0092 - Einsatz der Todesrocker
gegen das Holz. Sie hatte kaum Hoffnung, daß sie gehört werden würde, denn das Brausen des Windes übertönte alle anderen Geräusche.
Lucy irrte sich.
Eine Klappe wurde hochgeschoben, der Ausschnitt eines Gesichts war zu sehen, und die Tränen der Erleichterung stürzten aus Lucys Augen.
»Bitte!« flehte sie. »Bitte, lassen Sie mich hinein…«
»Moment.«
Riegel quietschten, dann wurde das Tor nach innen aufgezogen. Lucy hatte sich so stark dagegen gelehnt, daß sie sich jetzt nicht mehr fangen konnte und nach vorn fiel.
Bevor sie den Boden berührte, fing der Mönch sie auf. »Mein Gott«, sagte er. »Sie sind ja mehr tot als lebendig.«
Mit dem Girl auf den Armen schritt er über den Vorhof, vorbei an der kleinen Eingangspforte und auf die Schmiede zu, weil sich dort ein warmes Heulager befand.
Bruder Ignatius stand auf der Türschwelle. Er hatte die Ankömmlinge gesehen.
Schweigend machte er Platz.
Der Mönch betrat mit dem Mädchen die Schmiede, wo ein Feuer glühte, über dem ein Kessel hing, der mit flüssigem Silber über die Hälfte gefüllt war.
Bruder Ignatius befand sich mitten in der Arbeit.
Der Mönch legte das Mädchen auf das Heulager und breitete eine Decke über ihren Körper.
Der Schmied hielt bereits ein Glas mit einer dunkelbraunen Flüssigkeit in der Hand.
Der andere Mönch trat zurück und nahm seine Kapuze ab. Es war der Abt persönlich, der geöffnet hatte. Er nickte Bruder Ignatius zu.
Der Schmied ging neben dem Heulager in die Knie, hob den Kopf des Mädchens an und flößte ihr von dem Getränk ein. »Das wird Ihnen guttun«, sagte er.
»Danke«, flüsterte Lucy.
Sie trank, und sie fühlte die Wärme, die sich sofort in ihrem Körper ausbreitete.
Als das Gefäß leer war, richtete sich der Schmied auf und warf seinem Abt einen bezeichneten Blick zu.
Der Klostervorsteher nickte.
Die Mönche verstanden.
Sie hatten schon vorher miteinander geredet. Sie wußten, daß die Gegenseite einen Angriff plante, doch wie sie es anfangen würden, war ihnen nicht bekannt.
Jetzt war das Mädchen erschienen.
»Wie heißen Sie?« erkundigte sich der Abt mit freundlicher, warmer Stimme.
Das Girl hob den Blick. »Lucy… Lucy Taylor…«
»Ein schöner Name.«
Lucy schluckte. »Ich… ich möchte mich bei ihnen bedanken«, sagte sie. »Ich hätte nicht gedacht, daß Sie mich überhaupt einlassen würden. Man redet soviel…«
»Wir sind Diener Gottes«, erwiderte der Abt. »Und wir fühlen uns verpflichtet, den Menschen zu helfen, die in große Not geraten sind. Sie sind in Not, meine Tochter.«
»Ja, das stimmt.«
Der Abt und auch Bruder Ignatius ahnten, daß dieses Mädchen noch etwas sagen wollte, sich jedoch noch nicht dazu durchgerungen hatte, und deshalb ließen sie ihr Zeit.
Von der Schmiede her drang durch die offene Tür Licht in die kleine Kammer. Dicke Wände schützten sie vor der Kälte, und das zuckende Schattenspiel des Feuers geisterte über den Fußboden.
Über dem Lager hing ein altes Holzkreuz mit einer Christusfigur aus Stein.
Lucy Taylors Blick traf die Figur, und sie spürte das Vertrauen, das sie ausströmte.
Auf einmal war die Angst weg. Als hätte ein Windstoß sie mitgenommen.
Lucy drehte den Kopf.
Die beiden Mönche standen neben ihrem Bett. Auch zu ihnen faßte sie plötzlich Vertrauen.
»Da… da ist noch etwas«, sagte sie mit spröder Stimme.
»Sprechen Sie, Tochter«, erwiderte der Abt und nickte aufmunternd.
Und Lucy erzählte. Sie berichtete von Beginn an und verschwieg auch nicht die Bekanntschaft mit John Sinclair.
Schweigend hörten die Mönche zu.
Danach redete der Abt. »Es ist gut, daß Sie alles erzählt haben. Wir werden die Konsequenzen ziehen und schicken sofort einige unserer Brüder los, die sich die Höhle ansehen werden, um ihre Freundin zu befreien.«
»Aber das ist gefährlich«, sagte Lucy.
»Gott wird mit uns sein«, antwortete der Abt.
Und Bruder Ignatius nickte bestätigend.
***
Der Schnee überraschte uns in den Bergen.
Den Bentley hatten wir im Ort stehengelassen und dafür Sukos Harley genommen.
Der Chinese fuhr, während ich auf dem Rücksitz hockte und mich an ihm festklammerte.
Zuerst ging alles gut, und ich fühlte mich leidlich wohl, obgleich ich mir dicke Lederkleidung als Schutz wünschte.
Dann aber kam der Schnee.
Die Sicht wurde Zusehens schlechter, und Suko mußte die Geschwindigkeit drosseln.
Böiger Wind peitschte die kleinen Kristalle gegen uns. Der Weg, sowieso schon schlecht zu
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