0091 - Satans Schloß
gab es freies Feld. Vielleicht überlebte ich das Manöver. Ich konnte Michelle doch nicht rammen!
Ehe ich zum Ausweichen kam, war das Motorrad da. Michelle schnellte aus dem Sattel hoch.
Dämonische Kräfte trieben sie an. Kein Mensch hätte das geschafft! Unsere Geschwindigkeiten ergaben zusammen zweihundert Stundenkilometer!
Dennoch krallte sie sich am Türrahmen fest und schwang sich in das Führerhaus herein.
Im nächsten Augenblick legte sie ihre Finger um meinen Hals. Mir blieb auf der Stelle die Luft weg. Rote Schleier wallten vor meinem Gesicht.
Michelle wollte mich in dem dahinrasenden Lastwagen umbringen!
Das Ende stand jetzt schon fest. In der nächsten Kurve mußte der Lastwagen von der Straße abkommen und an einem Hindernis zerschellen. Und ich mit ihm, falls ich dann überhaupt noch lebte.
***
Suko erreichte noch vor Jane und Pierre den Arzt. Der alte Mann lag mit dem Gesicht nach unten auf den heißen Kopfsteinen. Ganz vorsichtig drehte der Chinese den Verunglückten herum, ließ ihn jedoch gleich wieder los.
»Er ist tot«, sagte er dumpf. »Bleibt besser weg! Ihr könnt ihm nicht mehr helfen.«
Jane preßte die Lippen zusammen, daß sie einen schmalen Strich bildeten. Sie hatte bei ihrer Arbeit als Privatdetektivin schon oft Leichen gesehen. Diesen Toten hier hatte sie jedoch kurz zuvor noch als sympathischen Menschen kennengelernt. Sein schreckliches Ende ging ihr besonders nahe.
Plötzlich drehte Pierre durch. Soeben rumpelte der Lastwagen auf die Schule zu, rammte sie und schrammte an der Außenwand entlang. Mit einem wilden Schrei stürmte Pierre auf das Fahrzeug zu. Er schien nicht zu begreifen, daß niemand am Steuer gesessen hatte, den er für den Mord verantwortlich machen konnte.
»Bleib hier!« schrie Suko hinter ihm her und verfolgte Pierre, doch die blinde Wut verlieh dem Jungen enorme Kräfte. Er hängte Suko glatt ab und folgte dem Lastwagen auf seiner rasenden Fahrt über die Hauptstraße in Richtung Stadtgrenze.
»Bleib stehen, du Irrer!« brüllte Suko. »Du rennst in dein Verderben!«
Pierre mußte inzwischen einsehen, daß es so keinen Sinn hatte. Der Lastwagen hängte ihn nun seinerseits ab, rollte um eine enge Kurve und verschwand aus dem Blickfeld.
Hinter Suko gellte eine Polizeisirene. Der Chinese wandte für einen Moment den Kopf und winkte den Gendarmen zu. Sie holten mit ihrem Streifenwagen auf und stoppten neben ihm.
»Monsieur Suko?« rief der Beifahrer. »Steigen Sie ein! Schnell!«
Suko sprang auf die Rücksitze. Der Wagen ruckte sofort wieder an.
»Ich bin Sergeant Frambon!« Der Beifahrer bemühte sich, deutlich zu sprechen, damit Suko ihn verstehen konnte. »Wer hat den Docteur getötet?«
Suko kratzte seine Französischkenntnisse zusammen und erklärte, wie es geschehen war. An dem skeptischen Gesicht des Sergeanten erkannte er allerdings, daß Frambon ihm entweder kein Wort glaubte oder ihn nicht verstand.
»Voilà! Le Camion!« rief der Fahrer.
Suko begriff, was es bedeutete, da auch er den Geisterwagen entdeckte. Er rollte bereits außerhalb von Nouvatelle auf der Straße in Richtung Paris. Mein Freund warf einen Blick auf den Tachometer und zuckte zusammen. Der Lastwagen mußte mit mindestens hundert Stundenkilometer dahinrasen.
Sergeant Frambon gab auf Französisch einige Anweisungen. Der Fahrer des Streifenwagens setzte zum Überholen an.
Er scherte aus und schrie laut auf.
Erst jetzt sahen sie die Motorradfahrerin, die genau auf dem Mittelstreifen entgegenkam.
Suko brüllte noch eine Warnung, doch es war schon zu spät. Alles ging so rasend schnell, daß sich mein Freund nur mehr auf den Wagenboden fallen lassen konnte. Sonst nichts!
Wo steckte Pierre? schoß es Suko in diesem gefährlichen Moment durch den Kopf.
Im nächsten Moment krachte es grauenhaft. Der dumpfe Aufprall betäubte Suko fast.
Der Streifenwagen wurde herumgewirbelt, rutschte mit blockierten, kreischenden Rädern weg und kippte um.
Noch ein harter Ruck. Der Wagen drehte sich noch einmal und rührte sich dann nicht mehr von der Stelle!
Verwirrt schlug Suko die Augen auf. Das Fahrzeug der Gendarmerie war auf dem Dach gelandet.
Keuchend versuchte er, eine Tür aufzustoßen. Es ging nicht. Sie klemmte.
Suko blieb nichts anderes übrig, als durch das zerbrochene Fenster ins Freie zu klettern. Etwas wackelig auf den Beinen half er den beiden Gendarmen aus dem Wrack. Außer Schnittwunden und Prellungen waren sie, unverletzt geblieben.
Das Motorrad war in zwei Teile
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