0092 - Einsatz der Todesrocker
du das begreifen, John?« fragte er.
»Nein.«
»Aber du kennst ihn, nicht?«
»Ja, ich habe den Henker schon einmal gesehen. Destero bestraft Dämonen, die versagt haben und als Strafe nicht in das Reich des Spuks eingehen, sollen. Ein grauenhafter Dämon. Ich möchte nie unmittelbar mit ihm zu tun haben.«
»Das kann ich mir denken.«
Ich schaute Suko an. Passiert war ihm nichts. Der Teufelsrocker hatte nicht nur mich verfehlt, sondern auch meinen Partner Suko. Wir konnten aufatmen.
»Schätze, jetzt hält uns nicht mehr«, sagte der Chinese.
Der Meinung war ich ebenfalls.
Wir gingen auf das Kloster zu, stemmten uns gegen den steifen Wind, der in unseren Ohren heulte, und hörten plötzlich die Schüsse.
»Das war im Kloster!« rief Suko.
»Verdammt!« Der Fluch kam mir aus dem Herzen. Wir rannten los. Im selben Augenblick schwang die Tür zurück und wir hatten freie Bahn…
***
Die beiden Rocker drangen in den Innenhof des Klosters ein. Sharingo ging als erster.
Ein Geschöpf der Hölle betrat zum erstenmal seit Jahrhunderten das Gelände des Klosters. Der flammende Schädel leuchtete auf inmitten des Schneetreibens wie ein Fanal des Bösen. Den Kolben des Gewehres hatte Sharingo in seine Armbeuge gelegt; er fühlte sich wie ein Soldat.
Und das war er im Prinzip auch.
Ein Söldner des Teufels.
Zwei Schritte hinter ihm ging Clint Sherman. Er sah aus wie ein Revolvermann, so wie er die beiden Waffen in den Händen hielt. Nur der häßliche Totenkopf störte das Bild.
Niemand ließ sich blicken.
Kein Mönch hielt die Rocker auf, als sie über den Innenhof des Klosters schritten.
Links lag die Schmiede. Die Tür stand offen. Hinter dem Eingang glühte dunkelrot das Feuer. In seinem Schein sahen die Schneeflocken aus wie vom Himmel fallende Blutstropfen.
Doch kein Mönch ließ sich sehen.
Sharingo blieb stehen. Sichernd schaute er sich um. Ihm kam es seltsam vor, daß sie sich so unangefochten durch den Hof bewegen konnten.
Da stimmte etwas nicht.
Sein Blick fiel nach rechts. Dort lag hinter einem wirbelnden Schneevorhang verborgen der Haupteingang. Auch er schien geschlossen zu sein, denn man sah keine Gestalten auf ihn zulaufen.
»Das gefällt mir nicht«, sagte Sharingo.
Sherman nickte bestätigend. »Wo ist das Mädchen?« fragte er plötzlich.
»Verflucht, die Kleine habe ich ganz vergessen. Sie hat zwar das Tor geöffnet, sich dann aber verzogen.«
»Ob man uns eine Falle gestellt hat?« erkundigte sich Clint Sherman.
»Möglich.« Sharingo lachte. »Es ist trotzdem egal, wir werden mit ihnen fertig. So oder so.«
»Wenn du meinst…«
Sharingo stieß seinen Kumpan an. »Komm weiter. Satan hält seine schützende Hand über uns.«
Diese Worte gaben den beiden Auftrieb. Sie wandten sich nach links und schritten auf die Schmiede zu.
Niemand der beiden sah die Mönche. Der Abt hatte den Worten des Mädchens gut zugehört und sofort seine Entscheidung getroffen. Die frommen Männer waren alarmiert worden, man hatte ihnen gesagt, wie die Situation aussah, und sich hatten sofort ihre Konsequenzen gezogen.
Das Kloster wurde verteidigt.
Aber nicht mit Waffengewalt, sondern mit dem Zeichen des Christentums.
Mit dem Kreuz.
Nach der Rede des Klostervorstehers nahmen die Mönche sofort ihre Plätze ein. Der Innenhof bot zahlreiche Verstecke, man mußte sie nur kennen.
Da mündeten zum Beispiel zwei Geheimgänge in den Hof. Ihre Ausgänge waren in den gepflasterten Boden des Hofs integriert worden. Kein Fremder ahnte, daß sich dort ein geheimer Ein- oder Ausstieg befand.
Die Mönche lauerten unter der Erde. In aller Ruhe ließen sie die Rocker auf das Gelände des Klosters.
Dann gab der Abt sein Zeichen.
Große Quadersteine schwangen zur Seite und gaben den Ausstieg frei. Zwei Treppen führten in die Tiefe. Eine an der Westseite des Innenhofes, die andere an der Ostseite.
Die Mönche standen auf den Stufen.
Ruhig, wie Denkmäler. Niemand von ihnen sprach ein Wort. Jeder hielt sein großes geweihtes Holzkreuz umklammert.
Die Rocker kamen.
Ahnungslos, jedoch siegessicher. Der Herrgott schien ein Einsehen mit seinen Dienern gehabt zu haben, als er den Schnee schickte. Die tanzende Flockenpracht deckte mit ihrem weißgrauen Mantel alles zu.
Der erste Mönch verließ das unterirdische Versteck.
Der zweite – ein dritter.
Von zwei Seiten tauchte die Kette der Mönche auf. Ihre langen Gewänder wurden vom Wind erfaßt, gebeutelt wie Fahnen und dabei hin- und hergeweht.
Schaurig
Weitere Kostenlose Bücher