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0091 - Satans Schloß

0091 - Satans Schloß

Titel: 0091 - Satans Schloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wunderer
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lud ihn zu einem Pastis ein, einem Anisschnaps.
    Der alte Arzt lächelte verschmitzt. »Sie haben bestimmt einen Hintergedanken, Monsieur l’Inspecteur«, stellte er fest. »Was wollen Sie von mir?«
    Ich war froh, daß ich nicht lange um den heißen Brei herumreden mußte. »Was wissen Sie über den Comte de Brouillard?« fragte ich direkt heraus.
    Er nippte an seinem Pastis und zog seinen leichten Strohhut gegen die Sonne tiefer ins Gesicht. »Nicht viel, Mademoiselle Messieurs. Er wurde auf dem Château geboren und ist jünger als ich. Daher weiß ich so genau, daß er höchstens zwei- oder dreimal im Jahr nach Nouvatelle kommt. Die restliche Zeit verbringt er auf seinem Schloß.«
    »Soll das bedeuten«, rief Jane überrascht, »daß er früher nie zur Schule gegangen ist? Daß er keine Reisen unternimmt, sich mit niemandem trifft?«
    »Sein Vater ließ ihn auf dem Château von Privatlehrern unterrichten«, erzählte der alte Arzt. »Nein, der Graf interessiert sich nicht für diese Welt. Er betreibt nur seine Forschungen. Übrigens ist es erst unter ihm so einsam im Château geworden. Unter seinem Vater gab es noch viele Dienstboten. Nur der jetzige, der letzte Graf ist ein Einsiedler. Mit ihm wird das Geschlecht derer von Brouillard aussterben.«
    »Sie hatten übrigens recht«, gab ich zu. »Jacques ist kein gewöhnlicher Mensch.«
    Ich erzählte absichtlich nicht, was in der vergangenen Nacht passiert war, sondern erkundigte mich nach Michelle Laran und dem Grafen.
    »Haben Sie die beiden heute vielleicht in der Stadt gesehen?« Pierre tat mir leid. Er zuckte bei der Erwähnung seiner Freundin zusammen.
    »Der Comte war in meiner Sprechstunde.« Der Arzt zog verwundert die Augenbrauen hoch. »Habe ich Ihnen das nicht gesagt? Ich werde alt und vergeßlich.«
    »Was wollte er bei Ihnen?« fragte Jane gespannt.
    Ein feines Lächeln spielte um den Mund des Arztes. »Schweigepflicht, Mademoiselle. Der Graf kommt einmal im Jahr zu mir.« Er räusperte sich und warf mir einen vielsagenden Blick zu. »Sagte ich nicht, daß mit dem Comte das Geschlecht ausstirbt?«
    Das letzte Wort betonte er so deutlich, daß ich sofort Bescheid wußte. Comte de Brouillard war offenbar sehr krank und hatte nicht mehr lange zu leben. War das vielleicht der Schlüssel zu allen Ereignissen auf Château de Brouillard?
    »Vielen Dank, Doc«, sagte ich. »Nehmen Sie sich vor dem Comte, Jacques und auch vor Michelle Larane in acht. Es ist besser, wenn Sie keiner dieser drei Personen vertrauen.«
    Der alte Arzt leerte sein Glas, stand auf, nickte uns schweigend zu und überquerte den Hauptplatz.
    Ich sah ihm verwundert nach. Wieso verabschiedete er sich nicht? Es wirkte ganz so, als habe er einen dringenden Ruf erhalten, der ihn in seine Praxis zurückholte.
    Als ich den Lastwagen entdeckte, war es bereits zu spät.
    Das schwere Fahrzeug donnerte mit dröhnendem Motor aus einer Seitenstraße und hielt genau auf den Arzt zu.
    Der alte Mann warf die Arme in die Luft und wollte zur Seite springen, doch der Lastwagen scherte aus.
    Im nächsten Moment war schon alles vorbei…
    ***
    Suko und ich jagten von unseren Stühlen hoch. Hinter uns kippte der Tisch um. Das Geschirr zerbarst krachend auf dem Pflaster.
    Wir kümmerten uns nicht darum, sondern rasten in weiten Sätzen auf den Lastwagen zu.
    Der alte Arzt wurde von der Stoßstange erfaßt und durch die Luft gewirbelt. Suko kümmerte sich um ihn, während ich weiterrannte.
    Ich hatte nämlich einen Blick durch die Windschutzscheibe des Unglückswagens geworfen.
    In dem Fahrzeug saß kein Fahrer!
    Ein Mordanschlag! Das war klar. Und der führerlose Lkw bewies auch, von wem der Anschlag ausging. Dämonische Kräfte steuerten das schwere Gefährt.
    Ich mußte es anhalten, ehe ein noch größeres Unglück geschah!
    Wenn ich nicht eingriff, mußte der Lastwagen gegen ein Gebäude knallen, auf dem ich in großen Buchstaben das Wort ECOLE las.
    Schule!
    Aus dem Gebäude drangen laute Kinderstimmen. Mir lief es eiskalt über den Rücken, trotz der brüllenden Hitze, die auf dem Platz lag. Falls sich der Lastwagen mit voller Wucht in die Außenmauer bohrte, stürzte das alte, morsche Gebäude womöglich ein.
    Ich verdoppelte meine Anstrengungen und schnitt dem Teufelswagen den Weg ab. Ich hätte ihn niemals einholen können, dazu rollte er zu schnell, aber ich hielt schräg darauf zu.
    Schon hörte ich trotz des brüllenden Dieselmotors das Zischen der schweren Zwillingsreifen auf dem Pflaster.

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