0091 - Satans Schloß
das Steuer. Ich hatte die Stadtgrenze von Nouvatelle noch nicht erreicht, als mir Suko aufgeregt von hinten auf die Schulter tippte.
»Der Comte!« rief Jane, die den Fußgänger am Straßenrand ebenfalls erkannte.
Ich bremste, und Suko öffnete die hintere Tür. Comte de Brouillard stieg mit einem freundlichen Lächeln ein.
»Bin ich froh, daß ich bei dieser Hitze nicht den Berg hinaufsteigen muß«, sagte er, während ich wieder anfuhr. »Ich bin nicht mehr der Jüngste, und ich bin krank. Ich habe vermutlich nur noch ein paar Monate zu leben. Deshalb habe ich Sie, Monsieur Sinclair, und Ihre Freunde auf mein Schloß geholt.«
Ich blickte in den Rückspiegel. Der Comte saß neben Suko, der jederzeit eingreifen konnte. Das beruhigte mich. Schließlich vertrauten wir dem Grafen nicht mehr.
»Bevor ich diese Welt verlasse«, fuhr der Graf fort, ehe einer von uns eine Frage stellte, »möchte ich alles in Ordnung bringen.«
Jane drehte sich halb nach unserem Gastgeber um. »Und was verstehen Sie unter in Ordnung bringen«, erkundigte sie sich scharf.
Comte de Brouillard ließ sich nicht erschüttern. »Das wissen Sie doch! Sie sollen den Spuk auf Château Brouillard beenden.«
Für einen Moment hatte ich eine ganz andere Antwort erwartet.
»Wer ist Jacques?« fragte ich wie aus der Pistole geschossen.
Unsere Blicke trafen sich im Rückspiegel. Der Graf lächelte mir gelassen zu. »Ein Mensch wie Sie und ich, Monsieur Sinclair«, behauptete er. Auch wenn er noch so verbindlich lächelte, vertraute ich ihm nicht mehr. Dieser Mann spielte falsch. Ich konnte es ihm nur noch nicht nachweisen.
Vor dem Schloß erwartete uns der Diener Jacques. Weder er noch der Graf verloren ein Wort darüber, daß Jacques spurlos verschwunden und nun wieder aufgetaucht war. Jacques meldete nur, als wäre er ein perfekter Butler, daß er bei dieser Hitze eine erfrischende Limonade für uns bereitet und in unsere Zimmer gestellt hatte.
In unseren Räumen angekommen, sprach Jane unsere Gedanken aus. »Glauben die beiden, daß wir blind, taub und dumm sind?« rief sie. »Sie müssen doch wissen, daß wir sie inzwischen durchschaut haben!«
»Ganz bestimmt wissen sie das«, behauptete Suko. »Ich kann mir ihr Verhalten auch nicht erklären.«
»Ich schon«, antwortete ich. »Sie wissen, daß wir sie durchschaut haben, aber sie wissen auch, daß wir nicht abreisen werden. Der Graf kennt mich gut genug, um sich seiner Sache sicher zu sein. Und er hat recht! Ich bleibe, bis ich auf Château Brouillard aufgeräumt habe!«
Suko grinste. »Meinst du, ich nicht?« fragte er und schenkte die Limonade in Gläser.
Jane brauchte nicht auszusprechen, daß sie selbstverständlich auch blieb. Sie schüttelte jedoch den Kopf. »Irgend etwas haben wir übersehen«, meinte sie. »Etwas sehr Wichtiges! Ich komme nur nicht dahinter.«
Ich warf mich auf mein Bett, streckte mich lang aus und nahm lächelnd ein Glas Limonade aus Janes Hand entgegen.
»Es wird dir schon rechtzeitig einfallen«, sagte ich und täuschte mich damit ganz gewaltig! Doch das sollte ich erst erkennen, als es schon zu spät war.
***
Im Laufe des Nachmittags wurden wir immer nervöser. Es ging nichts voran. Wir durchforschten die Bibliothek des Grafen, doch er hatte uns zu viel versprochen. Ich fand kaum Hinweise auf die Geister von Château Brouillard, keine Unterlagen über die Gewölbe und Geheimgänge und schon gar kein Mittel, mit dem die Geister auszuschalten waren.
Das paßte zu unserem Verdacht, daß der Graf uns nur hergeholt hatte, um uns zu vernichten! Der Comte ließ sich nicht blicken, und wir hatten keinen Grund, ihn zu suchen. Da wir ihm nichts nachweisen konnten, hätte uns ein Verhör nicht geholfen.
Als sich Dämmerung über das Land senkte, hatte wir noch keine Fortschritte gemacht. Pierre war nicht wieder aufgetaucht.
»Wenn der Junge unseren Feinden noch nicht in die Hände gefallen ist«, sagte ich zu meinen Begleitern, »könnte er im Violon sein. Ich fahre jetzt!«
»Ich komme mit«, sagte Suko sofort.
»Ich auch«, fügte Jane hinzu. »Ich will nicht allein auf diesem Schloß herumsitzen.«
»Einer sollte aber hier bleiben und das Château überwachen«, wandte ich ein.
Suko bot sich an, damit Jane mich begleiten konnte. Ich stieg mit meiner Freundin in den Geländewagen der Gendarmerie.
»Wir sind noch nicht lange auf dem Schloß«, meinte Jane, als wir die Hälfte der Bergstraße hinter uns hatten. »Trotzdem kommt es mir so vor, als
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