0086 - Kreuzfahrt der Skelette
blitzschnell einen Haken.
Er fand eine Möglichkeit, unbemerkt auf das Dockgelände zu gelangen. Zwischen alten Ruderbooten und ausrangierten Motorkähnen huschte der Chinese durch die Finsternis.
Diese Beweglichkeit hätte man ihm auf Grund seiner Größe nicht zugetraut. Er war wendig und schnell. Seine Augen versuchten die Finsternis zu durchdringen. Er blieb ab und zu einen Moment stehen, um zu lauschen. Vorläufig drang kein Geräusch an sein Ohr. Sicherheitshalber zog er seine Waffe.
Suko war zwar in sämtlichen asiatischen Kampfsportarten ausgebildet – und er regelte die meisten Probleme am liebsten mit seinen harten Karatefäusten, doch wenn das Böse im Spiel war, reichten die Handkanten oft nicht aus.
Da mußte dann schon eine wirksamere Waffe her. Zum Beispiel eine mit geweihten Silberkugeln geladene Pistole, wie auch John Sinclair sie verwendete.
Abermals verharrte Suko einen Augenblick. Er legte seine Hand auf den nach oben gewölbten Bauch eines Ruderbootes.
Da!
Ein leises, kaum wahrnehmbares Knirschen. Und dann huschte ein Schemen durch die Dunkelheit. Suko folgte der Erscheinung sogleich.
Er stolperte über einen dicken morschen Holzbalken. Beinahe wäre er gestürzt. Den Fluch unterdrückte er im letzten Augenblick.
Lautlos glitt der hünenhafte Chinese an einer lecken Jacht vorbei. Es roch nach Tang und Teer. Suko versuchte die Gestalt, hinter der er her war, mit dem Gehör zu orten.
Er hatte Glück. Schräg links klapperte irgend etwas.
Suko spannte die Muskeln an und rannte weiter. Als er die Stelle erreichte, von wo aus das Klappern an sein Ohr gedrungen war, glaubte er die Gestalt auf das Ende des Dockgeländes zulaufen zu sehen.
Der Unbekannte war aber gleich wieder verschwunden.
Suko fragte sich, wie Inspektor Mae vorging. Eigentlich hätte der Kerl dem Inspektor in die Arme laufen müssen.
Das war aber nicht geschehen. Wo war Jeffrey Mae?
Suko nahm sich nicht die Zeit, langwierige Überlegungen anzustellen. Wenn Mae sich den Knaben nicht schnappte, dann mußte eben er es tun.
Mit langen Sätzen erreichte auch Suko das Ende des Geländes. Schwarz und seltsam drohend ragte der verfallene Leuchtturm vor ihm auf.
Suko vermutete, daß sich der Unbekannte in diesen Turm zurückgezogen hatte. Der Chinese fackelte nicht lange. Er wollte den Burschen unverzüglich aus dem Leuchtturm herausholen. Geduckt lief er darauf zu. Die Beretta lag schußbereit in seiner Hand. Es würde wohl kaum eine Panne geben können.
Keuchend erreichte Suko den Turm. Feuchte, moderige Luft schlug ihm aus einer schmalen Fensteröffnung entgegen.
Die Holztür am Turmeingang war verwittert und morsch. Sie stand halb offen. Aber nicht so weit, daß Suko den Leuchtturm hätte betreten können. Er stemmte sich gegen das dicke Holz.
Die Tür gab knarrend nach.
Suko trat in die Dunkelheit. Man konnte kaum die Hand vor den Augen sehen. Tastend bewegte sich der Chinese vorwärts.
Er rechnete jeden Moment mit einem Angriff. Seine Nerven waren straff gespannt. Er war darauf vorbereitet, augenblicklich zurückzuschlagen, falls man ihn attackierte.
Vorläufig geschah nichts.
Der Wind pfiff durch zahlreiche Mauerritzen und rief damit ein gespenstisches Wispern und Säuseln hervor. Abgebröckeltes Mauerwerk knirschte unter Sukos Schuhen. Er vermutete, daß sich der Unbekannte über die enggewundene Wendeltreppe nach oben begeben hatte.
Obwohl Suko wenig Vertrauen in die wackeligen Stufen hatte, wagte er sich doch an den Aufstieg.
Er hielt sich zwar am eisernen Geländer fest, aber das war so arg vom Rost zerfressen, daß es dem Chinesen keinerlei Sicherheit bieten konnte.
Sukos Jagdfieber ließ es nicht zu, unten zu bleiben und darauf zu warten, bis der Kerl von selbst wieder herunterkam. Diesmal sollte dem Chinesen sein Eifer zum Verhängnis werden. Knirschend neigte sich eine der Stufen.
Suko schnellte zwar sofort zurück, aber er konnte die Katastrophe nicht mehr verhindern. Unter seinem Schwergewicht gab ein Teil der Wendeltreppe nach.
Instinktiv klammerte sich der Chinese fest an das Eisengeländer.
Im Fallen riß er es mühelos aus der Mauer und mit sich. Er fiel, stürzte in die Tiefe. Wie hoch, das wußte er nicht. Sein Fall war begleitet von einem Knirschen, Klappern und Prasseln.
Er hatte den Eindruck, nach und nach würde der gesamte altersschwache Leuchtturm in sich zusammenstürzen und ihm Stück für Stück auf den Kopf fallen.
Nach dem Sturz – er kam Suko endlos lange vor – kam der
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