0093 - Mord in der Mumiengruft
perlweiße Zähne. »Sie sind ein Schmeichler, John.«
»Nein, ein Realist.«
»Und Jane Collins?«
Ich hob die Schultern. »Das ist eben unsere Tragik.«
»Flirten am Morgen bringt Kummer und Sorgen«, hörte ich Bill Conollys Stimme im Hintergrund. Er lehnte am Rahmen der offenen Bürotür und grinste von einem Ohrläppchen zum anderen.
»Sorry, Glenda, aber der Feind hört mit.« Mit der dampfenden Kaffeetasse in der Hand betrat ich mein Büro. Bill Conolly schloß hinter mir die Tür.
»Ist der Alte schon da?« fragte ich. Mit dem Alten meinte ich meinen Vorgesetzten, Superintendent Sir Powell.
»Er war da«, gestand Bill. »Wurde aber abberufen zu einer Besprechung. Wir sollen solange warten.«
Ich nahm hinter meinem Schreibtisch Platz. »Fein. Das sollten wir mal machen.«
»Du verdienst eben nicht genug. Wenn du mal den Job hast…«
Ich winkte ab. »Gott bewahre. In dieser Richtung habe ich überhaupt keine Ambitionen.«
Bill wechselte das Thema. »Wie war’s in Schottland?«
Ich nahm einen Schluck Kaffee. »Kalt.«
»Das konnte ich mir denken.«
»Wir hatten Schnee. Und fast hätte ich die Munition nicht mehr bekommen. Einer meiner Gegner hat seine Leute vorgeschickt. Die Teufelsrocker wollten nicht nur mich daran hindern, sondern auch das Kloster zerstören. Es ist ihnen nicht gelungen.«
»Dank deiner Hilfe.«
»Suko war auch dabei.« Ich setzte die Tasse ab. »Und worum geht es jetzt? Powell erzählte was von einem wärmeren Land.«
»Yucatan.«
Ich griff das Stichwort auf. »Mayas.«
»Richtig.«
»Ich hatte in Geschichte mal eine eins.«
»Das war aber auch die einzig gute Zensur, wie?«
»Nein, ich habe den Lehrer bestochen.«
Wir lachten. Dann wurde Bill ernst.
»Gestern habe ich erfahren, daß Sam Kettering tot ist.«
»Und wer ist das, bitte?«
»Ein Historiker und Völkerkundler«, klärte mich Bill Conolly auf. »Also ein bekannter Mann.«
Bill Conolly nickte. »Genau. Er hat sich vor allen Dingen als Pyramidenforscher hervorgetan.«
Ich pfiff. »Nachtigall, ich hör dir trapsen«, sagte ich. »Erinnerst du dich an die Geschichte in Ägypten?«
»Und ob.«
Damals hatten wir gegen Samenis, einen Pharao, gekämpft. Die Mumie war verdammt gefährlich. Allein von ihrem Wuchs her. Sie war so groß wie ein Haus, und wir hatten sie zum Schluß von einem Flugzeug aus bekämpfen müssen. [1]
Von den Mayas wußte ich, daß ihre Kultur Parallelen mit der der alten Ägypter aufwies. Deshalb konnte es durchaus sein, daß der kommende Fall ähnlich ablief.
Ich zündete mir eine Zigarette an und gab Bill Conolly auch ein Stäbchen. Nachdenklich blies der Reporter den blauen Rauch gegen die Zimmerdecke. »Ich verstehe auch nicht, wie das passieren konnte«, murmelte er, »Sam Kettering war ein vorsichtiger Mann.«
»Du kanntest ihn gut?«
Bill hob die Schultern. »Falls man da von gut kennen sprechen kann. Wir verstanden uns gut. Er war der große Wissenschaftler und Abenteurer, während ich versucht habe, seine Berichte so lebensnah wie möglich zu schreiben. Und das scheint mir auch gelungen zu sein, wenn ich Sam Kettering glauben durfte.«
»Er war also angetan«, wiederholte ich.
»Sam war ein Typ wie Bill Fleming. Immer am Ball, wenn irgendwelche archäologische Sensationen in der Luft lagen. Sam fuhr quer durch die Welt. Meistens mit einem Auftrag irgendeiner Universität in der Tasche. Er war sehr angesehen, hat zahlreiche Entdeckungen gemacht und sich dabei auf Mittel- und Südamerika spezialisiert. Aber er muß geahnt haben, daß seine letzte Expedition danebengehen würde. Denn mir hat er die Zeichnungen geschickt.«
»Welche Zeichnungen?«
»Die flüchtig hingeworfenen Skizzen vom Ausgangspunkt seiner Expedition bis hin zu Tempel.«
Ich war wie elektrisiert. »Du hast Pläne?«
»Nein. Im Augenblick liegen sie bei Powell auf dem Schreibtisch und setzen Staub an.«
Ich drückte meine Zigarette aus. »Da du die Skizzen gesehen hast, kannst du mir sicherlich erzählen, wie man zu dieser Pyramide kommt.«
Bill nickte. »Das müßte gehen. Der Ausgangspunkt seiner Expedition ist Texla gewesen, eine Stadt im Dschungel. Allerdings mit eigenem Flughafen. Zwar nur zur Landung von alten Propellermaschinen geeignet, aber dafür reicht sie aus. Es ist also kein großer Aufwand, nach Texla zu gelangen.«
»Danach wird es kriminell«, vermutete ich.
Bill lachte. »Und wie. Wenn man der Zeichnung trauen kann, geht es quer durch den Dschungel. Da gibt es keinen Weg, nicht
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