0089 - Die Werwolf-Insel
ich zwischen manchen Zweigen und Ästen Gespinste silbern aufleuchten.
Van Cleef hatte sich wieder beruhigt. Nachdem das Gesicht verschwunden war, dachte er an seine eigentliche Aufgabe.
Seine Diener sollten zu Wölfen werden! Endgültig.
Die Soldaten schlossen den Kreis enger. Vom Waldrand her schlenderte Sergeant Rapp heran.
Neben mir blieb er stehen. Sein drohender Schatten fiel über mich. Ich verdrehte die Augen.
Rapp grinste. »Keine Chance, Sinclair, vom Camp kommt niemand, um euch rauszuholen.«
Ich verbiß mir die Antwort.
Vor mir ging das Ritual weiter. Die sieben Soldaten mußten sich hinsetzen. Im Schneidersitz nahmen sie Platz und spannten ihre Hände um die angezogenen Knie.
Der große Werwolf begann mit seinen Beschwörungen. Er ging zu jedem einzelnen hin, legte ihm die Hand auf den Kopf und stieß Laute aus, die ich beim besten Willen nicht deuten konnte. Aber jeder, dem er die Hand auf den Kopf legte, schaute gläubig zu ihm hoch. Noch waren die Gesichter der Soldaten normal. Vielleicht zum letzten Mal in ihrem Leben.
Ich fühlte mich plötzlich elend. Die Vorstellung, zusehen zu müssen, wie Menschen zu Bestien wurden, machte mich verrückt. Hilflos lag ich am Boden und konnte nichts tun. Auch an den Dolch, meine einzige Waffe, kam ich nicht heran.
Es war wirklich eine schlimme Sache.
Van Cleef hatte sein Ritual beendet. Er blieb in der Kreismitte stehen, hob beide Arme und legte die Hände gegeneinander. Dann stieß er einen klagenden Laut aus, der weit über die Lichtung schallte, dem dunklen Himmel entgegenstieg und sich schließlich verlor.
Es war ein Ton, der mir einen kalten Schauer über den Rücken jagte. Makaber und schlimm, grausam und schrill, klagend und triumphierend gleichzeitig und erfolgreich.
Bei den Dienern begann die Verwandlung.
Kaum war der Schrei des Werwolfs verstummt, fiel der erste Soldat zu Boden. Er stieß einen brüllenden Laut aus, und ich glaubte, in dem Mann Buck Hiller zu erkennen.
Die Verwandlung begann.
Der Körper zuckte, während er sich gleichzeitig streckte. Das Gesicht veränderte sich, Fell wuchs auf den Armen, Beinen und der Brust. Aus dem Mund wurde eine hervorspringende Schnauze, ein gieriger Rachen, der sofort aufklaffte und seine Reißzähne präsentierte. Die rote Zunge hing wie ein Lappen hervor. Arme und Beine schlugen arhythmisch auf den Boden, fetzten Gras heraus, während die Verwandlung weiter fortschritt.
Es dauerte einige Minuten, dann erhob sich Buck Hiller.
Der Werwolf war geboren!
Ich konnte ihn genau sehen. Er war längst nicht so groß wie van Cleef, sondern hatte seine normale Länge behalten, aber trotzdem sah ich vor mir eine furchterregende Gestalt. Ich ahnte, welch eine Kraft in den Tatzen und Pranken steckte. Als das Fell vom Mondschein getroffen wurde, glänzte es silbrig auf. Die Augen leuchteten gelb, vor dem Maul sprühte Schaum.
Hiller war kaum zu bändigen.
Er wollte sein erstes Opfer.
Mich…
Der nächste Werwolf entstand. Es war das gleiche Spiel. Die Kraft des Mondes und der Geist der finsteren Beschwörung erreichten diese grausame Metamorphose und förderten sie stark.
Einer nach dem anderen wurde zu einer Bestie.
Dann erwachte Susan Howard.
Ich sah es, als mein Blick sie zufällig streifte. Su richtete sich auf, ich stieß ein zischendes Geräusch aus, während sie mich verständnislos anschaute und ihre Hände hoch zum Hals fuhren.
Sie begriff noch nicht.
Daß sie eine Gefangene war, das machte ihr Sergeant Rapp auf drastische Art und Weise klar.
Er ging die zwei Schritte vor, die sie trennten, hockte sich hin und ließ Su in die Mündung der Uzi schauen.
»Du weißt, was das ist, Süße?« fragte er.
Su nickte automatisch.
»Wenn du nicht genau das tust, was ich von dir verlange, wird die Uzi hier ihr Blei spucken, und dann ist es für dich vorbei. Also gehorche!«
»Wo ist Rod?«
Jetzt würde sie die Wahrheit erfahren.
Sergeant Rapp grinste kalt. »Schau dich um, Süße, du wirst deinen Freund sicherlich finden. Er wartet schon auf dich!«
Als das Girl nicht sofort gehorchte, packte der Sergeant ihre Schultern und drehte sie herum, so daß sie die Werwölfe anschauen mußte.
Susan erschrak. Sie riß den Mund auf, wollte schreien, doch Rapp preßte ihr seine Hand auf die Lippen. »Sei ruhig, Süße, ganz ruhig! Du wolltest ihn doch sehen. Da ist er, dein großer Held.«
Ja, van Cleef überragte seine Diener. Wäre nicht seine vorstehende Schnauze gewesen, hätte man ihn für einen
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