0095 - Die Höllenkutsche
Bill Conolly.
»Ja.«
Der Reporter gab mir noch Schützenhilfe, hob mich an, so daß ich die ersten Yards gut hochkam. Dann wurde es schwierig. Da sich in manchen Spalten Eis gesammelt hatte, war es kaum möglich, Halt zu finden. Zu oft rutschte ich ab.
Ich biß mir vor Wut die Lippen blutig. Es half nichts, ich mußte aufgeben.
Mit einem Satz sprang ich wieder nach unten.
»Shit!« Bill sprach das aus, was ich dachte. »Hast du eine Idee, John?«
»Sicher. Nicht verzagen, Sinclair fragen. So lautet mein Werbespruch. Wir holen uns einen Tisch aus dem Schloß und auch ein paar Stühle. Damit müßte es klappen.«
»Laß das nur nicht die Unfallverhütung sehen«, erwiderte der Reporter.
Rasch liefen wir zurück in die Burg. Bill schnappte sich zwei Stühle und lief schon nach draußen, während Harry Salem und ich uns den Tisch packten und ihn herumwuchteten.
Da hörte ich Bills Schrei.
»John!«
Ich rannte nach draußen. Harry blieb hinter mir zurück.
Der Reporter stand schon auf dem Schloßhof, während ich auf der obersten Treppenstufe stoppte.
Ich traute meinen Augen nicht, und auch Bill schüttelte den Kopf. Mitten auf dem Schloßhof stand die Höllenkutsche!
***
»Das gibt es doch nicht.« Die Worte rutschten mir heraus. »Wie ist die hierhergekommen? Ich habe nichts gehört.«
»Sie war plötzlich da«, erwiderte Bill Conolly. »Aus dem Nichts materialisierte sie sich.«
Ich schaute mir die Kutsche an. Auf dem Bock saß der Mann, den wir schon einmal gesehen hatten. Nach wie vor trug er seinen steifen Hut, unter dem der Totenschädel schimmerte. Unbeweglich hockte er da und sagte kein Wort.
Auch wir sprachen nicht. Ich wollte erst abwarten, wie sich die Dinge entwickelten.
Und sie entwickelten sich.
Die Tür wurde geöffnet.
Langsam, Spalt für Spalt. Eine Hand erschien, dann ein Arm. Ich besah mir die Hand. Sie steckte in einem Handschuh, der eine grauweiße Farbe hatte.
Irgendwo waren mir diese Handschuhe schon einmal untergekommen. Ich kam nur im Augenblick nicht darauf.
Ein Teil der Schulter folgte, dann der Kopf mit dem steifen Bowler darauf.
Grimes, der Ghoul!
Jetzt wußte ich, wo ich die Handschuhe schon gesehen hatte. Grimes trug sie des öfteren.
Blitzschnell zog ich meine Beretta.
»Halt!« brüllte Grimes. »Wenn du schießt, dann stirbt sie.«
Einen Atemzug später wußte ich, wen er damit meinte. Denn mit der anderen Hand zog er die bewußtlose Shao aus der Kutsche, und er hielt sie so umschlungen, daß er noch ein Messer zusätzlich halten konnte, dessen Spitze auf die Kehle der Chinesin zielte.
»Willst du immer noch schießen?« lachte er.
»Nein!«
»Gut.« Der Ghoul freute sich wie ein kleines Kind. Endlich hatte er mich an einer empfindlichen Stelle getroffen. »Sicherlich willst du sie lebend zurückhaben – oder?«
»Welch eine Frage!«
»Okay, Sinclair, du kannst sie haben. Aber nur unter einer Bedingung.«
»Und die wäre?«
»Du wirst mich an ihrer Stelle begleiten.«
So etwas hatte ich mir gedacht. »Darf ich fragen, wohin?«
»Natürlich. Zu Asmodinas Leichenhaus!«
ENDE des ersten Teils
[1] Siehe John Sinclair Nr. 58 »Horror-Disco«, John Sinclair Nr. 74 »Die Geister-Braut«
[2] Siehe John Sinclair Nr. 87 »Schrei, wenn dich die Schatten fressen!«
[3] Siehe Gespenster Krimi Nr. 113 »Doktor Tods Höllenfahrt«
[4] Siehe John Sinclair Nr. 61 »Kino des Schreckens«
Weitere Kostenlose Bücher