihm den Gefallen.
»Sley«, sagte ich. »Solch eine Sache wie die von heute Morgen machte ich nicht noch einmal. Du kannst dir deinen Chef an den Hut stecken. Ein Überfall, bei dem noch keine dreißigtausend Dollar herauskommen, lohnt einfach nicht. Der nächste Überfall muss einen großen Sack voll Geld ergeben. Wo ist überhaupt das Geld, das ihr
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