0095 - Die Höllenkutsche
dem Schwarzen Tod nicht mehr viel zu. Auch ich hatte ihn ein paarmal besiegt, wenn auch noch nicht endgültig. Aber das würde kommen, dessen war ich mir sicher. Das schien auch Asmodis, der Höllenherrscher zu wissen, denn nicht umsonst hatte er ein grauenvolles Geschöpf geschaffen – eben diese Asmodina, seine Tochter.
Als ich näher an die lebende Mumie heranging, da sah ich auch ihr Bildnis.
Hinter seinem Rücken an der Wand schimmerte ein Gesicht von teuflischer Schönheit. Dieses Gesicht hatte seinen Reiz, ohne Zweifel, aber die Augen strahlten eine solche Kälte aus, daß es mich schauderte.
Ihr Haar war rot wie die Flamme eines Feuers, das Kinn lief unten ein wenig spitz zu, und aus ihrer Stirn wuchsen zwei Hörner.
Teufelshörner!
Das Bild an der Wand war nicht alt. Es mußte im Nachhinein dorthin projeziert sein, und es sah aus, als würde es ein eigenes Leben führen.
Ich senkte meinen Blick und schaute wieder den Höllengraf an.
»Gegen sie kommst du nicht an«, erklärte er mir. »Sie ist zu mächtig.«
»Ich weiß.« Meine Erwiderung klang sehr gelassen.
Er kicherte wieder. »Warum bist du eigentlich hergekommen, wenn die anderen doch stärker sind?«
»Das muß sich erst herausstellen«, antwortete ich. »Noch hat Asmodina mich nicht besiegt.«
»Dann kennst du sie schon?«
»Ja.« Ich warf einen Blick auf die beiden Rüstungen. Sie lagen nach wie vor am Boden. Nichts deutete daraufhin, daß sie sich bewegten. »Ich möchte von dir etwas wissen«, sprach ich den Höllengraf an.
»Meine Geschichte?«
»Genau.«
»Ja, sie ist interessant, sehr interessant sogar. Ich werde sie dir erzählen, denn du sollst nicht unwissend sterben.«
»Wer sagt denn, daß ich sterben muß?«
»Alle, die hier eindringen, müssen sterben. Das ist nun mal so. Daran kann niemand etwas ändern.«
»Wir werden sehen. Noch lebe ich und warte auf deine Geschichte.«
»Ich bin uralt. Vielleicht zweihundert Jahre, vielleicht auch älter. Ich weiß es nicht genau, Damals, als ich jung war, da ging es mir gut. Da feierte ich rauschende Feste, da fürchtete und haßte man mich, denn ich nahm mir, was ich brauchte. Junge, hübsche Mädchen – ich brachte sie auf dieses Schloß und feierte mit ihnen wilde, ungezügelte Feste. Wer nicht gehorchte, der verschwand in den Folterkammern der Burg. Aber auch ich wurde älter und konnte den Lauf der Zeit nicht mehr stoppen. Doch ich wollte leben, jung bleiben, immer wieder das Leben genießen, es in vollen Zügen trinken. Nur – wie sollte ich das weiter machen, wenn ich alt wurde? Da kam mir die Idee. Ich hatte schon genug von den Teufelsanbetern und finsteren Magistern gehört. Ich ließ sie auf mein Schloß kommen, damit sie mich einweihten in die Geheimnisse der Schwarzen Magie. Meinen Söhnen erzählte ich nichts davon, das alles geschah heimlich. Oh, die Teufelsanbeter halfen mir sehr dabei und nach drei Monaten wußte ich Bescheid. Da war ich soweit in die Geheimnisse eingeweiht worden, daß ich die Beschwörung selbst durchführen konnte. Die anderen brauchte ich nicht mehr, sie interessierten mich nicht, und ich ließ die Teufelsdiener umbringen. Das war mein Fehler, denn auch sie paktierten mit dem Satan. Er erschien mir in Gestalt des Bocks, und er gab mir das ewige Leben. Doch als Greis. Das war seine Rache, weil ich die Teufelsdiener hatte umbringen lassen. Von da an ging alles schief. Mißernten auf meinen Gütern, Überfälle, Morde und Kriege. Ich zog mich zurück, lebte hier oben in dem Turm, und niemand, nicht einmal meine Nachkommen, wußten davon. Nur manchmal, wenn es mich packte, da verließ ich mein Versteck, um herumzugeistern, denn das machte mir am meisten Spaß. Ich war nicht mehr gefährlich, nur noch ein Wrack, dem Höllengrafen waren die Zähne gestutzt worden. Er war wie ein Raubtier ohne Gebiß.«
»Was hat Asmodina damit zu tun?« wollte ich wissen.
»Langsam, junger Freund, langsam. Sie kommt auch noch ins Spiel, aber das dauerte seine Zeit. Die Jahrhunderte vergingen. Zeit, die ich hier im Turm verbrachte, bis sich eines Tages der Teufel wieder meldete. Und das ist noch gar nicht so lange her.«
Ich beobachtete immer wieder die Umgebung, doch es tat sich nichts. Das Bild bewegte sich nicht, und auch die Rüstungen blieben still.
Der Höllengraf redete weiter. »Wie gesagt, er meldete sich, und er kündigte seine Tochter Asmodina an. Sie würde kommen, und ich müßte nur ihr gehorchen. Sie erschien auch. In Form eines Bildes, das sich
Weitere Kostenlose Bücher