0091 - Satans Schloß
Jane gegen mich.
Ich verzichtete darauf, nach unten zu blicken. Der Feuerschein vom Fuß der Wand genügte mir. Statt dessen blickte ich zum Schloß hinauf. Suko mußte alles mitbekommen haben.
Tatsächlich, er stand auf dem freien Platz vor dem Château und winkte uns zu. Wir hoben uns gegen die helle Felswand ab. Ich winkte zurück. Mein Freund wußte jetzt, daß uns nichts geschehen war.
Jane und ich setzten unseren Weg zu Fuß fort. Unten auf der Hauptstraße kam uns ein Wagen mit Sergeant Frambon entgegen. Das Feuer hatte ihn alarmiert.
Er brachte uns zum Violon und versprach, uns später einen anderen Wagen zu schicken.
Noch etwas weich in den Knien betraten wir die Disco, in der Hochbetrieb herrschte. Jane lehnte sich an mich und näherte ihren Mund meinem Gesicht.
»Weißt du, worüber ich froh bin, John?« schrie sie mir ins Ohr, um die Musik zu übertönen. »Daß wir nicht mit deinem Bentley gefahren sind!«
Dafür bekam sie von mir einen Kuß vor versammelter Mannschaft.
***
Jane versetzte mir einen Stoß, daß ich um ein Haar das Gleichgewicht verlor. Aufgeregt deutete sie zu einer Nische im Hintergrund der Disco. Dort saß Pierre mit einem etwa gleichaltrigen Fremden.
Wir drängten uns durch das Gewühl der jungen Leute und schoben uns an den Tisch. Pierre zuckte zusammen, als er uns erkannte. Seine Augen glänzten fiebrig.
»Er will mich zu Michelle führen«, rief er und deutete auf den Fremden.
Ich faßte den Unbekannten schärfer ins Auge. Irgendwie hatte ich das Gefühl, ihn schon einmal gesehen zu haben, wenn auch unter ganz anderen Umständen. Und dann blickte ich ihm in die Augen. Die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag.
Der Fremde nickte. »Ja, Monsieur Sinclair, ich bin Jacques, der Diener vom Château«, bestätigte er. Jane und Pierre schrien überrascht auf. »Ich werde Ihnen alles erklären!«
»Das wird auch nötig sein«, antwortete ich.
Eine Kellnerin kam an den Tisch. Ich bestellte für alle Cola. – Ich konnte es nicht fassen. Jacques sah wie achtzehn, höchstens zwanzig aus! Endlich standen die Getränke vor uns.
»Ich bin uralt«, berichtete der Diener freimütig, als wir unter uns waren. »Ich habe Generationen von Grafen auf Brouillard gedient. Sie alle beschäftigten sich mit Schwarzer Magie, und mein erster Herr verlängerte mein Leben auf unbestimmte Zeit. Zuerst war ich froh darüber, aber mittlerweile ertrage ich das Leben nicht mehr. Ich will endlich sterben können – aber der Graf gibt mir die Sterblichkeit nicht wieder, obwohl er es könnte. Ich bin in diesem Schloß gefangen. Die unzähligen Jahrzehnte haben Spuren an meinem Körper hinterlassen. Oben auf dem Schloß haben Sie mich in meiner wahren Gestalt gesehen. Der Comte hat mich absichtlich so häßlich gemacht.«
»Und jetzt?« forschte ich fassungslos.
Jacques zuckte die Schultern. »Ich muß alles für den Grafen tun. Dafür stellt er mir in Aussicht, daß er mich eines Tages sterben läßt. Er weiß, wie sehr ich leide. Habe ich gegen ihn gearbeitet, bestraft er mich, indem er mir für einige Zeit meinen jugendlichen Körper wiedergibt. So wie jetzt! Ich habe Mademoiselle Collins gerettet, und dafür muß ich büßen. In einigen Stunden werde ich wieder der alte Jacques sein, der sich nicht unter die Leute wagt.«
Jane beugte sich plötzlich vor. »Sie haben Suko auf der Zufahrtsstraße zum Schloß vor Michelle gewarnt!« rief sie.
Jacques nickte. »Damit ich rechtzeitig unten ankam, ließ ich mich durch die Steilwand fallen. Wie gesagt, ich kann nicht sterben. Die Schwarze Magie verhindert es. Nun ist aber ein Problem aufgetaucht. Der Graf wird bald sterben, er ist sehr krank. Er muß mich vorher von dem schrecklichen Bann befreien. Kommen Sie! Ich muß Ihnen etwas zeigen!«
Wir folgten ihm durch den Hinterausgang ins Freie. Es war bereits vollständig dunkel geworden. Trotzdem erkannte ich am nahen Waldrand einen Eselskarren.
»Ich bin kein schlechter Mensch«, sagte Jacques traurig. »Aber der Graf muß mich erlösen, bevor er stirbt. Deshalb muß ich seinen Befehl erfüllen. Er hat sein Schloß dem Satan geweiht. Und Sie, Monsieur Sinclair, Mademoiselle Collins und Monsieur Suko müssen in den Kellergewölben sterben. Ich werde Sie jetzt dorthin bringen – es tut mir leid. Und Pierre erleidet dasselbe Schicksal!«
»Niemals!« sagte ich schleppend. Das Sprechen fiel mir auf einmal schwer. Ich wollte nach der Beretta greifen. Meine Hand sank jedoch herunter. Ich wankte. Neben mir
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