0093 - Mord in der Mumiengruft
einmal einen Pfad. Nur die verdammte Hitze, wilde Tiere und Insektenplage. Scheußlich, sage ich dir.«
Der Meinung war ich auch. Aber ich hoffte, tropenfest zu sein. »Wir könnten Suko mitnehmen«, schlug ich vor. »Sechs Augen sehen viel mehr als vier.«
Bill war einverstanden. Er blickte auf seine Uhr. »Der Alte könnte auch bald kommen«, knurrte er.
»Die Chefs haben eben immer Zeit.« Ich schaute zum Fenster, weil mich ein trommelndes Geräusch aufmerksam gemacht hatte. Dicke Regentropfen klatschten gegen die Scheibe. Der Himmel hatte wieder einmal seine Schleusen geöffnet. Deshalb fiel es mir nicht schwer, von London Abschied zu nehmen, obwohl der Dschungel auch nicht gerade das Wahre ist.
Ich dachte an Jane Collins und daran, daß ich lange keinen Fall mehr mit ihr zusammen gelöst hatte. Das war gut so, denn ich wollte Jane nicht unnötig in Gefahr bringen.
Bei Jane fiel mir auch Sheila, Bills Frau, ein. »Was sagt eigentlich deine bessere Hälfte dazu, daß du hier für einige Zeit die Zelte abbrechen willst?«
Der Reporter hob beide Hände. »Erinnere mich nicht daran«, rief er. »Zuerst war sie dagegen, aber dann konnte ich sie überzeugen. Sheila hat Sam Kettering nämlich auch gekannt. Sie mochte ihn sehr, und deshalb hat sie mich auch gelassen.« Bill lächelte. »Allerdings hat sie eine Bedingung gestellt. Zu Weihnachten soll ich wieder hier in London auf der Matte stehen.«
Da hatte der gute Bill ein Stichwort gegeben. Weihnachten. Noch waren es anderthalb Wochen bis zum Fest, und ich hatte noch keine Geschenke. Ich war in der letzten Zeit einfach nicht dazu gekommen. Wenn ich nur kurz zurückdachte, da waren es heiße Einsätze, die ich hinter mich gebracht hatte. Die Sache mit den Werwölfen, dann die Rocker in Schottland, jetzt der Trip nach Yucatan – ich kam gar nicht mehr zur Ruhe.
Der Reporter bemerkte meine Unruhe. »Jetzt fällt dir dein schlechtes Gewissen ein, wie?«
»Und ob. Ich weiß überhaupt nicht, was ich Jane Collins schenken soll.«
»Gib ihr doch dein Vertrauen.«
»Witzbold. Das hat sie schon.«
Glenda Perkins erschien. Auch für sie wollte ich noch eine Kleinigkeit besorgen.
»Sir Powell ist soeben eingetroffen«, meldete sie. »Sie möchten zu ihm kommen.«
»Wurde auch Zeit«, brummte Bill und stand steifbeinig auf. »Eure Bürostühle sind auch nicht gerade das Wahre«, beschwerte er sich.
»Wir müssen sparen.«
»Aber am falschen Ort.« Das sagte Bill Conolly bereits auf dem Flur. Wir gingen die paar Schritte zu Powells Büro, durchquerten das Vorzimmer und betraten das Allerheiligste.
Wie immer hockte der Superintendent hinter seinem Schreibtisch und lugte uns durch die dicken Gläser seiner Brille an. »Nehmen Sie Platz«, sagte er und deutete auf zwei Stühle.
»Wieder diese unbequemen Dinger«, murmelte Bill.
Powell hob den Kopf. »Sagten Sie etwas?«
»Nein, Sir, ich dachte nur laut.« Ich mußte grinsen. Bill Conolly und Sir Powell ärgerten sich gelegentlich.
Es war jedoch nicht böse gemeint.
Superintendent Powell nahm einen kleinen Schluck von seinem obligatorischen Magenwasser und schlug mit der rechten Hand eine Akte auf. »Ich kannte Sam Kettering«, sagte er. »Er hat vor etwa einem Jahr unserem Club einen Besuch abgestattet und einen sehr interessanten Vortrag gehalten. Aus diesem Grunde fühle ich mich persönlich verpflichtet, alles in meiner Macht Stehende zu tun, um dieses grausame Verbrechen aufzuklären.«
Ich fragte: »Ist es denn sicher, daß Sam Kettering von einem Dämon umgebracht worden ist?«
»Ja«, erwiderte Sir Powell. Er hob den Blick und schaute uns beide sehr ernst an. »Dr. Sam Kettering wurde das Blut aus den Adern gesaugt«, erklärte er. »Das haben uns die Amtsärzte bestätigt.«
Jetzt war alles klar.
»Besteht ein Verdacht, wer oder was hinter der Tat stecken könnte?«
»Ja und nein. Glaubt man der Meinung der Eingeborenen, dann hat sich der Fluch der drei Mumien erfüllt.«
»Drei?«
»In dieser Pyramide sind drei Mumien bestattet worden«, klärte Sir Powell mich auf.
Ich wandte mich an Bill. »Wußtest du das?«
Mein Freund nickte. »Ich bin nur noch nicht dazu gekommen, es dir zu sagen.« Er streckte seinen Arm vor und deutete auf die schmale Akte. »Darin kannst du die Geschichte auch nachlesen.«
Ich wollte wissen, was mit Ketterings Leiche geschah.
Sir Powell antwortete. »Man hat sie begraben.«
»Christlich?«
»Das entzieht sich leider meiner Kenntnis, John. Nur soviel sei gesagt:
Weitere Kostenlose Bücher